Die venezolanische Regierung von Präsident Nicolas Maduro hat eine "neue Wirtschaftsoffensive angekündigt," die im Wesentlichen die Kapitalisten des Landes dazu anspornen soll, mehr zu produzieren und weniger zu spekulieren.
Nach zweimonatigen gewalttätigen rechten Demonstrationen, die von Washington unterstützt wurden, hat seine Regierung vier "Dialogsitzungen" mit Elementen der politischen Rechten abgehalten. Die wirtschaftlichen Vorschläge, die sie diese Woche vorgestellt hat, deuten darauf hin, dass die Regierung selbst stark nach rechts rückt, um sich mit ihren Gegnern zu einigen und die Unterstützung in der venezolanischen Bourgeoisie zu gewinnen.
Maduro stellte seine Vorschläge auf einer "wirtschaftlichen Friedenskonferenz" vor, an der etwa 700 Geschäftsleute teilnahmen. Er erklärte, abgesehen von Produktionssteigerungen wolle die Regierung auch das Problem des Mangels an grundlegenden Verbrauchsgütern angehen und für "gerechte Preise" sorgen.
Die Inflation in Venezuela betrug im letzten Jahr 57 Prozent, der Mangel an Grundnahrungsmitteln ist auf 26 Prozent gestiegen. Es wird mittlerweile geschätzt, dass fünf Mindestlöhne benötigt werden, um die Grundversorgung einer fünfköpfigen Familie zu gewährleisten.
Maduro, der ein Regime anführt, das von sich behauptet, für einen "bolivarischen Sozialismus" einzutreten, erklärte: "Ich rufe alle Geschäftsleute dazu auf, sich an dieser neuen Offensive für Nachfrage, Wachstum und gerechte Preise zu beteiligen."
Der venezolanische Präsident erklärte vor den versammelten Kapitalisten, der "Wirtschaftskrieg" müsse dem "Dialog" weichen. Bisher hatte Maduro die Schuld für Venezuelas wirtschaftliche Probleme auf einen "Wirtschaftskrieg" geschoben, den seine politischen Gegner angeblich führten, um seine Regierung zu sabotieren. Er hatte auch behauptet, die häufigen Störungen im Stromnetz des Landes, die zu Stromausfällen führten, seien das Ergebnis wirtschaftlicher Sabotage.
Maduro kündigte an, die Regierung werde drei Sonderwirtschaftszonen schaffen, die sich an denen orientieren sollen, die China in den 1980ern unter anderem in der Provinz Guangdong eingerichtet hatte. Sie sollten mit niedrigen Löhnen, Zöllen und wenigen Regulierungen ausländisches Kapital anlocken.
Im Falle Venezuelas würden Privatunternehmen, die in diesen Zonen operieren - deren Zentrum die Ölregion Orinoco, das Industriegebiet Carabobo und das Petrochemie-, Fischerei- und Touristikgebiet Anzoategui im Nordosten sein soll - auch staatliche Finanzierung aus dem Chinafonds erhalten, d.h. Kredit von Peking im Austausch für Öl und anderen Rohstoffe.
Maduro erklärte: "Wir haben eine wirtschaftliche Kultur, nicht zu arbeiten, uns nicht anzustrengen, nicht zu produzieren." Er forderte einen Bruch mit wirtschaftlichem "Parasitismus" und "Spekulationsunwesen".
In Wirklichkeit hat der Einfluss des Finanzparasitismus in der venezolanischen Wirtschaft während des "bolivarischen Sozialismus" Maduros und seines Vorgängers, des verstorbenen Hugo Chavez, stark zugenommen. Auf den Finanz- und Bankensektor fielen im Jahr 2012 zwölf Prozent des Bruttoinlandsproduktes des Landes, zehn Jahre davor waren es nur vier Prozent. Der Privatbankensektor, der eine der höchsten Gewinnraten der Welt hat, konnte den Wert seiner Einlagen von 2005 bis 2012 um 1.245 Prozent steigern.
Maduro kündigte an, dass die Regierung im Rahmen der "neuen Wirtschaftsoffensive" nächste Woche Inspektorenteams in alle öffentlichen und privaten Unternehmen im Land schicken werde, um die Produktionskapazitäten festzustellen und Hindernisse bei der Steigerung der Produktivität zu bewerten.
