Imperialistische Heuchelei und Lügen über Ostukraine-Proteste

Nach dem Konflikt um die Besetzung regionaler Regierungsgebäude durch pro-russische Demonstranten in der Ostukraine verurteilen amerikanische Vertreter und Medien heuchlerisch Russland, weil es die Unruhen angeblich angestiftet habe. Diese Vorwürfe, die durch keinerlei Fakten gestützt werden, sind Teil der Verschärfung der imperialistischen Offensive in Osteuropa. Das Ziel dieser Offensive ist die Isolierung, Erniedrigung und schließlich Zerstückelung Russlands. Die Logik dieser von Washington vorangetriebenen verantwortungslosen und aggressiven Politik ist Krieg zwischen dem Westen und der Atommacht Russland.

Der ukrainische Innenminister Arsen Awakow drohte gestern, die Proteste innerhalb von 48 Stunden zu unterdrücken, woraufhin das russische Außenministerium vor einem „Bürgerkrieg“ in der Ukraine warnte.

Washington reagierte darauf mit der Forderung, die Proteste niederzuschlagen, und tat sie als eine russische Verschwörung zur Übernahme der Ukraine ab. Die Washington Post forderte gestern in einem Leitartikel Wirtschaftssanktionen gegen Russland und denunzierte die Demonstranten als „bezahlten Mob“. Die Post riet Washington und der Europäischen Union, der russischen Strategie kurzfristig durch die volle Unterstützung der ukrainischen Regierung für alle notwendigen Maßnahmen zur Wiederherstellung der Ordnung entgegenzutreten.

Am Tag zuvor hatte Außenminister John Kerry die Proteste in einer Aussage vor dem Außenpolitischen Ausschuss des Senats verurteilt: “Russland versucht mit illegalen und illegitimen Mitteln, einen souveränen Staat zu destabilisieren und mit bezahlten Agenten über eine internationale Grenze hinweg eine Krise herbeizuführen.“

Welch eine Heuchelei! Kerry weiß, dass er Russland beschuldigt, genau das zu tun, was Washington und seine europäischen Verbündeten taten, als sie im Februar den Putsch in Kiew unterstützten: Sie destabilisierten und stürzten schließlich die pro-russische Regierung des gewählten ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch. Eines der zentralen Argumente für den Sturz Janukowitschs war, dass er gewaltsam gegen die Opposition vorging, d.h. dass er genau das tat, was Washington jetzt von seinem rechten Marionettenregime verlangt.

Der “bezahlte Mob” der USA bestand aus gekauften “Demokratie”-Aktivisten und faschistischen Schlägern vom Rechten Sektor und der Swoboda Partei, deren antisemitische und fremdenfeindliche Politik das EU-Parlament im Dezember 2012 in einer Resolution verurteilte. Die Vertreterin des amerikanischen Außenministeriums, Victoria Nuland, verriet unwissentlich in einem abgehörten Telefongespräch, dass Washington seit der Auflösung der Sowjetunion 1991 fünf Mrd. Dollar aufgewendet hat, um diese Oppositionsgruppen in der Ukraine aufzubauen.

Kerry und die inoffiziellen Staatspropagandamedien der USA versuchen nicht einmal, ihre Pose als rechtschaffene Verteidiger der ukrainischen Souveränität und Legalität mit dem gut dokumentierten Vorgehen der US-Regierung bei der Unterhöhlung der ukrainischen Souveränität zu vereinbaren, als sie illegal ein mit faschistischen Kräften verbündetes Marionettenregime an die Macht brachten. Sie sind voller Verachtung gegenüber der öffentlichen Meinung, die gegen einen Krieg um die Ukraine ist. Sie glauben, die Öffentlichkeit nicht überzeugen zu müssen, sondern versuchen sie einzuschüchtern, sie massiv zu bedrängen, zu betäuben und zu verwirren.

Während die Vorbereitungen auf den Putsch liefen, besuchten hohe amerikanische Politiker und Vertreter des Außenministeriums den Unabhängigkeitsplatz in Kiew, um ihre Unterstützung für die ultrarechten Paramilitärs zu zeigen, die die Barrikaden bemannten. Zu ihnen zählten Nuland und der amerikanische Botschafter in der Ukraine. Auf dem Höhepunkt der Destabilisierungskampagne gegen Janukowitsch fanden offizielle Treffen zwischen europäischen, amerikanischen und Nato-Vertretern und Führern der antirussischen Opposition statt. In diese Zeit fällt auch das berüchtigte Telefongespräch Nulands mit dem amerikanischen Botschafter, in dem sie darüber berieten, wer am besten die Marionettenregierung führen könnte, die Janukowitsch ersetzen sollte. Sie einigten auf Arseni Jazenjuk („Jats“), den gegenwärtigen Ministerpräsidenten.

