Waffenstillstand in Syrien: weitere Kämpfe auch am dritten Tag

Auch am dritten Tag nach Inkrafttreten eines von den USA und Russland ausgehandelten „Waffenstillstands“ gingen die Kämpfe in ganz Syrien weiter. Amerikanische Flugzeuge griffen Ziele in weiten Teilen des Landes an, während US-Kommandos Angriffsoperationen verschiedener Stellvertretertruppen organisierten.

Am Wochenende ließ das US-Militär wissen, es werde neue Cyberkrieg-Operationen in Syrien starten, die sich angeblich gegen IS-Kämpfer richten sollten. Am Freitag hatte US-Verteidigungsminister Ashton Carter die Eroberung der Stadt Shaddadi durch US-Kommandos und Stellvertreterkräfte begrüßt. Carter erklärte, die Entwicklung bestätige die US-Taktik, kurdischen und sunnitischen Milizen mit Aufklärung, Luftunterstützung und Logistik den Rücken zu stärken.

Auch bereiteten „Partnerkräfte“ unter Führung der USA sich darauf vor, Rakka in Syrien und Mossul im Irak anzugreifen, so Carter. „Das ist nur das jüngste Beispiel dafür, dass wir lokale Kräfte effektiv stärken und mit ihnen zusammenarbeiten“, sagte Carter.

Das Waffenstillstandsabkommen stellt keine wirkliche Deeskalation des Kriegs dar. Während offiziell die Waffenruhe herrscht, führen islamistische Stellvertretermilizen, darunter der IS, die al-Nusra-Front und andere von den US unterstützte Kräfte immer wieder Angriffe durch.

Am Sonntag führten US-geführte Koalitionskräfte mindestens zwölf Schläge auf syrischem Boden aus und griffen die Ortschaften Rakka, Manbij und Tal Abyad an.

Die amerikanischen Medien spielen pflichtschuldigst mit und bezichtigen die Moskauer Regierung, an der fortgesetzten Aggression schuld zu sein. Sie werfen der Putin-Regierung vor, nach wie vor in mehreren Städten und Dörfern im Norden Syriens, entlang der türkischen Grenze, „moderate“ Kampfgruppen anzugreifen.

„Der syrische Waffenstillstand wackelt, weil Russland die Angriffe wiederaufnimmt“, erklärte die Washington Post am Sonntagabend und berief sich dabei auf angebliche russische Angriffe auf nicht identifizierte Ziele in Nordsyrien.

„Russland und Syrien nehmen Luftschläge trotz Waffenstillstand wieder auf“, lautete die Schlagzeile des Wall Street Journal. „Das Pentagon und die CIA-Chefs glauben nicht, dass Russland sich an die Waffenruhe halten wird“ warnte dieselbe Zeitung Anfang der Woche.

Der saudische Außenminister unterstrich die Beschuldigungen gegen Russland in Riad beim Besuch des dänischen Außenministers Kristian Jensen. Al-Jubair wiederholte die Drohung, die Saudis seien bereit, US-geführte Militäroperationen gegen das Regime in Damaskus zu unterstützen.

Russische Vertreter wiesen diese Behauptungen zurück und russische Zeitungen titelten: „Im Großen und Ganzen hält der Waffenstillstand in Syrien“. Russische Beobachter des Waffenstillstands behaupten, es seien die Oppositionsgruppen, welche die Waffenruhe am ersten Tag mindestens neun Mal gebrochen hätten. Einer dieser Zwischenfälle habe sich bei einem Angriff von Kämpfern des Islamischen Staates auf das Gebiet Tal Abyad zugetragen, das von kurdischen Kräften kontrolliert wird.

Dem russischen General Sergei Kurylenko zufolge wurden die IS-Angriffe direkt von türkischer Artillerie unterstützt.

In der amerikanischen herrschenden Klasse gibt es scharfe Differenzen über die Einstellung der Feindseligkeiten, die von US-Außenminister John Kerry und dem russischen Außenminiaster Sergei Lawrow vergangene Woche vereinbart wurde. Mächtige Fraktionen in der Central Intelligence Agency (CIA) und dem Pentagon lehnen das Abkommen entschieden ab und arbeiten auf eine strategische und militärische Eskalation hin, die sich gegen Russland richtet.

Nach fast fünf Jahren ständiger militärischer Kämpfe und Subversion gegen Damaskus, die Hunderttausende Menschenleben gekostet haben, versucht die Obama-Regierung, den Waffenstillstand zu nutzen, um ihre eigenen Stellvertreterkräfte in Syrien neu zu gruppieren. Sie versucht, die Chancen für eine Verhandlungslösung in Syrien auszuloten, die eine Aufspaltung des Landes beinhalten könnte. Gleichzeitig arbeitet sie an einem „Plan B“, d.h. an einer massiven militärischen Offensive zum Sturz Assads. Das könnte die USA sehr schnell in einen direkten militärischen Konflikt mit Russland bringen.

Während die Kämpfe in Syrien andauern, lassen sich hohe US- und Nato-Vertreter mit provokativen, gegen Russland gerichteten Äußerungen vernehmen. Vor einem Kongressausschuss verurteilte der Nato-Oberkommandierende in Europa, General Philip Breedlove, am Donnerstag Russlands angeblich aggressive Haltung. Er erklärte, Moskau habe „sich entschieden, ein Gegner zu sein, und stellt langfristig eine existentielle Bedrohung“ für die USA dar.

Breedlove fügte hinzu, die USA und ihre europäischen Verbündeten müssten für Abschreckung Russlands sorgen und sich vorbereiten, „wenn nötig bis zum Sieg zu kämpfen“.

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