Die venezolanischen Arbeiter waren in keiner Weise an den Dialogen beteiligt, die die Regierung mit der politischen Rechten und den venezolanischen Kapitalisten geführt hat, nachdem es in den letzten zwei Monaten zu gewaltsamen Protesten kam. In der Arbeiterklasse nehmen die Befürchtungen zu, dass die Bestrebungen, das Großkapital zu Produktivitätssteigerungen anzuspornen, für sie weitere Angriffe auf Arbeitsplätze, Löhne und Arbeitsbedingungen bedeuten wird.
Es besteht wenig Zweifel daran, was die kapitalistischen Eigentümer den Ministern und Funktionären, die ihre Unternehmen besichtigen, als Voraussetzung für eine erhöhte Produktion nennen werden. Sie wollen ungehinderten Zugang zu Devisen, die Aufhebung der minimalen Beschränkungen von Gewinnen und Preisen und die Abschaffung von Arbeitnehmerschutzgesetzen, die ihr Recht beschränken, Arbeiter zu entlassen, oder die Betriebskosten erhöhen.
Es gibt Anzeichen dafür, dass die Regierung bereits stillschweigend dazu bereit ist, diese Forderungen zu erfüllen. Sie hat Preissteigerungen für eine ganze Reihe von grundlegenden Gütern erlaubt. Vor kurzem kündigte sie an, dass Pendler eine Erhöhung der Fahrpreise für öffentliche Verkehrsmittel um 40 Prozent hinnehmen müssten.
Letzten Monat hatte die Regierung dem amerikanischen Bekleidungshersteller Wrangler nach einem verdächtigen Brand in einem Werk erlaubt, 250 Arbeiter zu entlassen - die meisten davon Frauen, die seit fünfzehn oder zwanzig Jahren für das Unternehmen arbeiteten - obwohl das Arbeitsrecht das Landes ihre Stellen hätte schützen sollen. Die Arbeiter protestierten und behaupteten, die Arbeitsinspektoren seien von dem Konzern bestochen worden. Ähnliche Vorfälle gab es im ganzen Land sowohl in venezolanischen als auch ausländischen Firmen.
Während der Treffen zwischen der Maduro-Regierung und dem Großkapital zogen etwa 300 Arbeiter von Zuckerrohrplantagen vor die venezolanische Nationalversammlung, forderten, an dem "Dialog" teilnehmen zu dürfen und kritisierten die rechtswidrige Entlassung von etwa 600 Arbeitern sowie Verstöße gegen das Arbeitsrecht, nachdem die Regierung die staatliche CVA Azucar aufgelöst und die Industrie neu organisiert hatte.
Der Präsident der venezolanisch-argentinischen Handelskammer erklärte vor kurzem in der Presse, die Arbeitsinspektionsbehörde habe bisher dazu tendiert, "den Arbeiter zu bevorzugen... aber das ändert sich jetzt. Der Arbeitsminister weist die Inspektoren an, mit mehr Objektivität vorzugehen.
Der oberste Gerichtshof von Venezuela beschränkte derweil am Donnerstag in einem Urteil das Recht auf friedliche öffentliche Proteste, das die Verfassung des Landes garantiert. Das Gericht erklärte, dass städtische Behörden das Recht hätten, die Genehmigung für Proteste zu erteilen oder zu verweigern, und dass nicht genehmigte Proteste durch die Sicherheitskräfte gewaltsam aufgelöst werden könnten.
In den letzten Monaten waren die Schlagzeilen von den gewalttätigen Protesten dominiert, die von rechten Kräften organisiert und von Politikern wie Leopoldo Lopez und Maria Corina Machado angeführt wurden - die lange Zeit von den USA durch Institute wie die National Endowment for Democracy finanziert wurden.
Allerdings gab es von 2011 bis 2013 in Venezuela etwa 15.000 soziale Proteste, die mehrheitlich von der Arbeiterklasse und ärmeren Schichten dominiert waren. Angesichts zunehmender Klassenspannungen versucht die Regierung, solche Sozialproteste zu kriminalisieren.