USA und europäische Mächte bereiten neue Militäroperation gegen Libyen vor

Der britische Guardian veröffentlichte am Sonntag einen Bericht, der deutlich macht, dass die USA und die Nato neue Militäroperationen auf libyschem Staatsgebiet planen.

Dem Blatt zufolge setzen die Westmächte die neugebildete libysche „Einheitsregierung“ unter Druck, Luftangriffe gegen Ziele des IS zu genehmigen. Bei der Regierung handelt es sich um eine Koalition, die letzte Woche unter der nominellen Führung der Regierung Maltas zusammengestellt wurde.

Der Botschafter der Europäischen Union in Libyen erklärte, die erste Aufgabe der „Einheitsregierung“ solle es sein, „den Westen direkt um Hilfe zu bitten“. Der britische Premierminister David Cameron rief die neue Koalition dazu auf, als „gemeinsame, vereinigte, repräsentative libysche Regierung im Kampf gegen den Daesch [IS]“ zu fungieren. Laut dem britischen Außenminister Philip Hammond werden auch die Golfstaaten Truppen schicken, um diese proimperialistische „Einheitsregierung“ zu unterstützen.

Der Sprecher des US-Außenministeriums John Kirby versprach, Washington werde die neue Regierungskoalition „uneingeschränkt technisch, wirtschaftlich und sicherheitspolitisch sowie bei der Terrorabwehr unterstützen“. Präsident Barack Obama hatte in seiner Pressekonferenz zum Jahresabschluss am letzten Freitag Andeutungen über die Pläne für eine neue Nato-Militärintervention in Libyen gemacht. Er hatte erklärt, das Land befinde sich in einer „sehr schlechten Lage, weil die Nato-Koalition nicht in der Lage war, nach dem Krieg 2011 „dort schnellstmöglich wieder eine Regierung zu installieren“.

Der sogenannten „Einheitsregierung“ gehört keines der beiden Regimes an, die derzeit die Souveränität über Libyen beanspruchen. Auch die zahlreichen anderen Fraktionen sind nicht beteiligt, die tief in die Kämpfe der mindestens sechs stammesbasierten Milizen verwickelt sind und um die Kontrolle über Teile der strategisch wichtigen Mittelmeerküste kämpfen. Zu diesen Kräften gehören die Libysche Nationalarmee, Ansar al-Sharia, die antiislamistische Cyrenaika-Miliz, der Islamische Staat, der Shura-Revolutionsrat, und die Libysche Morgendämmerung (Libya Dawn), eine Koalition aus sogenannten „gemäßigten“ Islamisten und Berbermilizen.

Die neue Regierung wurde nicht zusammengeschustert, um wirkliche Einigkeit oder Stabilität zu schaffen, sondern um den imperialistischen Mächten einen legalen Deckmantel für eine weitere Militärintervention in Libyen zu liefern. Sie versuchen das politische Chaos auszunutzen, das der Krieg im Jahr 2011 verursacht hat, um weitere neokoloniale Raubzüge in Afrika und dem Nahen Osten durchzuführen. Libyen besitzt die größten Ölvorkommen in ganz Afrika.

Letzte Woche berichteten die westlichen Medien über eine wachsende Bedrohung durch den libyschen Ableger des Islamischen Staates im Irak und Syrien (IS). Am Sonntag hieß es, IS-Milizen seien dabei, die wichtige Stadt Ajdabiya zu erobern. Nach Medienberichten würde ein derartiger Sieg den Milizen die Kontrolle über einen beträchtlichen Teil von Libyens Ölvorkommen verschaffen.

Das völlige Schweigen der amerikanischen Medien über diese Entwicklungen deutet auf die üblen Absichten hinter diesen Kriegsvorbereitungen hin. Hinter dem Rücken der amerikanischen und europäischen Bevölkerung wird eine Eskalation in Libyen vorbereitet, die neben dem Irak, Syrien und dem Jemen eine weitere Front in einem immer umfassenderen Krieg öffnen wird,.