Nachdem Washington soviel Geld für einen Putsch ausgegeben hat, ist es sehr erbost darüber, dass er nicht akzeptiert wird. Die Regionen der Ostukraine, die enge sprachliche und wirtschaftliche Bindungen an Russland haben und Janukowitschs Machtbasis bildeten, wollen von dem neuen Regime in Kiew nichts wissen. Sie lehnen die Abschaffung von Russisch als zweiter Amtssprache und die Austeritätsmaßnahmen, die von der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfond gefordert werden, ab. Diese Fragen waren der Treibstoff für die pro-russischen Proteste von Tausenden von Menschen in Donezk, Charkow und Lugansk, wie die wenigen Berichte amerikanischer Medien aus der Region zugeben mussten.

“Im Unterschied zu der pro-europäischen Protestbewegung in Kiew hat das Aufbegehren in Donezk bisher wenig Unterstützung in den Mittelschichten gefunden und scheint von Rentnern, die sich nostalgisch an die Sowjetunion erinnern, und von zornigen, oft betrunkenen jungen Männern getragen zu sein… Jede Unterdrückung, die zu Blutvergießen führt, würde die Unterstützung für die Proteste in der hauptsächlich russisch sprechenden Region vermutlich stark zunehmen lassen, in der es nur wenig Sympathie für die Führer in Kiew gibt,“ schrieben Journalisten der New York Times aus Donezk.

In der Ukraine-Krise sind Washington und seine EU-Verbündeten die Aggressoren. Sie drohen mit Wirtschaftssanktionen gegen Russland und mit innenpolitischer Unterdrückung, die zu einem blutigen ethnischen Krieg gegen Russen in der Ukraine führen und Russland selbst mit hineinziehen könnte. Damit signalisieren sie, dass sie vor nichts Halt machen werden, um ihre wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen in der Region durchzusetzen, nicht einmal vor der Gefahr eines globalen Kriegs.

Diese Tatsache anzuerkennen, bedeutet in keiner Weise, das Regime des russischen Präsidenten Wladimir Putin oder die Perspektive einer ethnischen Teilung der Ukraine zu unterstützen. Das Putin-Regime stützt sich ebenfalls auf Oligarchen-Gangster, die sich in der Ukraine an die Spitze gesetzt haben, nachdem sie sich bei der Auflösung der Sowjetunion und der Restauration des Kapitalismus am Staatseigentum bereichert hatten.

Weil diese Schicht der Arbeiterklasse feindselig gegenübersteht, kann sie nicht an die einzige gesellschaftliche Kraft appellieren, die entschieden gegen Krieg ist und die Politik der Eskalation der imperialistischen Mächte in der Ukraine stoppen kann: die Arbeiterklasse in der ehemaligen UdSSR, Europa und den Vereinigten Staaten.

Sie verteidigt ihre Interessen in der Ukraine gegen die Provokationen des Westens, indem sie russischen Nationalismus schürt und den Preis für russisches Erdgas erhöht. Das wird die Arbeiterklasse noch weiter verarmen lassen und ethnische Spaltungen hervorrufen.

Die amerikanische herrschende Klasse kann sich darauf verlassen, dass die korrupten und gefügigen Medien ihre Lügen verbreiten und ihre kriminelle Außenpolitik propagieren. Gerade versuchen einflussreiche Zeitungen, Seymour Hershs neueste Enthüllungen totzuschweigen, dass die Behauptungen, die syrische Regierung habe Chemiewaffen eingesetzt, frei erfunden waren; im gleichen Atemzug setzen sie bereits reißerische Geschichten über Satellitenaufnahmen in die Welt, wonach 40.000 russische Soldaten an der Grenze zur Ukraine aufmarschiert seien.

Für diese Vorwürfe gegen Russland gibt es keinerlei Belege. Der Kreml streitet sie ab, und die Nato weigert sich, selbst die kommerziellen Satellitenphotos zu veröffentlichen, die sich angeblich in ihrem Besitz befinden. CNN-Reporter Phil Black, der die russisch-ukrainische Grenze bereist hat, veröffentlichte einen Video-Bericht, dass sein Team „keine Spur der russischen Armee entdecken konnte“.

Die amerikanische Bevölkerung hat jedes Recht, daraus zu schließen, dass Berichte über eine bevorstehende russische Invasion der Ukraine ein Haufen Lügen sind,- wie alle Vorwände, mit denen sämtliche unpopulären Kriege des US-Imperialismus im letzten Jahrzehnt gerechtfertigt wurden.

Der endlose Strom von Lügen und Provokationen ist kein Zeichen politischer Stärke, sondern einer tiefen Krise des Imperialismus. Insoweit Arbeiter in den Vereinigten Staaten und Europa sehen, was vor sich geht, lehnen sie das völlig ab. Diese Opposition muss mobilisiert werden und einen bewussten politischen Ausdruck erhalten. Sie muss die Form einer internationalen Bewegung der Arbeiterklasse gegen den Imperialismus, seine politischen Vertreter und gegen das kapitalistische System insgesamt annehmen.

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