Appelle der von Ebola betroffenen Länder und von Gesundheitsexperten stoßen bei Großmächten auf taube Ohren

Die politische und wirtschaftliche Elite der Welt, die Finanzaristokratie, die das globale kapitalistische System dominiert, wird nur Alibimaßnahmen ergreifen, um den Millionen Menschen zu helfen, denen durch die Ebola-Epidemie, die in Westafrika wütet, Krankheit und Tod drohen. Das wird deutlich aus ihrer gleichgültigen Reaktion auf Appelle von Ärzten, Pflegern und Entwicklungshelfern, die gegen die Epidemie kämpfen, und von den Regierungen der drei am stärksten betroffenen Länder Liberia, Sierra Leone und Guinea.

Die British Broadcasting Corporation (BBC) brachte am Sonntag einen "Brief an die Welt" von der liberianischen Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf, in dem sie warnte, der Ebolavirus "respektiert keine Grenzen". Eine Generation von Afrikanern drohe aufgrund der Folgen der Krankheit für ganze Gesellschaften"einer wirtschaftlichen Katastrophe zum Opfer zu fallen."

Sirleaf, eine ehemalige Funktionärin der Weltbank und der Vereinten Nationen und langjährige Marionette Washingtons, sprach zurückhaltend, aber zweifellos ist die weltweite Mobilisierung von Geld, medizinischer Ausrüstung, Ärzten und Pflegern, die sie fordert, dringend notwendig.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldete am Donnerstag, sie habe von den Regierungen weltweit nur 100.000 Dollar an Spenden erhalten, versprochen hatten sie eigentlich zwanzig Millionen, und für dringliche Maßnahmen in Westafrika wäre unmittelbar eine Summe von einer Milliarde Dollar notwendig. Die WHO erklärte, in der Region hätten sich fast zehntausend Menschen mit Ebola angesteckt, 4.500 von ihnen sind gestorben.

Der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan erklärte auf BBC, er sei "zutiefst enttäuscht" von der internationalen Reaktion und fügte hinzu: "Wenn die Krise eine andere Region betroffen hätte, hätte man vermutlich ganz anders darauf reagiert."

Der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) erklärte am Freitag, sein Programm zur Entwicklung eines Impfstoffes für Ebola komme für die aktuelle Krise "zu spät". Sein Ebola-Impfstoffprogramm, eines der wenigen solcher Projekte überhaupt und laut vielen Schilderungen dasjenige, das am nächsten vor der Anwendbarkeit steht, werde erst Ende nächsten Jahres belastbare Testdaten liefern und erst 2016 nutzbaren Impfstoff produzieren.

Diese Ankündigung zeigt die Gleichgültigkeit der multinationalen Konzerne angesichts der Aussicht, dass das Massensterben in Westafrika andauern könnte

Obwohl Ebola erstmals im Jahr 1976 identifiziert wurde, haben die forschenden Pharmaunternehmen es nicht profitabel genug gefunden, einen Impfstoff für eine Krankheit zu entwickeln, von der verarmte Dorfbewohner im ländlichen Afrika betroffen sind. Erst jetzt, wo ihnen durch eine globale Krise Milliardenprofite winken, wird geforscht.

Manica Balasegam, ein Vertreter der freiwilligen Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen, die mehr als die Hälfte der Opfer der Epidemie behandelt, nannte die Ankündigung von GSK ein "Katastrophenszenario". Er sagte McClatchy News Service: "Wir wollen, dass es deutlich schneller geht. Wir müssen ehrgeiziger sein. Es ist beunruhigend, von einem Zeitfenster bis ins Jahr 2016 zu hören. Wir müssen schneller machen. Die Situation im Land ist eine Katastrophe."

Christopher Stokes von Ärzte ohne Grenzen sagte der BBC am Freitag, es sei "lächerlich," dass die Freiwilligen der Organisation für 70 Prozent der Krankenbetten in den drei am stärksten betroffenen Ländern zuständig sind. Die Hilfe, die die USA, Großbritannien und die anderen Industrienationen versprochen haben, habe "keine nennenswerten Auswirkungen auf die Epidemie, und sie wird es auch jetzt oder in einem oder eineinhalb Monaten nicht haben." Bis dahin wird die Zahl der Todesopfer vermutlich auf über 20.000 steigen.

Der Chef der Ebola-Sondermission der WHO, Anthony Banbury, erklärte letzte Woche, der entscheidende Punkt im Kampf gegen die Epidemie stehe kurz bevor. Innerhalb von 60 Tagen müssten 70 Prozent der infinzierten in einer Pflegeeinrichtung sein, und 70 Prozent der Begräbnisse müssten unter sicheren Bedingungen durchgeführt werden. "Entweder wir stoppen Ebola jetzt“, warnte er, "oder wir sind mit einer gänzlich beispiellosen Situation konfrontiert, für die wir keinen Plan haben."

