Der Kreml führte am Mittwoch umfangreiche Militärübungen entlang der ukrainischen Grenze durch, während die Spannungen mit dem vom Westen unterstützten Regime zunehmen, das am Samstag durch einen faschistischen Staatsstreich die Macht in der Ukraine an sich gerissen hat.
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu erklärte bei der Ankündigung der Militärübungen: "Gemäß einem Befehl des Präsidenten der Russischen Föderation wurden die Streitkräfte des westlichen Militärbezirks um zwei Uhr Nachmittags in Alarmbereitschaft versetzt.
Die militärische Alarmbereitschaft wurde als "überraschender umfassender Test der Fähigkeit zur Zusammenarbeit" der Streitkräfte in den westlichen und zentralen Militärdistrikten und der Luftwaffenführung angekündigt. Angeblich nahmen daran etwa 150.000 Soldaten, 90 Kampfflugzeuge, 120 Kampfhubschrauber, 880 Panzer und 90 Schiffe teil.
Schoigu behauptete zwar, die Mobilisierung habe nichts mit den Ereignissen in Kiew zu tun, wies jedoch darauf hin, dass die Manöver "an der Grenze zu mehreren Ländern" stattfinden, "unter anderem an der zur Ukraine." Der Alarm wurde allgemein als erste öffentliche Reaktion des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf die Krise in der Ukraine dargestellt. Putin war bisher bei den Olympischen Spielen in Sotschi und äußerte sich nicht dazu.
Schoigu fügte hinzu, dass Moskau die Lage auf der Krim "wachsam beobachte". Die Krim ist eine mehrheitlich von Russen bewohnte Region der Ukraine, auf der auch der wichtige russische Marinestützpunkt Sewastopol liegt.
In der Regionalhauptstadt der Krim, Simferopol, versammelten sich am Mittwoch tausende von Demonstranten für und gegen das neue ukrainische Regime. Es kam zu Zusammenstößen zwischen russischen Gegnern des Kiewer Regimes, darunter vielen Kosaken, und Tataren, die auf der Seite des vom Westen unterstützten Regimes stehen. Dabei wurde ein Teilnehmer getötet und mehrere verwundet. Die russischen Demonstranten forderten ein Referendum über die Sezession, was die tatarischen Demonstranten heftigst ablehnten.
Diese Zusammenstöße zeigen, dass die Unterstützung, die Washington und die Europäische Union rechten und faschistischen Gruppierungen in Kiew leichtfertig geleistet haben, die Ukraine an den Rand eines Bürgerkriegs bringen und die Gefahr bergen, zu einem direkten Zusammenstoß zwischen Russland und der Nato auszuarten.
Seit der von Russland unterstützte ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch am Samstag durch einen Staatsstreich gestürzt wurde, sind die Spannungen eskaliert. Das Kiewer Regime erkannte der russischen Sprache den Status als Amtssprache ab. Auf der Krim und in mehreren südlichen und östlichen Provinzen erklärten Regierungsvertreter, sie würden die Autorität des neuen Regimes nicht anerkennen.
Vor allem die Konflikte um die Krim eskalieren. Am Dienstag berief der vom Westen unterstützte Übergangspräsident in Kiew, Olexander Turtschinow, eine Krisensitzung ein. Es wurde diskutiert, "keine Anzeichen für Separatismus und Bedrohung der territorialen Integrität der Ukraine [d.h., Ereignisse wie auf der Krim] zu dulden und die Verantwortlichen dafür zu bestrafen."
Rechtsextreme Gruppen, die das neue Regime in Kiew unterstützen, drohten mit der Entsendung von "Freundschaftszügen", d.h. Banden von bewaffneten Schlägern, um Sewastopol einzunehmen. Beamte bauen Kontrollpunkte und Selbstverteidigungsmilizen auf, um die Stadt gegen einen Angriff zu verteidigen. Ein Anzeichen für den reaktionären Charakter auch der pro-russischen Kräfte war, dass der Bürgermeister von Sewastopol, Alexei Tschali die Mitglieder der verhassten Bereitschaftspolizei Berkut, die von den Behörden in Kiew aufgelöst wurde, lobte und einlud, nach Sewastopol zu kommen, um bei der Verteidigung der Stadt zu helfen.
Anonyme russische Sicherheitsbeamte sagten der Financial Times am Mittwoch, es sei zwar nicht ihr Ziel, die Ukraine aufzuteilen, sie würden sich jedoch "gezwungen sehen“, die Krim militärisch zu unterstützen, wenn sie beschließen sollte, sie vom Rest der Ukraine abzuspalten.
Vertreter des Westens, die angeblich erhitzte Telefonate mit russischen Militärbehörden geführt haben, deuteten Widerstand an. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen nannte die Ukraine einen engen Partner und erklärte, er nehme an, dass "alle Staaten die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität der Ukraine respektieren, und wir haben das allen klargemacht, die es betreffen könnte."
