Seit dem 25. April werden acht Militärinspekteure in der ostukrainischen Stadt Slawjansk festgehalten. Es handelt sich um drei Bundeswehroffiziere, einen deutschen Dolmetscher sowie einen tschechischen, einen polnischen, einen dänischen und einen schwedischen Militärinspekteur. Der Schwede wurde inzwischen aus gesundheitlichen Gründen freigelassen.
Deutsche Medien bezeichnen die Festgehaltenen regelmäßig als OSZE-Beobachter. Das ist falsch. Mit der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, der insgesamt 57 Staaten angehören, haben die Festgehaltenen nur insofern etwas zu tun, als ihre Anwesenheit in der Ukraine mit dem sogenannten „Wiener Dokument“ gerechtfertigt wird, das die OSZE 1992 vereinbart hatte und das seither mehrfach erneuert wurde.
Sie sind weder im Auftrag der OSZE unterwegs, noch unterstehen sie deren Kontrolle. Es handelt sich vielmehr um Militärinspekteure, die von dem Regime in Kiew angefordert wurden und direkt ihrem jeweiligen Verteidigungsministerium unterstehen.
Der stellvertretende Direktor des OSZE-Krisenpräventionszentrums, Claus Neukirch, hat das bestätigt. Nach seinen Angaben handelt es sich um eine bilaterale Mission unter Leitung der Bundeswehr und auf Einladung der ukrainischen Regierung. Solche Inspektionen werden zwischen den OSZE-Staaten selbst vereinbart.
Insbesondere haben die festgehaltenen Militärbeobachter nichts mit der OSZE-Beobachtermission zu tun, auf die sich die OSZE-Mitgliedstaaten einschließlich Russlands am 21. März geeinigt haben. Diese besteht aus 500 zivilen Beobachtern, die zunächst sechs Monate lang die Lage in der Ukraine verfolgen und direkt an die OSZE berichten. Bisher sind allerdings nur etwa hundert von ihnen im Einsatz.
Das gezielte Verwirrspiel, das die deutsche Presse um die in Slawjansk Festgehaltenen treibt, hat zwei Gründe. Erstens wird ihre Festnahme benutzt, um die Kriegshetze gegen Russland zu verschärfen. Mit der Behauptung, pro-russische Kräfte hielten eine international vereinbarte Beobachtermission fest, wird unterstellt, Moskau selbst halte sich nicht an internationale Vereinbarungen und Verträge.
Zweitens deutet einiges darauf hin, dass das Wiener Dokument der OSZE in diesem Fall von Kiew und Berlin gezielt missbraucht wurde und dass hinter dem Vorwurf der Regierungsgegner in Slawjansk, es handle sich um Spione, zumindest ein wahrer Kern steckt.
Das Wiener Dokument dient als Grundlage für vertrauensbildende Maßnahmen. Es soll den Mitgliedern der OSZE, insbesondere benachbarten Staaten, die Möglichkeit geben, sich über die Streitkräfte des anderen Landes zu informieren, und so das Risiko einer militärischen Konfrontation mindern. Zur Beobachtung gegnerischer Kräfte in einem innerstaatlichen Konflikt ist es definitiv nicht vorgesehen, schon gar nicht, wenn das Entsenderland, wie dies in der Ukraine der Fall ist, in diesem Konflikt selbst klar Partei ergriffen hat.
Der Leiter der festgehaltenen Gruppe, Oberst Axel Schneider, hatte noch am 23. April in einem Interview mit dem Bayrischen Rundfunk betont, seine Gruppe wolle sich lediglich „ein Bild davon machen“, in welchem Zustand sich die „regulären, staatsbewaffeneten Kräfte“ der Ukraine, also die offizielle Armee, befänden. Die Beobachtung Aufständischer schloss er aus: „Wir konzentrieren uns auf die Sicherheitskräfte des Landes Ukraine.“
Weshalb seine Gruppe dann nach Slawjansk fuhr, dass sich in den Händen von Aufständischen befindet und von der ukrainischen Armee belagert wird, lässt sich damit nicht erklären. Die Vermutung, hier sollten Informationen an Kiew weitergeleitet werden, liegt zumindest nahe.
Oberst Schneider, der dem Zentrum für Verifikationsaufgaben der Bundeswehr angehört und offiziell dem Verteidigungsministerium untersteht, betonte in dem Interview auch, dass er seine Arbeit „sehr eng mit dem Auswärtigen Amt“ Franz-Walter Steinmeiers koordiniere, das beim Putsch in der Ukraine eine Schlüsselrolle gespielt hatte und das Kiewer Regime voll unterstützt.
Während viele Hintergründe der Ereignisse von Slawjansk noch unklar sind, ist doch eines klar: Die Bundeswehr ist in der Ukraine bereits viel stärker engagiert, als dies öffentlich zugegeben wird.