Mit dem Referendum auf der Krim vom Sonntag wurde deren Lostrennung von der Ukraine und Rückkehr in die Russische Föderation besiegelt. Seither führen amerikanische Vertreter und Medien eine ohrenbetäubende Propagandakampagne.
Sie geben vor, die Sache des Weltfriedens zu verteidigen, und präsentieren sich als Anwalt der kleinen Länder und des internationalen Rechts gegen russische Ansprüche. In dieser Kampagne ist keine Lüge zu absurd, um das ukrainische Regimes zu rechtfertigen, das aus dem von Faschisten geführten Putsch vom vergangenen Monat hervorgegangen ist.
Gestern verurteilte Präsident Obama die Annektierung der Krim und kündigte neue Sanktionen gegen Russland an. „Im 21. Jahrhundert müssen grundlegende Prinzipien zwischen den Regierungen der Welt beibehalten werden“, verkündete Obama, wie z.B. „die Vorstellung, dass Länder nicht einfach Grenzen neu ziehen können, nur weil sie größer oder mächtiger sind.“
Ähnlich argumentiert die Washington Post: “Putins Behauptung, Russland müsse bei der politischen Orientierung seiner Nachbarn ein Wort mitreden dürfen, z.B. in der Frage, ob sie einem Bündnis wie der Europäischen Union oder der Nato beitreten, ist völlig unakzeptabel.“
Wer soll einen solchen Unsinn glauben? Die amerikanische Außenpolitik folgt höchstens einem einzigen Prinzip: Ihrem Anspruch auf das unantastbare Recht, die politische Orientierung ihrer unglücklichen „Nachbarn“ zu bestimmen, ob sie in der westlichen Hemisphäre liegen oder sonst irgendwo auf der Welt.
Bis zurück zur Monroe-Doktrin von 1823 beanspruchen die Vereinigten Staaten die gesamte westliche Hemisphäre als Einflusssphäre, in der sie zu diktieren haben, wie die Beziehungen zu den europäischen Mächten aussehen sollen.
Die Geschichte bluttriefender amerikanischen Interventionen in die inneren Angelegenheiten der Länder Südamerikas, Mittelamerikas, Mexikos und der Karibik würde eine Enzyklopädie mit mehreren Bänden füllen. Ein Auszug aus den räuberischen Feldzügen des US-Imperialismus gegen seine Nachbarn im Süden könnte enthalten: die Überfälle auf Mexiko 1914 und 1917, die militärische Besetzung Haitis und Nicaraguas, den Sturz der Arbenz-Regierung in Guatemala 1954, die Invasion in der Schweinebucht auf Kuba 1961 und die zahllosen Mordanschläge der CIA auf Castro, sowie den Sturz der Allende-Regierung in Chile 1973.
Der damalige Außenminister Henry Kissinger rechtfertigte Washingtons Unterstützung für den Sturz der chilenischen Regierung und die Ermordung von Präsident Salvador Allende mit den zynischen Worten: „Ich sehe nicht ein, warum wir zuschauen sollten, wie ein Land durch die Verantwortungslosigkeit seines Volkes kommunistisch wird. Die Sache ist viel zu wichtig, um die Entscheidung den chilenischen Wählern zu überlassen.“
Aber warum sollen wir tief in der “Vergangenheit” herumwühlen? Allein in den letzten 31 Jahren sind die Vereinigten Staaten in Grenada, Panama und Haiti eingefallen und haben die dortigen Regierungen abgesetzt. Sie haben blutige Aufstände und Aufstandsbekämpfungskampagnen in Nicaragua, El Salvador und Guatemala organisiert. Washington unterstützte 2009 den Sturz der korrekt gewählten Regierung in Honduras. Und seit 2002 arbeiten die USA unaufhörlich daran (inklusive einem gescheiterten Putsch), die Regierung von Venezuela zu stürzen.
Für die Obama-Regierung und die Regierung Merkel in Deutschland kann es keine Überraschung gewesen sein, dass Russland auf die Schaffung eines ihm feindlich gesonnenen Marionettenregimes an seiner Grenze reagierte. Und auch wenn sie vielleicht von der Entschlossenheit Putins überrascht waren, die Kontrolle über die Krim zu behalten, so sehen sie dennoch die jüngste Entwicklung nicht nur als rein negativ.
Wie neuere Erklärungen amerikanischer und europäischer Politiker und Äußerungen bekannter Kommentatoren deutlich machen, bieten Putins defensive Aktionen die Gelegenheit, einer militaristischen Agenda neuen Glanz zu verleihen, die gegenwärtig in der breiten Bevölkerung auf Ablehnung stößt.
Seit dem ersten Golfkrieg 1990–1991 führen die Vereinigten Staaten ununterbrochen Krieg. Gestützt auf ein marxistisches Verständnis der Widersprüche des US- und des Weltimperialismus analysiert David North die Militärinterventionen und geopolitischen Krisen der letzten 30 Jahre.
Die Wirkung des 11. September und des “Kriegs gegen den Terror“ hat nachgelassen, und die Lügen über Massenvernichtungswaffen im Irak, mit denen die Invasion des Irak begründet wurde, haben den Krieg in der Arbeiterklasse diskreditiert. Die imperialistischen Mächte mussten letztes Jahr im September anerkennen, dass sie nicht gegen Syrien losschlagen konnten, hauptsächlich weil die breite Bevölkerung Krieg rundheraus ablehnt.
Angesichts der breiten Anti-Kriegsstimmung in der Arbeiterklasse und der Beschränkung, die das ihrer Außenpolitik auferlegt, versuchen die imperialistischen Strategen und ihre Helfer in den Medien die Krise, die sie in der Ukraine provoziert haben, zu nutzen, um in ihrem Sinne auf die öffentliche Meinung einzuwirken.
In diese Richtung ging der Kommentar des Kolumnisten E. J. Dionne in der Washington Post vom Mittwoch unter dem Titel: „Können Putins Machtspiele auf der Krim uns zusammenbringen?“ In diesem Artikel fragt sich Dionne, wie eine „kriegsmüde Öffentlichkeit erweckt und wieder begeistert werden kann“. Er ärgert sich über Statistiken, die zeigen, dass 71 Prozent der Amerikaner der Ansicht sind, dass die Vereinigten Staaten sich nicht zu sehr in der Ukraine einmischen sollten, und nur 44 Prozent dem zustimmen.
Er schreibt: “Wir müssen Putin entgegentreten, aber das erfordert einen neuen außenpolitischen Konsens, der sich zur Zeit verflüchtigt hat. Ein neuer Konsens muss sich auf Prinzipien stützen, die auf die Zeit vor dem Irak-Engagement zurückgehen und einen überlegteren Einsatz amerikanischer Macht beinhalten. Daher das Paradox: Putin hat Obama die Chance gegeben, einen neuen Konsens herbeizuführen. Der Präsident muss sich nur entschließen, es auch zu versuchen. Und seine Kritiker müssen bereit sein, ihm dabei zu helfen.“
Der Zweck der gegenwärtigen Propaganda ist also die Schaffung einer neuen Übereinkunft für Krieg, als ob das schon ausreichen würde, die Erinnerung an die Lügen über Irak und Afghanistan aus dem öffentlichen Bewusstsein zu tilgen.