Am Dienstag nahm eine Kolonne amerikanischer gepanzerter Fahrzeuge unter US-Flaggen an einer Militärparade durch die estnische Stadt Narwa teil und näherte sich der russischen Grenze bis auf wenige hundert Meter.
Kurz vor diesem provokativen Akt war in Kiew schon der Jahrestag des amerikanisch inspirierten Putsches zelebriert worden. So wandelt sich die gesamte Region immer stärker zur militärischen Konfliktzone, was nicht nur für die osteuropäische Bevölkerung, sondern für den gesamten Planeten katastrophale Folgen haben kann.
Den Putsch in Kiew hatten faschistische Milizen des Rechten Sektors inszeniert, die direkt von der US-Regierung unterstützt wurden und mit ihr zusammenarbeiteten. Dieser Putsch führte am 22. Februar letzten Jahres zum Sturz des Präsidenten Viktor Janukowitsch. Washingtons unsägliche Repräsentantin vor Ort, die Vertreterin des Außenministeriums Victoria Nuland, ging damals so weit, nach dem Putsch die bevorzugten Personen für das Regime persönlich zu benennen.
In Kiew kam ein rechtes, nationalistisches, antirussisches Regime an die Macht, das in den überwiegend russischsprachigen Regionen der Ostukraine rasch einen massenhaften Widerstand provozierte. Darauf versuchte die Regierung in Kiew, diese Rebellion mit Unterstützung Washingtons in Blut zu ersticken.
Nach zehnmonatigen Kämpfen, denen mindestens 5.000 Menschen zum Opfer fielen, hat sich diese Politik der Unterdrückung für das Kiewer Regime und seine amerikanischen Herren als vollständiges Fiasko erwiesen. Das ukrainische Militär, in dem faschistische Milizen das Sagen haben, hat kräftig Prügel bezogen und befindet sich praktisch in Auflösung. Das Land steht am Rand des Bankrotts. Der Kurs seiner Währung ist im freien Fall und hat seit Jahresbeginn die Hälfte seines Wertes verloren.
Das Regime reagiert mit Zwangsrekrutierungen zur Armee, die sich jedoch als weitgehend erfolglos erwiesen haben, mit politischer Unterdrückung und mit einer drastischen Sparpolitik gegen die Arbeiterklasse.
Nach objektiven Maßstäben hat der Putsch im letzten Jahr zu einem weiteren außenpolitischen Debakel der USA geführt. Die Washingtoner Regierung hat jedoch keinerlei Interesse daran, die Krise, die es in der Region verursacht hat, einzudämmen, sondern versucht im Gegenteil, sie zu verschärfen und auszuweiten.
Der Grund dafür ist, dass die amerikanische Operation Regime Change nicht auf Janukowitsch, sondern auf Russland zielte. Er verfolgte das Ziel, die Ukraine fest in den Einflussbereich Washingtons zu integrieren und die Nato an die Westgrenze Russlands vorzuschieben. Bei dem Chaos, das in Kiew losgetreten wurde, ging es letztlich darum, das Regime in Moskau zu destabilisieren und den Weg für die Zerschlagung der russischen Föderation und ihre Verwandlung in Halbkolonien des US-Imperialismus zu bereiten.
Nach dem Debakel der ukrainischen Truppen im Donbass greifen die USA die Pläne zur Bewaffnung des Regimes in Kiew wieder auf, wodurch ein militärischer Konflikt zwischen Russland und den USA näher rückt.
Diese Woche wurde der ukrainische Präsident Petro Poroschenko zur Jahrestagung der Internationalen Verteidigungsschau in Abu Dhabi geschickt, wo er offenbar fast zwanzig Verträge für Waffenlieferungen unterzeichnet hat. Die Vereinigten Arabischen Emirate, die schon als Vermittler bei der Bewaffnung von islamistischen „Rebellen“ in Syrien gedient haben, bieten jetzt offenbar den gleichen Service im Fall der Ukraine.
Einer von Poroschenkos führenden Sicherheitsberatern, Anton Geraschtschenko, postete leichtfertig einen Kommentar auf Facebook, in dem es heißt: „Anders als die Europäer und Amerikaner fürchten sich die Araber nicht vor Putins Drohungen mit einem dritten Weltkrieg, falls der Ukraine Waffen und militärische Ausrüstung geliefert würden.“
Und heute sehen wir amerikanische Militärkolonnen an der Grenze zwischen Estland und Russland auffahren. Das ist nicht die einzige, aber eine besonders aggressive Manifestationen der militärischen Aufrüstung durch die USA in den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen, die neuerdings alle der Nato angehören.