Letzte Woche endete ein Einsatz amerikanischer Spezialeinheiten in einem Debakel. Die Kommandos stießen laut dem Guardian auf unerwarteten Widerstand der lokalen Kräfte und mussten sich schnell zurückziehen.

Die US-Truppen wurden Berichten zufolge nach kurzer Zeit wieder abgezogen, weil deutlich wurde, dass die libyschen Milizen, die das Gebiet kontrollierten, die Präsenz der USA ablehnten. Vor dem Abzug posierten die US-Soldaten in Zivilkleidung und mit Schalldämpfern und Hightech-Optik auf den Waffen für ein Gruppenfoto vor einem libyschen Flughafen.

Am Samstag meldete der Sender NBC News, dass amerikanische Kommandos „bereits seit einiger Zeit“ heimlich in Libyen aktiv sind. Laut Äußerungen von anonymen US-Regierungsvertretern betreten und verlassen sie das Land ungehindert.

Es war davor bereits allgemein bekannt, dass schon vor 2011, als die USA und die Nato versuchten, islamistische Milizen für Kriege gegen die libysche und die syrische Regierung zu mobilisieren, amerikanische Spezialeinheiten umfangreiche Operationen in Libyen durchführten. Der Bericht von NBC war einer der wenigen Berichte, die letzte Woche auftauchten, bevor die Vorgänge von der amerikanischen Presse wieder totgeschwiegen wurden. Er macht deutlich, dass US-Truppen auch nach dem offiziellen Kriegsende weiterhin geheime Operationen in Libyen durchführen.

Die Beweise für verdeckte Operationen der USA kamen ans Tageslicht, während die imperialistischen Mächte unter dem Deckmantel des Kampfs gegen dschihadistische Kräfte offene Luft- und Bodenoperationen vorbereiten. Dabei handelt es sich um die gleichen islamistischen Milizen, die amerikanische und europäische Geheimdienste und ihre regionalen Verbündeten wie Saudi-Arabien im Krieg gegen Libyen finanziert und bewaffnet haben, der mit dem Sturz und der Ermordung von Muammar Gaddafi endete. Danach wurden sie gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad eingesetzt.

Die aggressivsten Pläne für neue Operationen in Libyen wurden von London vorgebracht. Zusammen mit Italien hat die britische Regierung eine Strategie entwickelt, die die Entsendung beträchtlicher Bodentruppen in die ehemalige italienische Kolonie vorsieht. Laut Al-Alam bereitet sich Großbritanniendarauf vor, im Rahmen von Plänen zur Ausbildung neuer Milizen und deren Zusammenarbeit mit prowestlichen politischen Elementen mehr als 1000 Soldaten zu schicken.

Anfang des Monats hatte der französische Premierminister Manuel Valls deutlich gemacht, dass Frankreich ebenfalls neue Operationen gegen Libyen beginnen werde: „[Wir] haben einen Feind, den Daesch, den wir bekämpfen und besiegen müssen, in Syrien, im Irak und morgen zweifellos in Libyen.“

Letzte Woche behauptete die britische Regierung in einem Bericht an die Vereinten Nationen, der IS betrachte Libyen als „die beste Gelegenheit, sein sogenanntes Kalifat auszuweiten“. Weiter erklärte sie, die islamistische Gruppierung habe als Reaktion auf die verstärkten Operationen der Westmächte im Irak und Syrien neue Schutzzonen und Aufmarschgebiete in Nordafrika eingerichtet.

Das französische Militär führt zur Vorbereitung der neuen Militäraktion bereits Aufklärungsflüge durch, u.a. über der Stadt Sirte, die im Jahr 2011 von der Nato in Schutt und Asche gebombt wurde. Angesichts der ständigen Medienberichte, laut denen sich in Sirte hunderte von IS-Kämpfern versammelt haben, scheint die Stadt erneut ins Fadenkreuz der Westmächte zu geraten.

So entwickelt sich der „Krieg gegen den IS“ zur Rechtfertigung für eine neue imperialistische Aufteilung des Nahen Ostens und Nordafrikas.

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