Cameron präsentiert Pläne für die Teilung Syriens

Der britische Premierminister David Cameron sprach sich vor dem Parlament für Luftangriffe auf Syrien aus. Die Rede war ein Musterbeispiel imperialistischer Trickserei.

Cameron versucht, die demütigende Niederlage ungeschehen zu machen, die er im August 2013 erlitten hatte. Damals hatte das Parlament sein Veto gegen den Plan eingelegt, eine Militäraktion in Syrien unter Führung der USA zu unterstützen. Aufgrund des weit verbreiteten Widerstandes der Öffentlichkeit und Meinungsverschiedenheiten innerhalb der herrschenden Elite über die Aussichten der Intervention sprachen sich außer der Labour Party noch 30 konservative Hinterbänkler gegen ein militärisches Engagement Großbritanniens aus.

Der Premierminister erklärte, er wolle nächste Woche über die Genehmigung einer britischen Militäraktion abstimmen lassen, wenn er bis dahin genug Rückhalt gewinnen könne.

Im Irak ist Großbritannien bereits tief in Militäroperationen verstrickt und britische Truppen beteiligen sich an verdeckten Operationen in Syrien. Im August hatte Cameron die außergerichtliche Ermordung von britischen Staatsbürgern in Syrien angeordnet, ohne dass es dagegen nennenswerten Protest gab. Gleichzeitig äußerte er die Hoffnung, Spaltungen in der Labour Party über ein militärisches Engagement ausnutzen zu können, um eine zweite Abstimmung zu gewinnen.

Seine Anstrengungen in dieser Richtung scheinen durch die Veröffentlichung einer Stellungnahme des Außenpolitischen Sonderausschusses Anfang des Monats unterlaufen zu werden, der sich äußerst kritisch über eine Beteiligung Großbritanniens äußert. Der Ausschuss bezeichnete die Lage in Syrien sowohl als einen „Stellvertreterkrieg wie auch als einen Bürgerkrieg“, als einen „vielschichtigen Konflikt“ mit Russland und dem Iran auf der einen Seite und den USA, der Türkei, Saudi-Arabien und Katar auf der anderen.

Der Bericht schwieg sich zwar über die führende Rolle der USA und Großbritanniens aus, die das Wachstum des IS erst ermöglicht hatten, um ihr Ziel eines Regimewechsels in Syrien zu erreichen, äußerte jedoch Bedenken gegen eine mögliche Ausweitung des militärischen Konflikts. Er warnte, es bestehe eine „reale Gefahr“, dass die russischen und amerikanischen Flugzeuge „in Kampfhandlungen verwickelt werden“, da „die Luftstreitkräfte mehrerer Länder in Syrien unterschiedliche Ziele verfolgen.“

Der Abschuss eines russischen Su-24-Bombers an der syrisch-türkischen Grenze durch türkische F-16-Kampfflugzeuge am letzten Wochenende zeigt, dass die Angst berechtigt war. Diese unverhohlene Aggression konnte nur von den höchsten Ebenen des türkischen Staates angeordnet werden, und auch nur mit Erlaubnis aus Washington.

Die türkische Provokation richtete sich gegen den Versuch Frankreichs, nach den Terroranschlägen in Paris eine Koalition gegen islamistische Terrorgruppen in Syrien aufzubauen, der Moskau und Washington angehören sollen. Dies wird allerdings von den USA und der Türkei abgelehnt, die die von Russland bekämpften islamistischen Milizen als Stellvertretertruppen gegen das Regime von Baschar al-Assad brauchen.

Bemerkenswerterweise erwähnte Cameron den Abschuss des russischen Jets weder in seiner Erklärung im Parlament, noch in seiner 36-seitigen Antwort auf den Bericht des Sonderausschusses. Stattdessen lobte der Premierminister die Vorzüge des sogenannten Wiener Prozesses, d.h. der Gespräche u.a. zwischen Russland und den USA für eine „Übergangsregierung“ aus allen Parteien, obwohl diese schon wieder vor dem Scheitern stehen.

Das ist nicht nur ein Versuch, gewissen unbequemen Wahrheiten aus dem Weg zu gehen. Es ist eine bewusste und willentliche Täuschung der britischen Öffentlichkeit über die zunehmend reale Gefahr, dass imperialistische Intrigen einen neuen Weltkrieg auslösen könnten.

Die mündliche und schriftliche Präsentation des Premierministers war eine Aneinanderreihung von Lügen. Er behauptete, die Terroranschläge in Paris hätten die „moralische Grundlage“ für eine britische Militärintervention geschaffen. „Wenn wir jetzt nicht handeln können, nachdem Frankreich angegriffen wurde, wann dann?“

Direkt nach den Anschlägen wurde eine UN-Resolution verabschiedet, die Mitgliedsstaaten zum Einsatz „aller notwendigen Mittel“ gegen den IS ermächtigt. Cameron behauptete, diese Resolution bilde eine juristische Grundlage für britische Luftangriffe.

