The Monuments Men: In fast jeder Beziehung ein Film des Establishments

Regie: George Clooney; Drehbuch: Clooney & Grant Heslov

George Clooneys Film The Monuments Men – Ungewöhnliche Helden erzählt die Geschichte eines Trupps von Kunstexperten in Diensten des amerikanischen und alliierten Militärs, die am Ende des Zweiten Weltkriegs versuchen, von den Nazis gestohlene Kunstwerke zu retten.

Der Film basiert lose auf Robert M. Edsels Buch The Monuments Men: Allied Heroes, Nazi Thieves, and the Greatest Treasure Hunt in History (2009)[dt. The Monuments Men: Auf der Jagd nach Hitlers Raubkunst (2013)]. Edsel war 2006 bereits Koproduzent der Dokumentation The Rape of Europa [Die Plünderung Europas] (unter der Regie von Richard Berge, Bonni Cohen und Nicole Newnham), einem wichtigen Werk, das den Kunstraub der Nazis in den von Deutschland okkupierten Ländern erkundet.

Die Arbeiten für The Monuments Men realisierte Clooney gemeinsam mit seinem langjährigen Kollegen Grant Heslov, von dem das Drehbuch stammt. Heslov war Mitproduzent des Films Good Night, and Good Luck (2004), bei dem Clooney Regie führte und der von der Konfrontation des Fernsehjournalisten Edward R. Murrow mit dem Hexenjäger Senator Joseph McCarthy handelt. Heslov war außerdem Regisseur von Männer, die auf Ziegen starren (2009), bei dem Clooney mitwirkte; der Film erzählt von der Erforschung psychischer Mächte durch die amerikanische Armee; und Heslov war am Drehbuch für Clooneys The Ides of March – Tage des Verrats (2011) beteiligt, bei dem es um schmutzige Politik in einer Präsidentenwahl geht.

Der Gegenstand von Clooneys Arbeit ist lobenswert und faszinierend. Indessen behandelt The Monuments Men – trotz vereinzelt bewegender und ansprechender Momente – die höchst dramatischen historischen Ereignisse bemerkenswert undramatisch. Der Streifen ist überwiegend flach und teilnahmslos.

Die Handlung setzt am Ende des Krieges ein. Mit der Genehmigung von Präsident Franklin Roosevelt steckt der Kunsthistoriker Frank Stokes (Clooney) eine kleine Gruppe von Kunstexperten in Uniformen, um in die europäischen Kriegszonen zu gelangen und Meisterwerke zu sichern, die Hitler für sein geplantes Führer-Museum in Deutschland geraubt hatte.

Stokes Mannschaft gehören der Kunstrestaurateur James Granger (Matt Damon), der Architekt Richard Campbell (Bill Murray), der Bildhauer Walter Garfield (John Goodman), der französische Kunsthändler Jean Claude Clermont (Jean Dujardin), der Kunsthistoriker Preston Savitz (Bob Balaban) und der britische Kunstexperte Donald Jeffries (Hugh Bonneville) an. Entscheidende Unterstützung erhält das Team der Kunstschutzoffiziere von Sam Epstein (Dimitri Leonidas), einem jungen deutschen Juden, der ihr Fahrer und Übersetzer ist.

Als die Bomben der Alliierten historische Gebäude in Deutschland, Italien und Frankreich dem Erdboden gleichmachen, liefert Stokes die Rechtfertigung für seine Mission, indem er die Frage stellt: „Wer wird sicherstellen, dass die Skulptur des David [Michelangelo] weiterhin steht und dass Mona Lisa [Leonardo da Vinci] weiter lächelt?“ Nur wenige Kunstwerke sind tatsächlich auf der Leinwand zu sehen, doch der Film konzentriert sich auf die Jagd von Stokes Team, das Bestandteil des MFAA-Programms (Monuments, Fine Arts and Archives = Denkmäler, Kunstwerke und Archive) ist, nach zwei besonderen Werken: Michelangelos Marmorskulptur Brügger Madonna (1501-1504) und dem zwölfteiligen Genter Altar (1432) der flämischen Meister Hubert und Jan van Eyck.

Während die Kunstschutzoffiziere ihre Jagd per Jeep quer durch Westeuropa unternehmen, lernt Granger in Paris Claire Simone (Cate Blanchett) kennen, eine französische Kämpferin der Résistance, die in der Galerie nationale du Jeu de Paume arbeitet und akribisch Buch über Bewegungen und Verbleib der Kulturobjekte führte, die die Nazis jüdischen Besitzern und Museen raubten. Zunächst verdächtigt Claire die Amerikaner, dass sie die wiedergefundenen Kunstwerke selbst konfiszieren wollen. Nachdem Granger sie überzeugt, dass die Objekte ihren rechtmäßigen Besitzern zurückerstattet würden, übergibt Claire ihm das Verzeichnis der minutiös zusammengestellten Kunstbeute der Nazis. Es stellt sich heraus, dass die Deutschen viel von dem Kunstraubgut tief in Salz-, Kupfer- und weiteren Bergwerken verstauten, die manchmal mit Sprengfallen versehen wurden.