Das New England Journal of Medicine schloss sich dieser Warnung in einem Leitartikel an, der die Veröffentlichung eines Berichtes der WHO begleitete. "Ohne effektivere, umfassendere Anstrengungen könnte Ebola in Westafrika ansässig werden. Daraufhin würde es zu einem Herd für die Ausbreitung des Virus in andere Teile von Afrika und weltweit werden," schrieb das Magazin.

Es erklärte, der Grund für die verheerenden Auswirkungen der aktuellen Epidemie seien nicht Veränderungen des Virus, sondern soziale und politische Faktoren: "Am wichtigsten ist wohl, dass Ebola den Punkt erreicht hat, an dem es sich wegen der höchst unzureichenden und verspäteten weltweiten Reaktion als endemische Infektion etablieren könnte. Mit anderen Worten, diese Epidemie ist eine Krise, die hätte vermieden werden können..."

Es ist kein Geheimnis, welche Methoden und Mittel notwendig sind, um mit Ebola als Problem der öffentlichen Gesundheitsversorgung fertig zu werden. In den Industrienationen wurden nur eine handvoll Fälle gemeldet - zwei in den USA, einer in Spanien - und nur einer bei Pflegepersonal, das Patienten behandelt hat, die sich in Westafrika mit Ebola angesteckt hatten.

Bisher gab es noch keine sekundären Infektionen durch diese Fälle. Am Sonntag endete um Mitternacht die einundzwanzigtägige Quarantäne für 48 Familienmitglieder und Freunde des Liberianers Thomas Eric Duncan, der in die Vereinigten Staaten gereist war, nachdem er sich mit der Krankheit infiziert hatte, danach erkrankte und am 8. Oktober starb. Die 75 Pflegekräfte, die mit Duncan in Kontakt gekommen sind, haben die Periode, in der sie in der größten Gefahr waren, hinter sich.

Die amerikanische herrschende Elite und die Medien haben eine Panik um die handvoll Fälle in den USA verbreitet, aber die massive Krise in Westafrika praktisch ignoriert.

Präsident Obama warnte am Samstag in seiner Internet- und Radioansprache vor einer "Hysterie" wegen dem Ebolavirus, obwohl die US-Regierung seit mehr als zehn Jahren systematisch und haltlos Angst vor Terroranschlägen schürt, um die endlosen amerikanischen Militärinterventionen im Nahen Osten und den Aufbau eines Polizeistaatsapparates in den USA zu rechtfertigen.

Washingtons Reaktion auf die Ebolakrise orientierte sich an dieser Vorlage. Letzten Monat hatte Obama 3.000 US-Soldaten nach Liberia geschickt, angeblich um Ebola-Behandlungseinrichtungen aufzubauen. Letzte Woche wurden weitere 1.000 Soldaten geschickt. Die Stationierung soll die Einrichtung eines dauerhaften Stützpunktes für das Africa Command des Pentagon (AFRICOM) in der Region ermöglichen.

Das Pentagon benutzt die Krise auch, um im Inland seine Muskeln spielen zu lassen, allerdings anfangs nur in kleinem Ausmaß. Verteidigungsminister Chuck Hagel kündigte am Sonntag an, er habe dem US Northern Command, das von George W. Bush nach den Anschlägen vom 11. September als erstes Kampfhauptquartier auf amerikanischem Boden gegründet wurde, angewiesen, eine schnelle Eingreiftruppe für die Ebolakrise zu bilden. Diese wird anfänglich aus 30 Mann Militärpersonal bestehen, hauptsächlich Ärzten und Pflegern, ist jedoch ein weiterer Schritt dazu, die amerikanische Bevölkerung an den Einsatz des Militärs im Inland zu gewöhnen.

Angesichts der Halbzeitwahlen in zwei Wochen versuchen Republikanische Kongressfraktionsführer, die öffentliche Besorgnis über die nachlässige und verantwortungslose Reaktion der US-Regierung auf die Ebolakrise für die Wahl auszunutzen. Viele fordern ein Verbot von kommerziellen Flügen aus den drei betroffenen afrikanischen Staaten.

Das Weiße Haus reagierte ähnlich zynisch und ernannte Ron Klain, einen millionenschweren Anwalt und langjährigen Demokratischen Politiker zu seinem "Ebola-Zar." Klain hat weder mit dem öffentlichen Gesundheitswesen, noch mit Katastrophenhilfe irgendwelche Erfahrungen.

Diese Manöver zeigen die Verachtung der amerikanischen herrschenden Elite für das Leben von Westafrikanern und das Wohlergehen der amerikanischen Bevölkerung. Wie Vertreter des öffentlichen Gesundheitswesens deutlich gemacht haben, sind die Haushaltskürzungen, die von beiden Parteien unterstützt werden, für die Schwächung des Gesundheitssystems verantwortlich. In den letzten zehn Jahren ist die Finanzierung für die National Institutes of Health real um 23 Prozent zurückgegangen.

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