Obama diskutiert mit "Rebellen"-Führer über Eskalation des Syrienkrieges

Die Obama-Regierung hat direkte Verhandlungen mit dem Führer der politischen Front der vom Westen unterstützten "Rebellen" in Syrien aufgenommen. Thema der Verhandlungen ist die Lieferung von amerikanischen Boden-Luft-Raketen. Gleichzeitig tauchen neue Beweise dafür auf, dass diese Kräfte von Milizen dominiert sind, die mit Al Qaida zusammenarbeiten.

Ahmad al-Jarba, Anführer der Syrischen Oppositionskoalition, sprach am Donnerstag im US-Außenministerium mit Außenminister John Kerry. In den nächsten Tagen wird er sich außerdem mit Präsident Barack Obama im Weißen Haus treffen. Auch im Pentagon und mit Kongressabgeordneten sind Treffen geplant.

Der Besuch ist Teil eines neuen Versuchs der USA, ihren Stellvertreterkrieg in Syrien zu eskalieren. Ein wichtiger Grund hierfür ist die andauernde Konfrontation um die Ukraine mit Russland. Putin ist ein wichtiger Verbündeter des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad.

Zeitgleich mit al-Jarbas Ankunft kündigte das Außenministerium an, dass Washington den "Rebellen" weitere "nichttödliche Hilfsgüter" im Wert von 27 Millionen Dollar liefern werde. Damit beträgt die bisherige Gesamtsumme 287 Millionen Dollar.

Delegationen der Syrischen Oppositionskoalition sollen in Washington und New York diplomatischen Status erhalten. Nachdem im letzten März Verhandlungen zwischen den vom Westen unterstützten Kräften und dem Assad-Regime in Genf gescheitert waren, ließ die Obama-Regierung die offizielle syrische Botschaft in Washington und die syrischen Konsulate in anderen amerikanischen Städten schließen.

Ahmad al-Jarba ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass das Hauptziel seines Besuchs war, neue, starke Waffen zu erwerben, um die Niederlage der Anti-Assad-Milizen aufzuhalten.

Die „Rebellen“ hatten letzte Woche die Stadt Homs räumen müssen, die drittgrößte Stadt Syriens und ein wichtiger Industriestandort. Homs ist von größter strategischer Bedeutung, da sich von dort aus die Nachschubrouten von der Mittelmeerküste zur Hauptstadt Damaskus kontrollieren lassen.

Al-Jarba betonte am vergangenen Mittwoch sowohl in einem Interview mit der New York Times als auch in einer Rede am Institute of Peace (einer Regierungsbehörde, die mit dem Geheimdienst zusammenarbeitet), das Hauptziel seines Besuchs in den USA sei der Erwerb von Manpads – Boden-Luft-Raketen, die von der Schulter aus abgefeuert werden.

Er bestätigte auch, dass Washington den "Rebellen" der Freien Syrischen Armee (FSA) bereits mindestens zwanzig TOW-Panzerabwehrraketenwerfer geliefert hat.

Auch in seiner Rede am Institute of Peace erklärte er: "Wir brauchen effiziente Waffen in den richtigen Händen, in den Händen von Berufssoldaten, und wir müssen dafür sorgen, dass sie in den richtigen Händen bleiben. Nur so können wir für Stabilität sorgen."

Aber noch während al-Jarba und seine Gefolgsleute solche Aussagen machen, veröffentlichte das Wall Street Journal am Donnerstag einen Artikel, in dem es unter Berufung auf Quellen innerhalb der Freien Syrischen Armee heißt, die Syrische Revolutionsfront, die der angeblich "gemäßigten" und "säkularen" FSA angehört, habe in den letzten Wochen gemeinsam mit der Al Nusra-Front, die mit Al Qaida verbündet ist, in der südwestsyrischen Provinz Quneitra, nahe der von Israel besetzten Golanhöhen, gekämpft. An dieser Südfront haben die USA die "Rebellen" besonders intensiv bewaffnet und ausgebildet.

Abu Omar Golani, ein Medienkoordinator der Syrischen Revolutionsfront, erklärte dem Journal: "Die FSA und die Nusra-Front arbeiten an der Front eng zusammen." Wie er erläuterte, koordinieren beide Fraktionen ihre Operationen auf dem Schlachtfeld und planen ihre Kämpfe in fünf gemeinsamen "Militäroperationsräumen". Er versicherte der amerikanischen Zeitung, dass die FSA und die mit Al Qaida verbündeten Islamisten keine Absicht hätten, gegen den Nachbarstaat Israel vorzugehen.

Noch entlarvender war ein Bericht der National, einer Tageszeitung aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Darin stand, dass die Al Nusra-Front im Süden einen wichtigen FSA-Kommandanten gefangen gesetzt habe und des Verrats beschuldige. Die Zeitung erklärte, der Vorfall zeige, "dass Al Qaida auf einem Schlachtfeld, auf dem ihr Einfluss bisher als minimal gegolten hat, an Stärke gewinnt".

