In dieser Woche ging ein weiteres Rüstungs-Großprojekt der Bundeswehr in die nächste Runde. Am Mittwoch übergab die Projekt System & Management (PSM), ein Gemeinschaftsunternehmen der deutschen Rüstungsriesen Kraus-Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall-Landsysteme (RLS) den ersten Schützenpanzer Puma in der Nutzungsstufe 1 offiziell an die Armee.
Im Erprobungszentrum Unterlüß (EZU), nahe Munster nahm Generalleutnant Rainer Korff, der Kommandeur Deutsche Anteile Multinationale Korps und Militärische Grundorganisation, vor etwa 150 Gästen aus Industrie, Politik und Militär, symbolisch den ersten „Zündschlüssel“ des künftigen Schützenpanzers des deutschen Heers entgegen.
In einer militaristischen Rede schärfte Korff seinen Zuhörern ein, das „Projekt Puma“ konsequent voranzutreiben: „Heute ist der Tag der Einführung des Puma in die Bundeswehr. Wir alle – Hersteller, Beschaffer und auch wir, das Heer, als Nutzer – sind gefordert, uns auch zukünftig gemeinsam anzustrengen, um dem Puma das ‚Laufen, Rennen und Springen‘ unter ‚Feuer und Bewegung‘ beizubringen, das wir ihm im Einsatz abfordern müssen.“
Der Puma soll den bisherigen Schützenpanzer Marder ablösen. Bislang ist eine Stückzahl von mindestens 350 vorgesehen. Die Kosten der Anschaffung des Puma, der laut Wikipedia mit 8,85 Millionen Euro pro Exemplar der teuerste Schützenpanzer der Welt ist, belaufen sich dabei auf mindestens 3,1 Milliarden Euro.
Die Übergabe des Puma ist nur der letzte Höhepunkt der großen Aufrüstungsoffensive der Bundeswehr in diesem Jahr. Nachdem die Bundesregierung im März bekannt gab, den Wehretat um vier Milliarden Euro zu erhöhen, jagt ein Rüstungsprojekt das nächste.
Anfang März beschloss der Bundestag einen 8,7 Milliarden Euro teuren Hubschrauberdeal mit Airbus. Wenige Wochen darauf nahm die Marine ein neues U-Boot im Wert von knapp 500 Millionen Euro in Dienst. Ende Mai verkündete das Verteidigungsministerium die Entwicklung einer eigenen Kampfdrohne zusammen mit Frankreich und Italien. Anfang Juni folgten ein neues Raketensystem und Kriegsschiff, die bis zum Jahr 2025 noch einmal je vier Milliarden verschlingen werden. Nun geht es um Panzer.
Bereits im vergangenen November hatte die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eine Aufstockung des Transportpanzers „Boxer“ angeordnet. Für 620 Millionen Euro soll das Heer 131 zusätzliche Exemplare erhalten. Statt der bislang vorgesehenen 272 „Boxer“ soll die Bundeswehr damit bis zum Jahr 2020 über insgesamt 403 Einheiten verfügen.
Die Aufrüstung der Panzerflotte beschränkt sich nicht auf Schützen- und Transportpanzer. Es geht auch um Kampfpanzer. So will das Verteidigungsministerium noch in diesem Jahr mit der Entwicklung eines neuen „Leopard“-Modells beginnen.
Ein Schreiben von Verteidigungsstaatssekretär Markus Grübel an den Verteidigungsausschuss des Bundestages im Mai unterstreicht, dass die Vorbereitungen bereits begonnen haben. „Dazu wurden bereits im Rahmen einer deutsch-französischen Kooperation Fähigkeitsforderungen an ein Nachfolgesystem hergeleitet und abgestimmt“, heißt es in dem Schreiben. In einem weiteren Schritt sollen dann bis 2018 „Technologien und Konzepte in gemeinsamen Studien unter Einbeziehung der deutschen Industrie untersucht“ werden.
Das Ausmaß des Rüstungsvorhabens ist gigantisch. Vom aktuellen Kampfpanzer der Bundeswehr, dem „Leopard 2“, dessen Nutzung im Jahr 2030 ausläuft, wurden insgesamt etwa 3300 Stück produziert. Ein „Leopard“ kostet derzeit je nach Auslegung und Stückzahl etwa zehn Millionen Euro.
Die Bundesregierung lässt dabei keinen Zweifel, in welche Richtung die neuen Panzer fahren sollen und, dass die bereits getroffenen Entscheidungen nur den Beginn einer massiven Aufrüstung der Bundeswehr gegen Russland bedeuten.