Auf die im Film häufig gestellte Frage “Ist Kunst wichtiger als menschliches Leben?“ antwortet The Monuments Men im Geiste des Buches: „Letzten Endes erzählt die Geschichte der Nazi-Plünderungen nicht nur von ihren Raubzügen nach den Schätzen der Völker und den historischen und kulturellen Meilensteinen der Menschheit. Vor allem anderen beraubten die Nazis Familien ihrer Existenzgrundlage, ihrer Möglichkeiten, ihrer Erbstücke, ihrer Erinnerungen, der Dinge, mit denen sie sich identifizierten und die sie als Menschen definierten.“

Es ist denkbar, dass Clooney und Heslov den Versuch unternahmen, eine durchdachtere und erwachsenere Alternative zum aktuellen Standardprodukt aus den Hollywoodstudios anzubieten: etwas anderes als leere, aufgebauschte Handlung oder Animationssuperheldenstreifen, überladen mit Spezialeffekten und computererzeugter Bilderwut. So weit, so gut…

Clooney und Heslov nehmen sich beachtliche und wohl unvermeidliche Freiheiten bei der Fiktionalisierung der immensen Arbeit der Kunstschutzoffiziere. Der von Clooney verkörperte Stokes basiert auf dem wirklichen Führer der Gruppe, George L. Stout (1897-1978), der später Kurator des Fogg Museum in Boston, des Worcester Art Museum und des Isabella Stewart Gardner Museum in Boston wurde. Der von Damon gespielte Granger steht für James Rorimer (1905-1966), der schließlich Direktor des Metropolitan Museum of Art in New York City wurde, und die von Blanchett gespielte Figur fand ihre Anregung in der bemerkenswerten Rose Valland (1898-1980), einer französischen Kunsthistorikerin und Angehörigen der gegen die Nazis kämpfenden Résistance, die während der deutschen Besatzung Frankreichs Aufseherin in der Pariser Galerie nationale du Jeu de Paume war.

Die Deutschen stellten ein Spezialkommando zusammen, den Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR), um ihren Kunstraub abzutransportieren und nutzten das Jeu de Paume als zentrale Transport- und Sortierstation. Valland führte heimlich Buch über die mehr als 20.000 Kunstobjekte, die in das Museum gebracht wurden. Im Jahr 1943 blieb ihr nichts anderes übrig, als die grauenvolle Zerstörung moderner „entarteter“ Kunstwerke im Museum mit anzusehen, die, wie von ihr dokumentiert, den Flammen übergeben wurden. Darunter waren Werke von Pablo Picasso, Francis Picabia, Roger de La Fresnaye, Paul Klee, Joan Miró, Max Ernst, Jean Arp, Salvador Dalí und Fernand Léger.

Etwa 350 Männer und Frauen aus dreizehn Ländern versahen ihren Dienst in der MFAA und kämpften um die Rückgabe von Kunstwerken, die im „größten Raub in der Geschichte“ gestohlen wurden, wie Edsel schreibt. Keine „Geschichtsepoche hat so kostbare Ruinen produziert“, bemerkt er außerdem. Während ihrer Besetzung Europas haben Hitler und die Nazis mehr als fünf Millionen Kulturobjekte gestohlen und ins Dritte Reich verfrachtet.

Die interessantesten Sequenzen von The Monuments Men, die die höchste (besser: einzige) dramatische Spannung beinhalten, sind jene, in denen die deutschen Operationen geschildert werden oder diese beinhalten. In einer von ihnen sehen wir den vulgären Reichsmarschall Hermann Göring (Udo Kroschwald), wie er im Jeu de Paume eintrifft und sich zum Schrecken der französischen Museumsangestellten hastig und in brutaler Weise Stücke für seine eigene Privatsammlung herausgreift. In einer anderen Szene stolpern zwei der Kunstschutzoffiziere eher zufällig über gestohlene Gemälde französischer Impressionisten, die an den Wänden im Landhaus eines ehemaligen hochrangigen Offiziers hängen. Dieser behauptet, sie seien Reproduktionen, doch ein Kunstexperte, der zum Mittagessen eingeladen wird, erkennt sie als Gemälde wieder, die der berühmten Rothschild-Sammlung entwendet wurden.