Dieser Kommandant, Oberst Ahmed Nehmeh, ist ein Offizier der syrischen Luftwaffe, der sich den "Rebellen" angeschlossen hatte. Die Zeitung betonte, seine Verhaftung bedeute für die "gemäßigten" Kräfte, die die USA unterstützen, eine große "Schmach". Die FSA habe ein Ultimatum gestellt, dass der Offizier innerhalb von 48 freizulassen sei, doch als diese Frist abgelaufen war, machte sie einen Rückzieher und rief zu "Verhandlungen und Schlichtung" auf.

Die National schrieb auch, Nehmeh sei sogar innerhalb der FSA unpopulär, und andere Offiziere freuten sich über seine Verhaftung, da sie hofften, seinen Platz einzunehmen und ihr eigenes Klientelnetzwerk aufbauen zu können, indem sie Waffen und Geld verteilen.

Die Zeitung kam zu dem Schluss: "Mit der Verhaftung von Oberst Nehmeh hat Al Nusra gezeigt, dass sie in Syrien, auch an der gemäßigten, besser organisierten Südfront, die Macht hat, und nicht die Agenten ausländischer Geheimdienste.“

Mit den "ausländischen Geheimdienstagenten" sind hauptsächlich die CIA und ihre Kollegen aus Saudi-Arabien und anderen reaktionären Golfmonarchien gemeint. Die Obama-Regierung betraut die CIA mit der Bewaffnung und Ausbildung der "Rebellen" an der Südfront. Die Begründung dafür lautet, dass diese Operation nicht nur den Regimewechsel in Damaskus, sondern auch den "Krieg gegen den Terror" unterstützen und den Einfluss der Al Nusra-Front zurückdrängen müsse. Das ist ein Betrug und eine Farce.

Wenn die Regierung die FSA wirklich mit Manpads ausrüstet, besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass diese Waffen in die Hände von Al Qaida-Elementen fallen und eher früher als später benutzt werden, um ein ziviles Flugzeug abzuschießen.

Möglicherweise tut sie es trotzdem, da die Lage für die syrischen "Rebellen" immer auswegloser wird. Ihr Rückzug aus Homs ist eine schwere Niederlage im amerikanischen Stellvertreterkrieg. Der freie Rückzug wurde unter Vermittlung von Russland und dem Iran ausgehandelt, und die sunnitischen Kämpfer ließen dafür eine Gruppe gefangener syrischer Soldaten, eine iranische Frau und etwa vierzig alawitische Frauen und Kinder frei.

Auch in den Vororten von Damaskus hat das syrische Regime eine Reihe von Waffenstillständen mit den islamistischen Kämpfern ausgehandelt. Damit ist jede unmittelbare Bedrohung für seine Macht neutralisiert und die Strategie der Opposition durchkreuzt, die Hauptstadt einzukreisen und ihre Nachschubwege abzuschneiden.

Am Donnerstag sprengten die Islamisten ein historisches Gebäude weg, das vor der Zitadelle von Aleppo aus dem dreizehnten Jahrhundert stand. Während im Norden des Landes die Kämpfe weitergehen, findet ein Großteil der Kämpfe zwischen rivalisierenden "Rebellen"-Fraktionen um die Kontrolle über Territorien und Beute statt.

Das Hauptziel der Obama-Regierung besteht offenbar darin, den Bürgerkrieg und das schreckliche Blutvergießen in Syrien am Laufen zu halten, um das Assad-Regime daran zu hindern, das Land wieder zu stabilisieren.

Die Versuche der Westmächte, Assad zu verteufeln und die politischen Grundlagen für den Sturz seines Regimes zu schaffen, gehen jedenfalls weiter. So hat Frankreich dem UN-Sicherheitsrat einen Resolutionsentwurf vorgelegt, der den Syrienkrieg vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag bringen soll.

Der Zynismus dieser Strategie zeigte sich in einem Bericht der New York Times darüber, wie schwierig es ist, diese Resolution "zurechtzuschneidern", damit sie den Interessen der US-Regierung entspreche. Diese weigert sich bisher, das Römische Statut zu ratifizieren, das die Grundlage des Strafgerichtshofs ist, und lehnt seine juristische Gültigkeit ab.

Zunächst mussten die Franzosen streng abgrenzen, ab welchem Zeitpunkt Vorfälle untersucht werden sollen (nach 2011), um auszuschließen, dass bei einem Verfahren gegen Syrien die Verbrechen untersucht werden könnten, die Israel in dem Land begangen hatte. Israel ist Washingtons wichtigster Verbündeter in der Region. Die USA wollen eine Garantie dafür, dass der zionistische Staat nicht für die Besetzung der Golanhöhen 1967 und die Vertreibung der dortigen Bevölkerung zur Rechenschaft gezogen werden könne.

Zweitens werden "aktuelle oder frühere Regierungsvertreter oder Personal" jener Länder, die das Römische Statut nicht unterzeichnet haben, ausdrücklich von ihm ausgenommen, mit Ausnahme von Syrien. Diese Klausel soll sicherstellen, dass Vertreter der USA und Militärpersonal nicht für Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen werden können, falls die USA beschließen, in Syrien einzumarschieren, um ihren Krieg zum Regimewechsel selbst zu führen.

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