USA und EU drängen auf geheimes Handelsabkommen

Die Europäische Kommission veröffentlichte letzte Woche Vorschläge der Europäischen Union für Gesetzestexte, die dem Transatlantischen Freihandelsabkommen (TTIP, Transatlantic Trade and Investment Partnership) hinzugefügt werden sollen, das sie mit den Vereinigten Staaten aushandelt.

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström bezeichnete dies als Beweis, dass die EU sich für mehr Transparenz bei den Verhandlungen einsetze.

Der verschwiegene Charakter der Verhandlungen führte von vielen Seiten zu Kritik an TTIP. Die acht schriftlichen Vorschläge betreffen unter anderem Wettbewerb, Zoll und die Sicherheit von Lebensmitteln, Pflanzen und Tieren. Als Unterstützung wurden ein Infoblatt und eine Auflistung von Fakten veröffentlicht. Allerdings ist diese Veröffentlichung nur ein Manöver, das es der herrschenden Elite ermöglichen soll, die weitreichenden Folgen der Verhandlungen für die arbeitende Bevölkerung auf beiden Seiten des Atlantiks auch weiter zu verbergen.

Und obwohl Malmström die "Offenheit" der EU herausstellte, erklärte sie, die Dokumente, in denen es um den Zugang zu Märkten, Quoten und Zölle geht, seien "zu wichtig," als dass sie veröffentlicht werden könnten.

Das TTIP orientiert sich an der Transpazifischen Partnerschaft, die momentan zwischen den USA und zwölf Staaten aus dem Pazifikraum ausgehandelt wird, darunter Australien, Japan, Kanada, Mexiko, Singapur und Vietnam. Von beiden Abkommen wird behauptet, sie würden der Welt möglicherweise mehr Wohlstand bringen, über TTIP wird außerdem behauptet, es könnte Europa vor einer tiefen Rezession retten. Wenn die Verhandlungen erfolgreich sind, würde mit TTIP das größte regionale Freihandelsabkommen der Geschichte abgeschlossen.

In Wirklichkeit sind TTIP und TPP jedoch Teil der von den USA angeführten Offensive gegen China und Russland, für die die arbeitende Bevölkerung auf der ganzen Welt zahlen soll.

Genau wie TPP das wirtschaftliche Äquivalent zur "Konzentration auf Asien" (Pivot to Asia) ist, mit der die Obama-Regierung versucht, China militärisch einzukreisen, ist das TTIP, ebenso wie die Stationierung von Nato-Truppen an der russischen Grenze, Teil der Provokationen der USA und der EU gegen Russland.

Nicht umsonst wurde TTIP teilweise mit der Gründung einer "Wirtschafts-Nato" gleichgesetzt.

Im Dezember betonte Malmström, die Verhandlungen über TTIP seien "nicht einfach nur Wirtschaftsverhandlungen." Sie gab zu, dass "traditionelle Handelsfragen wie Zugang zu Märkten für Waren und Dienstleistungen" für Europa und Amerika kein Problem seien, da die Zölle momentan äußerst niedrig seien - im Durchschnitt nur drei Prozent.

Sie erklärte, es handele sich um "Verhandlungen zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten der Welt, die viele gemeinsame Werte haben." Weiter erklärte sie, das Abkommen sei von strategischer Bedeutung, da sich die Welt ständig ändere "zum Besseren oder zum Schlechteren."

Malmström erwähnte den "dramatischen Erfolg" von Schwellenländern wie China und erklärte, die Folge davon sei ein "Rückgang des Einflusses Europas." Sie fuhr fort: "Wir können auch nach Osten schauen. Russlands Vorgehen in der Ukraine hat die Notwendigkeit für ein starkes Europa gezeigt, das unsere Werte auf der ganzen Welt verteidigen und fördern kann."

Zuvor hatte Malmström von "hohen Standards für globale Regeln" und der Sicherung von "Europas Einfluss außerhalb unserer Grenzen" gesprochen. Sie erklärte ausdrücklich, es sei notwendig, die USA zum Export von Gas zu ermutigen, das sie in der letzten Zeit durch Fracking und Offshorebohrungen fördern, um "die Abhängigkeit Europas und der Welt von russischen Lieferungen zu verringern" und Europa damit die "Freiheit" zu eröffnen, auf "Aggression" reagieren zu können.

"Durch die Stärkung unseres Bündnisses mit Amerika kann TTIP eine Partnerschaft erneuern, die dabei hilfreich sein kann, in den kommenden Jahrzehnten die Welt zu formen“, erklärte sie weiter; Grundlage sollen die "gemeinsamen Werte Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Respekt für das Individuum und offene Märkte sein."

Mit anderen Worten, das Ziel ist es, ein Wirtschaftsimperium zu schaffen, das von den großen internationalen Konzernen und Banken dominiert ist und dem Rest der Welt die Bedingungen diktieren und durch alle Arten von Sanktionen bestrafen kann.

Wie Malmström klargestellt hat, geht es bei TTIP hauptsächlich um die Beseitigung von "nichttariffären" Handelshemmnissen. Alle bestehenden Regulierungen, die die Unternehmensgewinne einschränken - darunter Sicherheits- und Lizenzregelungen - sollen eliminiert werden.