Doch denkbar Vieles in diesem Clooney-Heslov-Streifen ist schwach und abstumpfend gemacht: ein Running Gag über Grangers schlechtes Französisch beispielsweise und die deplatzierte Dümmlichkeit von Murray und Goodman, die nichts weiter tun, als grundlos zu erscheinen und sich selbst zu spielen. Noch um Einiges dümmer ist Claires plötzliche Verwandlung aus einer zurückhaltenden, zugeknöpften und bebrillten Museumskuratorin in eine Femme fatale, die versucht, Granger aus Anlass des „Pariser Frühlings“ zu verführen. Wenn nichts mehr geht, oder vielmehr bevor es überhaupt soweit ist, greift The Monuments Men tief in die Mottenkiste mit den endlos vielen Klischees.

Die übermäßig dunkle Kameraführung sowie eine schlaffe, vorhersagbare Filmmusik helfen nicht weiter. Insbesondere letztere scheint die intellektuelle Bequemlichkeit und die angepassten Ideen über Amerika, den Krieg und die Roosevelt-Regierung auszudrücken, die der Film transportiert. Clooney und Heslov fehlt das umfassende und notwendige Verständnis von Geschichte, mit dem unvermeidlich sozialkritische Schlussfolgerungen für die heutige Zeit verbunden wären. Deshalb sind sie nicht in der Lage, ein eindringliches und stringentes Werk zu erschaffen. Der Film ist aus Dutzenden von Fragmenten zusammengesetzt, die sich einfach weigern, einen Zusammenhang zu bilden. Warum sollten wir, zum Beispiel, auf ein Stichwort hin über die Zärtlichkeit von Bill Murray bewegt sein, die dieser seiner Familie entgegenbringt, wenn wir nichts über diesen Mann erfahren haben?

Leider kann man nicht einen einzigen Moment in The Monuments Men benennen, der sich der gängigen Meinung entgegenstellen würde oder gar überraschend käme. All dies entspricht dem Zustand, in dem sich der offizielle Hollywoodliberalismus gegenwärtig befindet.

Die Filmmacher haben sich offenkundig dem angepasst, was sie für ein gängiges Vorurteil gegen alles halten, das schwierig oder komplex ist. Sie widmeten einer Gruppe von weltberühmten Kunstexperten einen Film (in dem ihnen die Hauptrollen zufallen), der erstaunlicherweise nicht in einer einzigen Szene auf künstlerische Probleme oder Kontroversen tiefer eingeht.

John Frankenheimers Schwarzweißstreifen Der Zug (1964) behandelt ähnliches historisches Material, doch auf weit dynamischere Art und Weise. Frankenheimer lässt in seinem Werk den französischen Résistance-Kämpfer Burt Lancaster gegen den kunstbesessenen Nazi-Offizier Paul Scofiel antreten, der versucht, einen Zug voller gestohlener Kunstgegenstände nach Deutschland zu bringen. Der Zug demonstriert einige der dramatischen Möglichkeiten, auf die wir im Clooney-Heslov-Schinken so vergeblich warten.

Und es wird noch ärger: während The Monuments Men gemächlich seinem Ende entgegenplätschert, verwandelt der Film sich gewissermaßen in ein Propagandastück aus dem Kalten Krieg und die Erzählung passt sich der Linie der amerikanischen Nachkriegsaußenpolitik an. Die heroischen Amerikaner beeilen sich, Kunstwerke aufzufinden, bevor die sowjetische Armee in diejenigen Sektoren Deutschlands eindringt, die den Sowjets zugesprochen wurden. Zur Verhöhnung der Russen lässt der Trupp eine gigantische US-Flagge zurück. Auf seine eigene unerfreuliche Weise leistet The Monuments Men einen Beitrag zu Washingtons aktueller Kampagne gegen Russland.

Zweifellos haben Stout, Rorimer und die anderen eine mutige Rolle in ihrem Bemühen gespielt, die Kunstwerke zu beschützen. Doch die Zeiten haben sich gewandelt in Amerika. Es sollte nicht vergessen werden, dass während der Invasion des Iraks im Jahr 2003 die amerikanische herrschende Elite die Plünderung der Museen und Bibliotheken dieses Landes erlaubte und ermutigte. Unter dem wachsamen Auge des US-Militärs wurden dem Nationalmuseum in Bagdad, der größten Schatzsammlung archäologischer und historischer Artefakte im Nahen Osten, über 50.000 unersetzbare Artefakte und Relikte vergangener Zivilisationen geraubt, die vor 5.000 Jahren existierten. Ist diese Kunde zu jemandem in Hollywood durchgedrungen?

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