Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu sagte am Montag, die USA hätten sich bereit erklärt, den so genannten „gemäßigten Rebellen“, die in der der Türkei ausgebildet werden, nach Überschreitung der Grenze zu Syrien Luftunterstützung zu gewähren.
Çavuşoğlu sagte der Tageszeitung Sabah, es gebe „eine Grundsatzvereinbarung“ zwischen den beiden Regierungen, wonach Washington den Stellvertreter-Kräften Luftunterstützung geben solle. Diese Milizen werden im Rahmen eines von den USA finanzierten Programms ausgebildet, das den Sturz der Regierung des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad zum Ziel hat.
Auf die Frage hin, ob es eine Zusammenarbeit bei der Bereitstellung von Luftunterstützung für die sogenannte „train-and-equip army“ mit den USA gebe, antwortete der Außenminister: „Natürlich. Sie müssen aus der Luft unterstützt werden. Wenn man sie nicht verteidigen würde oder ihnen Luftunterstützung gäbe, was hätte das für einen Zweck?”
Çavuşoğlu weigerte sich, irgendwelche Details zu nennen, ob die Unterstützung aus der Luft auch den Einsatz bewaffneter amerikanischer Drohnen beinhalte, die von der Incirlik Air Base im Süden der türkischen Stadt Adana starten. „Das sind technische Details“, erklärte er. „Es gibt eine Grundsatzvereinbarung über die Bereitstellung von Luftunterstützung. Wie dies geschieht, liegt im Verantwortungsbereich des Militärs.“
Bis Montagabend hat die US-Regierung keine offizielle Erklärung zur Aussage Çavuşoğlus abgegeben. Sie hat die Aussage weder bestätigt noch ihre Richtigkeit dementiert. Ein solches Abkommen würde jedoch eine Eskalation in dem, von den USA angezettelten Bürgerkrieg bedeuten. Der schon vier Jahre dauernde Krieg hat Syrien verwüstet, Hunderttausende das Leben gekostet und weitere Millionen zu Flüchtlingen gemacht.
Die Türkei verkündete ihre Behauptungen zu einem Zeitpunkt, an dem die von den USA unterstützten „Rebellen“ im Bunde mit der al-Qaida nahen Milizen wie der al-Nusra-Front und dem Islamischen Staat im (IS) zunehmend militärische Erfolge verzeichnen konnten. Die Luftunterstützung durch die USA für ihre Stellvertreter-Truppen auf syrischem Boden soll nach dem Muster des US-NATO Luftkrieges von 2011 in Libyen erfolgen, der mit der Folterung und Ermordung des gestürzten Machthabers Muammar Gaddafi endete und danach das Land in einen blutigen Bürgerkrieg zwischen rivalisierenden islamistischen Milizen stürzte.
Die USA lassen seit 2011 eine Flotte aus vier unbewaffneten Predator-Aufklärungsdrohnen von Incirlik aus über Syrien und den Irak fliegen. Im April wurden auf der türkischen Basis drei zusätzliche Predator-Drohnen in Stellung gebracht.
Während die Drohnen angeblich unbewaffnet bleiben, stimmten hohe türkische Militärs im letzten Monat der Stationierung bewaffneter Drohnen auf dem Militärflugplatz zu. Dieser liegt etwa 540 km nördlich der syrischen Hauptstadt Damaskus und nordwestlich der syrischen IS-Hochburg Raqqa und damit gut in Reichweite der Predator-Drohnen.
Die amerikanische und die türkische Regierung übernehmen die militärische Ausbildung im Rahmen eines 500 Millionen Dollar teuren Programms, das im September 2014 vom Kongress genehmigt wurde. Es umfasst auch die Ausbildung der syrischen „Rebellen“ in Lagern, die in Jordanien, Saudi-Arabien und Katar liegen.
Der Hurriyet Daily News zufolge trafen Ende April etwa 123 US-Soldaten in der Türkei ein, um mit dem Ausbildungs- und Ausrüstungsprogramm zu beginnen. Vierzig dieser Soldaten wurden auf der Militärbasis Hirfanli im Zentrum der Türkei stationiert, um angeblich moderate Anti-Assad Kräfte auszubilden. Die restlichen 83 wurden in Incirlik stationiert, um die Ausgabe von Waffen an aufständische Gruppen in Syrien zu überwachen. Die Türkei hat die gleiche Anzahl von Soldaten zur Verfügung gestellt, die an der Seite der US-Berater arbeiten.