In den schriftlichen Vorschlägen der EU werden u.a. die "Liberalisierung" der Post- und Telekommunikationsnetzwerke- und Anbieter, Finanzdienstleistungen und die Regulierung der Energie- und Lebensmittelmärkte erwähnt.

TTIP würde die Kontrolle der Wirtschaft über öffentliche Informationen durch Maßnahmen zu geistigen Eigentumsrechten gestärkt. wird Außerdem wurd es Unternehmen erleichtert, Zugang zu den persönlichen Daten von Privatpersonen zu erlangen.

Vor dem Hintergrund, dass die europäische Bourgeoisie als Komplizin der amerikanischen Geheimdienste entlarvt wurde, die in massivem Umfang Daten über die europäische Bevölkerung sammeln, werden solche Maßnahmen schwerwiegende Folgen haben.

Die EU behauptet, TTIP werde keine negativen Folgen für die öffentliche Versorgung haben, vor allem nicht für das staatlich finanzierte Gesundheits- und Bildungswesen. In der Veröffentlichung heißt es, die EU-Regierungen werden weiterhin das "Recht" haben, "die öffentlichen Dienstleistungen so zu organisieren, wie sie es für richtig halten."

Angesichts der überall in Europa stattfindenden Austerität und Privatisierungen sind solche Versprechungen wertlos. TTIP ist ein Werkzeug zur weiteren Öffnung öffentlicher Dienstleistungen und staatlicher Beschaffungsverträge für die Wirtschaftselite. In Großbritannien breitet sich die Befürchtung aus, der National Health Service könnte durch TTIP gänzlich zerschlagen werden.

Vor allem stellt es einen weiteren Angriff auf Arbeitsplätze, Lebensstandard und demokratische Rechte dar, die für die Bourgeoisie die größten Gewinnhemmnisse sind. Die Europäische Kommission gibt zu, dass die Sorge, dass Arbeiter wegen TTIP ihre Arbeitsplätze verlieren werden, berechtigt ist.

Angesichts der zunehmenden Krise in der Eurozone und der Spannungen, die sie zwischen Mitgliedsstaaten und Teilen der amerikanischen und europäischen Bourgeoisie schürt, sind Zweifel aufgekommen, ob das TTIP tatsächlich umgesetzt wird. Allerdings ist die herrschende Elite unabhängig von internen Streitigkeiten entschlossen, die uneingeschränkte Vorherrschaft der Oligarchie über alle Aspekt der Wirtschaft und der Gesellschaft zu gewährleisten.

Das zeigt die Tatsache, dass die EU und die USA bei den Verhandlungen auf Investitionsschiedsverfahren beharren. Diese ermöglichen es Unternehmen, Regierungen zu verklagen, durch deren Handlungen sie ihre Gewinne beeinträchtigt sehen.

Laut einem Textentwurf, den die Zeit im März 2014 veröffentlichte, verbietet Artikel 14 der vorgeschlagenen Regeln des TTIP Regierungen ausdrücklich "die direkte oder indirekte Verstaatlichung, Enteignung sowie die Durchsetzung von Maßnahmen, deren Auswirkung einer Verstaatlichung oder Enteignung [von Investitionen] gleichkommt," sofern sie nicht in " öffentlichem Interesse sind; nach rechtsstaatlichen Kriterien" erfolgen, niemanden diskriminieren und eine "angemessene Entschädigung" vorsehen.

Eine Reihe von bilateralen Handelsabkommen sehen bereits Investitionsschiedsverfahren vor. Angeblich gibt es bisher etwa 500 Fälle, in denen Unternehmen Regierungen auf Schadensersatz verklagen.

Der größte Schiedsspruch, der bisher in einem Investitionsschiedsverfahren gefällt wurde, richtete sich gegen Ecuador, das im Jahr 2012 1,77 Milliarden Dollar an Occidental Petroleum für die Kündigung seines Ölfördervertrages zahlen musste.

Einige der berüchtigtsten Fälle sind:

• Der niederländische Krankenversicherer Achmea erhielt von der Slowakischen Republik 29,5 Millionen Euro "Entschädigung" für deren Versuche im Jahr 2006, die Macht von Privatfirmen im Gesundheitswesen zu begrenzen.

• Das französische Unternehmen Veolia verklagt Ägypten auf Schadensersatz, nachdem das Land seinen Vertrag über Abwasserbeseitigung in Alexandria im Oktober 2011 gekündigt hatte. Das Unternehmen behauptet, die Entscheidung der Nationalen Lohnbehörde, die Gehälter mit der Inflation Schritt halten zu lassen, habe ihre prognostizierten Gewinne beeinträchtigt.

• Der schwedische Energiekonzern Vattenfall verklagt die deutsche Regierung wegen ihrer Entscheidung, nach der Atomkatastrophe in Fukushima aus der Kernenergie auszusteigen, auf sechs Milliarden Euro.

Investitionsschiedsverfahren finden im Geheimen statt. Die Verfahren werden von Wirtschaftsanwälten ausgehandelt. Es gibt kein Recht auf Berufung, und es gibt keine Obergrenze für die Geldbeträge, die sie als Entschädigung für eine Politik, die Konzernen als Ausgleich für verlorene "prognostizierte künftige Gewinne" gegen Finanzminister verhängen können.

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