US-Außenminister John Kerry sprach am Donnerstagabend in einem Interview auf NBC News eine kaum verhohlene Drohung aus. Er warnte nicht nur vor einem Einsatz militärischer Gewalt durch Moskau, sondern auch, dass der Imperialismus für das Putin-Regime das gleiche Schicksal vorbereite, das jetzt die Regierung von Wiktor Janukowitsch in der Ukraine ereilt hat.
"Die Geschwindigkeit, in der er [der Putsch in der Ukraine] sich entwickelt hat, sollte Russland eine Warnung sein," erklärte Kerry. "Russland muss sich sehr gut überlegen, was es jetzt tut..."
Diese Ereignisse zeigen nicht nur die völlige Kriminalität und Rücksichtslosigkeit der imperialistischen Politik, sondern auch die katastrophalen politischen und geostrategischen Auswirkungen der Auflösung der UdSSR durch die stalinistische Bürokratie. Die Wiedereinführung des Kapitalismus in der UdSSR hat zu einem schockierenden Niveau von sozialer Ungleichheit geführt. Die 50 reichsten Oligarchen der Ukraine besitzen zusammen 112,7 Milliarden Dollar, oder zwei Drittel des Bruttoinlandsproduktes der Ukraine. Sie hat in allen ehemaligen Sowjetrepubliken verheerende regionale und ethnische Spannungen verursacht.
Die soziale Grundlage der bestehenden Regimes ist so schmal, dass alle diese Länder anfällig für Subversion durch die imperialistischen Mächte sind, die mit eindeutig faschistischen Gruppen zusammenarbeiten. Angesichts der Tatsache, dass die imperialistischen Mächte eine rücksichtslose Kampagne verfolgen, um Russland zu isolieren und zu zerstückeln, besteht die direkte Gefahr, dass sich aus den ethnischen und regionalen Spannungen, die diese Mächte schüren, ein Krieg entwickelt.
Die Haltung der pro-russischen Fraktionen, die sich auf die Seite Moskaus stellen, um ihre Posten zu behalten, indem sie einen Konflikt schüren, der einen Weltkrieg mit der Nato auslösen könnte, ist bankrott und reaktionär. Der einzige Ausweg ist der Kampf für die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen den Imperialismus, seine faschistischen Helfer und die korrupten Regimes, die mit der Wiedereinführung des Kapitalismus in der UdSSR geschaffen wurden.
Die Hauptsorge des Regimes in Kiew, das gestern sein Kabinett vorgestellt hat, und seiner faschistischen Unterstützer ist es, wie die Bevölkerung reagieren wird. Das Regime weiß genau, dass es von den imperialistischen Mächten die Aufgabe bekommen hat, die Schulden der Ukraine an die großen Banken zu begleichen und den Reichtum der ukrainischen Oligarchen zu schützen, indem sie verhasste Sparmaßnahmen gegen die Bevölkerung durchsetzen, darunter tiefe Kürzungen der staatlichen Energiesubventionen.
Daher stellte es die neuen Minister in einer bizarren Zeremonie nur ein paar tausend rechtsextremen Demonstranten auf dem Kiewer Unabhängigkeitsplatz vor. Es rief sie auf, ihre Zustimmung zu den verschiedenen Ministern lautstark zu äußern.
Arseni Jazenjuk, den Vertreter der USA vor dem Putsch wegen seiner engen Beziehungen zu der Oligarchin Julia Timoschenko als bevorzugten Führer ausgedeutet hatten, wurde zum Premierminister ernannt.
Er erklärte: "Da die Vorgängerregierung und der letzte Präsident so korrupt waren, dass das Land in großen finanziellen Schwierigkeiten steckt, müssen wir äußerst unpopuläre Maßnahmen treffen. Wir stehen am Rande der Katastrophe, und diese Regierung ist nur etwas für politische Selbstmörder! Darum heiße ich Sie in der Hölle willkommen."
Solche Bemerkungen zeigen, dass der Staatsstreich in Kiew nichts mit Demokratie zu tun hatte, wie die westlichen Medien zynisch behaupten, sondern ein offener Versuch ist, eine Diktatur aufzubauen, um die finanziellen und strategischen Interessen des westlichen Imperialismus zu verteidigen.
Zu den anderen Ministern, die vorgestellt wurden wurden, gehörte Andri Parubi, der zum Sekretär des Sicherheits- und Verteidigungsrates ernannt wurde. Als Koordinator für die Sicherheit der Demonstranten auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew ist er ein politischer Partner von Oleg Tjangibok, dem Führer der faschistischen, gewalttätigen und antisemitischen Partei Swoboda, mit dem gemeinsam er in den 1990ern, kurz nach dem Zusammenbruch der UdSSR, die Sozial-Nationalistische Partei gegründet hatte.