Laut Hurriyet werden die in Hirfanli ausgebildeten Kämpfer in die Provinz Hatay geschickt, wo sie mit Gewehren, Maschinengewehren und Panzerabwehrwaffen ausgerüstet und wieder über die Grenze nach Syrien geschickt werden.
Die USA haben bereits ein ähnliches Programm in Jordanien gestartet, wo rund 400 Soldaten aus den USA und 100 aus anderen, mit den USA verbündeten Ländern eine erste Gruppe von etwa 100 syrischen Kämpfern ausgebildet haben. Washington und seine Verbündeten planen, in den nächsten drei Jahren 15.000 Kämpfer auszubilden.
Die Ausbildungsprogramme werden unter dem Vorwand durchgeführt, eine schlagkräftige Armee gegen den IS aufzubauen, der große Teile von Syrien und dem Irak kontrolliert. Aber letztlich zielen sie auf den Sturz Assads ab.
Das wurde auch in der Antwort Çavuşoğlus auf die Frage deutlich, was er von der Operation erwarte. Er erklärte: „Die Oppositionskräfte müssen an beiden Fronten kämpfen. Zwar hat der Kampf gegen den IS Priorität, aber das Regime muss auch abgesetzt werden.“
Zu Beginn dieses Monats sagte US-Verteidigungsminister Ashton Carter der New York Times, Washington sei verpflichtet, den ausgebildeten „Rebellen“ beizustehen, wenn sie mit dem syrischen Militär in Konflikt geraten. „Wenn sie von Regierungstruppen bekämpft würden, hätten wir eine gewisse Verantwortung, ihnen zu helfen”, sagte er und fügte hinzu: „Die Details, wie wir diese Verantwortung wahrnehmen werden, haben wir noch nicht entschieden.“
Seit dem vergangenen Sommer, als der IS die Grenze von Syrien in den Irak überschritt und große Teile des Landes unter seine Kontrolle brachte, haben die USA nach und nach direkte militärische Operationen gegen die extremistische Gruppe in Syrien unternommen.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Der IS ist ein Produkt des Bürgerkriegs, der durch die USA und ihre imperialistischen Verbündeten geschürt wurde. Das Ziel ist der Sturz Assads, ein wichtiger Verbündeter des Iran und Russlands. Die CIA und das US-Militär haben seit 2011 große Mengen an Waffen und Munition sowie Tausende von ausländischen Kämpfern nach Syrien geschleust.
Am 10. September 2014 kündigte US-Präsident Barack Obama den Beginn einer Serie von Luftangriffen gegen Stellungen des IS in ganz Syrien an. Seitdem haben die USA und ihre Verbündeten einige tausend Luftangriffe gegen Ziele im Irak und Syrien geflogen. Dies hat insgesamt mehr als 2,4 Milliarden US-Dollar (rund 8,9 Millionen Dollar pro Tag) gekostet.
Am 17. Mai führten US-Eliteeinheiten eine Razzia im Osten Syriens durch, töteten 32 bekannte Mitglieder des IS, darunter angeblich einen hochrangigen Offizier. Ihren ersten Angriff in Syrien führten die amerikanischen Elitetruppen im vergangenen Sommer durch. Es war ein erfolgloser Überfall auf einen IS-Komplex in Raqqa, um Geiseln zu retten. Sie wurden jedoch später getötet.
Die von den USA angeführten Militäroperationen im Irak und Syrien wurden am Sonntag und Montag mit zehn Luftangriffen in Syrien und 25 im Irak fortgesetzt. Die US-Angriffe im Irak trafen Ziele in der Nähe von Falludscha, Baiji, Bahghdadi und Ramadi.
Schiitische Milizen bereiten eine Gegenoffensive vor, um Ramadi zurückzuerobern. Die Stadt war in der vergangenen Woche an IS-Kräfte gefallen. Am Montag übernahmen schiitische Milizen, die an der Seite von lokalen, sunnitischen Stammeskriegern kämpfen, die Kontrolle über einen Teil von al-Tash, ein zwölf Meilen südlich von Ramadi gelegenes Dorf.
Von sunnitischen Einheiten, die loyal zur irakischen Regierung stehen, wurde berichtet, dass sie am Montag Landminen verlegten, um die Verteidigung von Baghdadi zu verstärken. Die ca. 95 km nordwestlich von Ramadi gelegene Stadt ist Standort der al-Asad Air Base, wo zur Zeit mehrere hundert US-Militärberater stationiert sind.
Seit Juni 2014 sind mehr als 3.000 US-Soldaten im Rahmen militärischer Operationen gegen den IS in den Irak geschickt worden.