Was die Frage angeht, welchen militärischen Beitrag Großbritannien leisten könnte, so erklärte Cameron, Großbritannien habe „einzigartige Präzisionsraketen, die zielgenaue Luftangriffe mit niedrigen Kollateralschäden ermöglichen.“

Die größten Lügen sind jedoch die Behauptungen, eine britische Intervention würde Syrien helfen, seine territoriale Integrität zu wahren und eine „inklusive“ und „demokratische“ Übergangsregierung zu schaffen, die den Frieden in der Region garantieren könne.

Der Premierminister betonte zwar, Großbritannien verfolge mit seinem Engagement nicht das Ziel eines Regimewechsels, erklärte aber, es sei falsch, Assad als das „geringere Übel“ zu betrachten. Er erklärte: „Syrien wurde nicht zu einer Entscheidung zwischen Assad und dem IS gezwungen und wird es auch nicht werden.“

Cameron erklärte: „Unsere Strategie für Syrien zielt darauf ab, einen Waffenstillstand zwischen dem Regime und der Opposition zu ermöglichen.“ Eine Militäraktion hätte das Ziel, „die gemäßigte Opposition zu entlasten, deren Überleben für eine breiter aufgestellte syrische Regierung von entscheidender Bedeutung ist.“

Wie soll die „gemäßigte Opposition“ entlastet werden? „Abgesehen von Bemühungen, zusammen mit unseren Verbündeten einen politischen Übergang auszuhandeln, üben wir diplomatischen Druck auf Russland aus, seine Angriffe auf gemäßigte syrische Kräfte einzustellen und seine militärischen Anstrengungen stattdessen gemeinsam mit der Koalition auf den IS zu konzentrieren.“ [Hervorhebung hinzugefügt].

Das militärische Engagement Großbritanniens zielt also darauf ab, Russland dazu zu bringen, seine Unterstützung für Assad einzustellen. Cameron verrät nicht, wie Moskau dazu gebracht werden soll. Angesichts der Unterstützung der britischen Regierung für den Abschuss des russischen Flugzeuges durch die Türkei ist dieses Schweigen vielsagend. Außenminister Philip Hammond bezeichnete Kritiker des Angriffs als „Russland-Versteher“.

Ebensowenig erklärte Cameron, welche „gemäßigten syrischen Kräfte“ Russland zwangsweise unterstützen sollte. Dafür gibt es einen guten Grund: er würde ansonsten die islamistischen Milizen namentlich erwähnen müssen, mit denen Washington momentan verbündet ist, u.a. die Al Qaida-nahe al Nusra-Front.

Das Szenario des Premierministers für einen „Übergang“ macht die wahren Ziele des britischen Imperialismus deutlich.

Anfang der Woche gab der ehemalige britische Außenminister William Hague zu: „Die Grenzen zwischen Syrien und dem Irak wurden größtenteils 1916 von zwei britischen und französischen Diplomaten gezogen. Sie sollten nicht als unveränderlich gelten. Wenn die Führer beider Länder nicht in der Lage sind, einen Staat zu errichten, in dem alle Völker zusammenleben können, wird es richtig sein, über internationale Unterstützung für ihre Neuaufteilung nachzudenken.“

Camerons 36-seitige Antwort an den Sonderausschuss ist praktisch der Plan für eine solche Teilung.

Er argumentiert: „Die syrischen Kurden haben Kurdengebiete im Norden Syriens erfolgreich gegen lang anhaltende Angriffe des IS verteidigt und Gebiete vom IS zurückerobert, beispielsweise um die Stadt Kobane. Die Kurden werden auch eine wichtige Rolle bei einer politischen Einigung in Syrien spielen, die Syriens territoriale Integrität respektiert.“

Was die türkische Bourgeoisie, die in der Vergangenheit mit dem IS gegen die Kurden zusammengearbeitet hat, von dieser Aussicht hält, wird nicht erwähnt.

Er fügte allerdings hinzu, „nur gemäßigte sunnitische Araber können traditionell sunnitisch-arabische Gebiete wie Raqqa zurückerobern,… im Süden Syriens hat die Südfront der Freien Syrischen Armee derweil ihre Kontrolle über wichtige Gebiete gefestigt.“

Zur Südfront der Freien Syrischen Armee gehört die al Nusra-Front. Und was die „gemäßigten sunnitischen Araber“ angeht, die an der Übernahme von Raqqa beteiligt sein sollen, so scheinen damit die amerikanischen Initiativen rund um die sogenannten Demokratischen Kräfte Syriens gemeint zu sein.

Momentan arbeiten amerikanische Spezialeinsatzkräfte mit dieser losen Koalition aus kurdischen und arabischen Kämpfern zusammen, obwohl Washington laut der Financial Times Schwierigkeiten hat, ihre „Fähigkeiten und gegensätzlichen Loyalitäten“ einzuschätzen.

Washingtons Bündnis mit der Gruppe ist eine direkte Folge seines Vorgehens gegen Russland. Die Financial Times erklärt, es folge einem „umfassenden Umdenken“ der amerikanischen Strategie in Syrien, „nachdem russische Luftangriffe Ende September mit dem Scheitern des Ausbildungsprogramms für syrische Rebellen zusammengefallen waren.“

Die FT zitierte einen ehemaligen hochrangigen Vertreter der US-Regierung mit den Worten: „Obama muss aktiver auf die Russen reagieren. Wir müssen unsere Diplomatie mit der Androhung von Gewalt aufwerten.“

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