Der Internationale Währungsfonds (IWF) wird der Ukraine ein Rettungspaket in Höhe von etwa 17,5 Milliarden Dollar gewähren, um das Land zu stärken. Das kündigte die Direktorin des IWF, Christine Lagarde, am Donnerstag in einer Rede im Hauptsitz des IWF in Brüssel an. Die Ukraine wurde durch fast ein Jahr andauernde Sparmaßnahmen und die Kämpfe gegen prorussische Separatisten in der östlichen Donbass-Region ruiniert.
Lagarde erklärte vor der Presse, die Audgabe der Kredite und die geforderten Reformen seien "ein Wendepunkt für die Ukraine." Am gleichen Tag, an dem sie diese Ankündigung machte, wurde ein neuer Waffenstillstand zwischen Kiew und den Separatisten in der Ostukraine geschlossen, der ab Sonntagmorgen in Kraft treten soll.
Lagarde behauptete, das Abkommen werde eine "sofortige wirtschaftliche Stabilisierung in der Ukraine und eine Reihe von mutigen politischen Reformen unterstützen, deren Ziel die Wiederherstellung von mittelfristig robustem Wachstum ist." Sie behauptete in Orwell’scher Manier, das Abkommen habe das Ziel, "den Lebensstandard der ukrainischen Bevölkerung zu verbessern."
Die Reaktion der Märkte auf die Bekanntgabe des Abkommens war weitgehend negativ. Die ukrainische Währung Griwna sank im Vergleich zum Dollar um bis zu 3,1 Prozent. Seit letztem Jahr hat sie im Vergleich zum Dollar 67 Prozent an Wert verloren, was zu einer starken Beeinträchtigung des Lebensstandards in der Ukraine und einem Rückgang der Staatseinnahmen führte.
Das Abkommen wird eine weitere Umstrukturierung der ukrainischen Wirtschaft zu Gunsten der westlichen Wirtschaftsinteressen und eine Abkehr von Russland zur Folge haben. Der Ökonom Eldar Wachitow von der Londoner Barclays Plc sagte in Bloomberg Business: "Das neue Programm, das heute angekündigt wurde, deckt den aktuellen Fehlbetrag ab, geht jedoch nicht viel weiter. Die ukrainische Regierung muss jetzt vielleicht mit ihren Gläubigern über eine Umschuldung verhandeln."
Seit dem Putsch im letzten Jahr, der von den USA und der EU unterstützt wurde, liegt die ukrainische Wirtschaft in Trümmern - im Jahr 2014 ging sie um mehr als sieben Prozent zurück, laut der Weltbank werden es 2015 weitere zwei Prozent werden. Laut der staatlichen Statistikbehörde ist die Inflation dramatisch angestiegen - von 1,2 Prozent Anfang 2014 auf fast 29 Prozent letzten Monat. Die offizielle Arbeitslosenquote lag Ende September bei 9,9 Prozent, dieses Jahr wird sie voraussichtlich auf über zehn Prozent steigen.
Auf die Bekanntgabe des neuen Kreditvertrages werden weitere Schocktherapiemaßnahmen gegen die ukrainische Arbeiterklasse folgen. Vorbedingung für die Auszahlung der Kredittranche wird die Umsetzung weiterer Sparmaßnahmen sein, die den Lebensstandard der schwächsten Schichten der Gesellschaft weiter verschlechtern werden.
Ende Dezember verabschiedete das ukrainische Parlament ein Wirtschaftsprogramm für die Jahre 2015 bis 2020, das eine Reihe von Maßnahmen beinhaltet, die den Lebensstandard der Arbeiterklasse im ganzen Land deutlich senken werden. Zu diesen Maßnahmen gehören "umfangreiche Privatisierungen von Staatseigentum unter Marktbedingungen" und die finanzielle Umstrukturierung des staatseigenen Öl- und Gaskonzerns Naftogas.
Der Haushaltsplan sieht außerdem die Entlassung von zehn Prozent der öffentlich Bediensteten und die teilweise Privatisierung des Gesundheits- und Bildungswesens vor. Der Staat wird außerdem von 2015 bis 2019 umfangreiche Reformen der Kohleindustrie durchführen und 32 unrentable Kohlegruben schließen, weitere vierundzwanzig stilllegen und 37 Bergwerke verkaufen.
Gemäß den Bedingungen bisheriger IWF-Abkommen hat das Kiewer Regime bereits die Subventionen für Erd- und Heizgas gekürzt. Der Preis, den ein durchschnittlicher Haushalt für Erdgas und Heizung zahlt, stieg im Jahr 2014 auf 56 bzw. 40 Prozent des Importpreises. Nach dem neuen Haushaltsplan, der im Dezember verabschiedet wurde, werden auch die noch verbliebenen Preiskontrollen und Subventionen abgeschafft, wodurch die Gaspreise für Verbraucher um das drei- bis fünffache steigen werden.
Der neue Kreditvertrag wird das alte vorläufige Abkommen über zwei Jahre und siebzehn Milliarden Dollar vom April letzten Jahres ersetzen. Von den früheren Krediten werden 4,6 Milliarden verlängert, sodass die Ukraine dem IWF zweiundzwanzig Milliarden Dollar schuldet.
Zusätzlich zu dem IWF-Vertrag versprach die Europäische Union Ende letzten Monats zwei Milliarden Dollar an Krediten, die US-Regierung weitere zwei Milliarden. Wenn man weitere Verhandlungen mit den Gläubigern der Ukraine über die Reduzierung von Fremdkapitalkosten und weitere Arten von Unterstützung mit einbezieht, wird die Ukraine in den nächsten vier Jahren 40 Milliarden Dollar Hilfsgelder erhalten.
Das Kiewer Regime bereitet sich darauf vor, das Kriegsrecht zu verhängen, um jeden sozialen Widerstand gegen ihr Spar- und Militarisierungsprogramm zu unterdrücken.
Diese Woche wurde im Parlament ein Gesetzesentwurf eingebracht, der die "öffentliche Leugnung oder Rechtfertigung der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine von 2014-2015" zu einem Schwerverbrechen erklärt, das mit einer hohen Geldstrafe oder bis zu fünf Jahren Haft geahndet wird. Wenn dieser Gesetzentwurf angenommen würde, würde er jeden Widerstand gegen das Vorgehen der Regierung gegen die prorussischen Separatisten kriminalisieren.
In der Westukraine ist die Regierung mit breitem Widerstand gegen die Wehrpflicht konfrontiert, die im Januar eingeführt wurde. In Kiew und anderen Teilen des Landes kam es zu Protesten gegen die Wehrpflicht; Berichten zufolge drücken sich wehrfähige Männer vor dem Wehrdienst, indem sie über die Westgrenze nach Rumänien fliehen.
"Ich will nicht kämpfen, alle versuchen, nicht kämpfen zu müssen. Keiner will für korrupte Politiker in diesem Regime kämpfen oder um dieses verfluchte Donetzk zu erobern“, sagte ein fünfzigjähriger Maler, der anonym bleiben wollte, zu ABC News.
Schätzungen zufolge sind bei der letzten Einberufungswelle nur sechs Prozent der Wehrpflichtigen freiwillig aufgetaucht. Der westukrainische Journalist Ruslan Kotzaba wurde letzte Woche festgenommen, als er zum Boykott der Einberufungen aufrief. Ihm drohen fünfzehn Jahre Gefängnis wegen Hochverrats.