Im September letzten Jahres sagte Obama in einer Rede in der estnischen Hauptstadt Tallin, sein Versprechen, die amerikanische Militärmacht für den Schutz der drei ehemaligen Sowjetrepubliken einzusetzen, sei „unverbrüchlich“. Er fügte hinzu, dieses Versprechen sei „unerschütterlich“ und „ewig“. Er prahlte damit, dass künftig in allen drei Ländern mehr amerikanische Soldanten vor Ort stehen würden.
Das bekräftigte am Mittwoch der Chef des US European Command und oberste Nato-Befehlshaber, General Philip Breedlove, vor dem Verteidigungsausschuss des Repräsentantenhauses. Er sagte dem Kongressausschuss, seine „oberste Sorge“ sei „ein aufmüpfiges Russland“.
Er zählte eine lange Liste von militärischen Übungen und Stationierungen auf, die auf eine „fast dauerhafte Luft-, Land- und Seepräsenz“ an den Grenzen Russlands hinauslaufen. Er argumentierte, solch eine „Rotationspräsenz“ sei aber dennoch kein Ersatz für „glaubhafte und dauerhafte Abschreckungsfähigkeiten“, die es den USA erlaubten, „innerhalb weniger Stunden (…) auf Krisen zu reagieren“.
Begonnen habe dies mit der Einrichtung einer “Nato-Befehlsstruktur“ in den baltischen Staaten, sagte er. Das US European Command, fügte er hinzu, habe allein von April bis Oktober 2014 siebenundsechzig „nennenswerte militärische Manöver“ mit den baltischen Staaten und Polen veranstaltet.
General Strangelove... ähem: Breedlove … betonte auch die Rolle „atomarer Gefechtsfeldabschreckung der USA im Dienste der Nato“, sowie die „fortdauernden Sicherheitsgarantien“ in der Region. Das US-Militär stehe „Seite an Seite mit unseren Nato-Verbündeten, um sichere, verlässliche und wirkungsvolle Nuklearstreitkräfte vorzuhalten, um Aggressoren abzuschrecken“. Er fügte hinzu, dass STRATCOM (Nachfolger des Strategischen Luftkommandos SAC) in die „regionalen Übungen“ der Nato integriert worden sei.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Mit anderen Worten hat die Washingtoner Regierung drei kleine baltische Staaten an der Grenze zu Russland in eine Stolperfalle für einen nuklearen dritten Weltkrieg verwandelt, und dies hinter dem Rücken der amerikanischen Bevölkerung und der Bevölkerung der ganzen Welt, fast ohne Beachtung der Medien und natürlich ohne jegliche öffentliche Debatte.
Weniger stabile Verbündete, besser gesagt: Marionetten, hätte sie sich gar nicht aussuchen können. Und doch macht sie es von ihnen abhängig, ob es zur nuklearen Vernichtung kommt.
Alle drei baltischen Staaten werden von rechten ultranationalistischen und verbissen antirussischen Regimes regiert. Während der estnischen Unabhängigkeitsfeiern, an denen das amerikanische Militär teilnahm, war der Slogan „Estland den Esten“ allgegenwärtig, – eine reaktionäre chauvinistische Forderung nach der Vertreibung von Russen, die ein volles Viertel der Bevölkerung ausmachen.
Die Stadt Narwa, wo die US-Kolonne sich in die Parade einreihte, ist eine Hochburg russischsprachiger Bürger, was die Demonstration zu einer impliziten Drohung gegen die örtliche Bevölkerung machte.
In Estland finden regelmäßig öffentliche Kundgebungen statt, auf denen das Hakenkreuz gezeigt und die Waffen-SS gefeiert wird. Diese hat im Zweiten Weltkrieg nicht nur in diesen Ländern den Massenmord an Juden und anderen Minderheiten durchgesetzt.
Seit ihrer Unabhängigkeit von Moskau wurden diese Länder in fast 25 Jahren, seit der Auflösung der Sowjetunion durch die stalinistische Bürokratie, in keiner Weise mehr durch Russland bedroht. Und eine solche Bedrohung gibt es auch heute nicht.
Die Behauptung, das korrupte Regime kapitalistischer Oligarchen in Moskau gehe zur Offensive über, ist für Washington lediglich ein Vorwand, die Garantien einzukassieren, die vor 25 Jahren gegeben wurden. Damals stimmte die Nato zu, keine Truppen an den russischen Grenzen zu stationieren, und militärische Provokationen und Aggressionen zu unterlassen, die einen Krieg zwischen den beiden größten Atommächten der Welt entzünden könnten.
Der Versuch der Regierung in Washington, den wirtschaftlichen Niedergang des US-Kapitalismus durch militärische Gewalt aufzufangen, konfrontiert die Menschheit mit der Aussicht auf nukleare Vernichtung. Nur das Eingreifen der Arbeiterklasse kann dies verhindern. Sie muss das Profitsystem, die Quelle von Krieg, beseitigen.