Der Generalinspekteur des Heeres, Bruno Kasdorf, erklärte jüngst in einem Interview in der Süddeutschen Zeitung, dass „angesichts der veränderten sicherheitspolitischen Lage im Osten und den damit verbundenen veränderten Anforderungen an das Heer“, die bisherige Ausstattung nicht ausreiche. „Mittel- und langfristig“, benötige man „rund 450 Schützenpanzer vom Typ Puma, um das alte Modell Marder komplett zu ersetzen“, erklärte Kasdorf. Er sei angesichts der veränderten sicherheitspolitischen Lage „besorgt“ und sehe „akuten Handlungsbedarf [...]. Wir können nicht länger warten“, so der General.
Führende Regierungsvertreter erklären offen, dass die Panzeraufrüstung in direktem Zusammenhang mit der Aufrüstung der Nato in Osteuropa steht, die immer deutlicher die Form von Kriegsvorbereitungen gegen Russland annimmt. Bereits im Februar hatte von der Leyen in einem Interview mit der Redaktion der Bundeswehr erklärt: „Wir haben bei der schnellen Speerspitze [die superschnelle Eingreiftruppe (VJTF) der Nato] zum Beispiel eine Einsatzbereitschaft von zwei bis fünf Tagen, die wir herstellen müssen. Das ist was völlig anderes als die 180 Tage, die wir in der Vergangenheit Zeit hatten.“ Deshalb benötige man „mehr Material, zum Beispiel bei den Panzern, die sofort zur Verfügung stehen“ müssten.
In Politik und Medien gibt es bereits Stimmen, die offen darüber diskutieren, wie die deutsche Armee einen neuen Panzerkrieg gegen Russland effektiv führen kann. Die Stoßrichtung der „Debatte“ und auch die Propaganda, die sie begleitet, weckt dabei Erinnerungen an die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Auf den Tag vor fast genau 74 Jahren, am 22. Juni 1941 überreichte der deutsche Botschafter, Friedrich-Werner Graf von der Schulenberg, dem sowjetischen Außenminister Molotow ein „Memorandum“, dessen Vorwürfe gespenstische Parallelen zur heutigen Propaganda des Westens gegen Russland seit dem Beginn der Ukraine-Krise aufweisen.
Auf Wikipedia findet man einen detaillierten Bericht über die Propaganda, die den deutschen Angriff begleitete. „Die Sowjetunion habe den Nichtangriffspakt durch den Aufmarsch der Roten Armee an der Grenze, konspirative Tätigkeit der Komintern in Deutschland sowie die Annexion Ostpolens und baltischen Staaten gebrochen und sei dem Krieg führenden Deutschland damit 'in den Rücken gefallen'“, heißt es im ausführlichen Eintrag zum „Deutsch-Sowjetischen Krieg“.
Während deutsche Kampfflugzeuge bereits Angriffe flogen übergab der deutsche Außenminister Joachim von Ribbentrop dem sowjetischen Botschafter eine weitere Note, die den Angriff damit rechtfertigte, dass die Sowjetunion „entgegen allen von ihr übernommenen Verpflichtungen und im krassen Gegensatz zu ihrer feierlichen Erklärungen“ sich „gegen Deutschland gewandt“ habe und „mit ihren gesamten Streitkräften an der deutschen Grenze sprungbereit aufmarschiert“ sei.
Fast gleichzeitig verlas Propagandaminister Joseph Goebbels, im deutschen Rundfunk eine „Proklamation des Führers an das deutsche Volk“. Deren zentrale Aussage lautete: „Zur Abwehr der drohenden Gefahr aus dem Osten ist die deutsche Wehrmacht am 22. Juni 3 Uhr früh mitten in den gewaltigen Aufmarsch der feindlichen Kräfte hineingestoßen.“
Auf Wikipedia heißt es dazu: „Mit diesen öffentlichen Erklärungen begann die NS-Propaganda eine lange vorbereitete Kampagne zur Rechtfertigung des Überfalls, an der das Regime bis zum Kriegsende, viele Wehrmachtgeneräle auch darüber hinaus festhielten. Die historische Forschung hat diese Präventivkriegsthese seit 1960 als haltlos zurückgewiesen und bis 2000 vollständig widerlegt.“
27 Millionen Kriegstote in der Sowjetunion waren damals die Folge. Mit Atomwaffen geführt, würde ein künftiger Krieg mit Russland noch weit katastrophalere Konsequenzen haben.