Opel-Bochum: Die Arbeitsplätze können nur im Kampf gegen Betriebsrat, IG Metall und Linkspartei verteidigt werden

Mehr als fünf Wochen sind vergangen, seit der Opel-Vorstand die Stilllegung des Bochumer Werks bekannt gab. Obwohl erstmals seit der Gründung der Bundesrepublik ein ganzes Autowerk geschlossen wird und die verheerenden Auswirkungen auf die ganze Region bekannt sind, unternehmen IG Metall und Betriebsräte nichts, um die Arbeitsplätze zu verteidigen. Stattdessen beschwichtigen sie und verbreiten Lügen über angebliche Ersatzarbeitsplätze im Rahmen des Unternehmens oder durch die Neuansiedlung von Firmen.

Sie tun alles, um einen ernsthaften Kampf zur Verteidigung aller Arbeitsplätze zu verhindern. Sie haben Angst, dass ein Kampf gegen die Schließung von Opel Bochum von den Autoarbeitern an andern Standorten unterstützt wird und sich zu einem europaweiten Flächenbrand ausweitet. Denn auch bei PSA Peugeot Citroën, Renault, Ford, Fiat und MAN stehen Massenentlassungen und bei BMW und Daimler massive Sparprogramme an. Dazu kommt der Personalabbau in zahlreichen anderen Bereichen: Mehrere Tausend bei Thyssen-Krupp, 14.000 bei Eon, 6.000 bei der Commerzbank, 1.200 bei Telekom, 900 bei Air Berlin, um nur einige Fälle zu nennen.

In den Bochumer Opelwerken wächst der Unmut. Die Behauptung des Betriebsrats, durch Nachgiebigkeit und Kompromissbereitschaft könne das Schlimmste verhindert werden, stößt auf wachsenden Widerstand. Stellungsnahmen von Arbeitern im Opel-Forum machen das deutlich.

Am 16. Januar schrieb ein Opelaner unter dem Namen „Observer“: „Ich verstehe diese Ruhe in Bochum nicht. Seid ihr alle hypnotisiert, wie das Kaninchen vor der Flinte? Wollt ihr das bis 2016 aussitzen? Oder wartet ihr auf die Wunder, die von Betriebsrat, IGM und Politik suggeriert werden?“

Ein „Ex-IGM-ler“ fügt hinzu: „Sollte nicht ganz Europa brennen, wenn man die Schließung des Bochumer Werkes ankündigt? Wollte man nicht sofort die Arbeit niederlegen? Wollte man nicht kämpfen, dass ganz GM erzittert? Hat Einenkel nicht einen erbitterten Kampf angekündigt?“

Am 17. Januar kommentierte Forums-Mitglied „Rohbau Bo“: „Mensch, was wurden wir hingehalten, könnte mich voll übergeben, über 30 freigestellte Betriebsräte – oh Mann oh Mann… nur Schlagworte und Sprechblasen... Hinhaltetaktik ohne Ende...“

Angesichts dieser wachsenden Opposition schaltet sich nun die Linkspartei verstärkt bei Opel ein, um dem Betriebsrat und der IG Metall den Rücken zu stärken. Sie fordert die Arbeiter auf, gemeinsam mit dem Management die Bundesregierung um Unterstützung zu bitten.

Schon Mitte Dezember hatte die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen im Bundestag Merkel aufgefordert: „Frau Bundeskanzlerin, machen Sie Opel zur Chefsache!“ Die Bundesregierung müsse „gemeinsam mit den Beschäftigten und dem Management nach Alternativen zur Schließung suchen“.

Statt gegen die Regierung Merkel zu kämpfen, die in ganz Europa ein brutales Spardiktat durchsetzt, fordert die Linkspartei eine engere Zusammenarbeit mit der Regierung. Sie vertritt eine völlig nationalistische und zutiefst reaktionäre Politik.

Am Montag will die Linkspartei diesen Bittgang zum Kanzleramt durch eine groß angelegte Protestkampagne ergänzen. Die 50-Jahr-Feier des Unternehmens, die im Dezember wegen erwarteter Belegschaftsproteste auf März verschoben wurde, soll nun zum Auftakt für „eine breite und bunte Kampagne der Solidarität“ gemacht werden. Vielfältige Aktionen und Happenings sind geplant.

Wie schon während der Zechen- und Stahlwerk-Schließungen sollen wieder schwarze Särge und schwarze Fahnen durch die Ruhrgebietsstädte getragen werden. Trauer- und Bittgottesdienste sollen ebenso stattfinden, wie Kinder- und Familienfeste unter dem Motto „Mein Papa ist arbeitslos“. Dazu werden medienwirksame Veranstaltungen geplant mit Informationen über das Ausmaß der sozialen Krise und wachsenden Armut im Ruhrgebiet.

Bei all dem wird kein Wort darüber verloren, dass SPD und Gewerkschaften im Bund, im Land und in den Kommunen eine Politik machen, die diese Armut erst geschaffen hat, und das immer häufiger mit der direkten Unterstützung der Linkspartei.

Die ganze großangelegte Kampagne hat nur ein einzige Ziel: Sie soll davon ablenken und verschleiern, dass die IG Metall und die Betriebsräte nicht bereit sind, gegen die Werksschließung zu kämpfen.

Betriebsratschef Rainer Einenkel unterhält enge Verbindungen zur Linkspartei. Er war schon als Jugendlicher in der stalinistischen SDAJ und später in der DKP. Als er Anfang 2005 Vorsitzender des Betriebsrates wurde, arbeiteten noch über 10.000 Menschen im Bochumer Werk. Er sorgte dafür, dass der massive Arbeitsplatzabbau und die Senkung der Löhne ohne großen Widerstand stattfand.

Jahrelang wehrte er einen Arbeitskampf mit der Begründung ab, man dürfe nicht zu früh kämpfen, müsse den richtigen Zeitpunkt abwarten und bis dahin „sein Pulver trocken halten“. Jetzt erklärt er, es sei zu spät, ein Arbeitskampf würde die Werksschließung höchstens beschleunigen, man müsse nun in Verhandlungen versuchen, neue Unternehmen anzusiedeln, und dabei den „Bestandsschutz“, (d.h. die Löhne und Sozialleistungen) flexibel handhaben. Es gibt für ihn nie einen Zeitpunkt für Widerstand und Kampf und keine Grenze des sozialen Niedergangs.

Grund für diese Haltung ist nicht einfach persönliche Feigheit, die ihm einige wütende Arbeiter vorwerfen, sondern der Klassenstandpunkt der Gewerkschaften. Einenkel sitzt seit vielen Jahren im Aufsichtsrat und hat alle Unternehmensentscheidungen mitgetragen. Er ist ein typischer Vertreter der Sozialpartnerschaft und Mitbestimmung.

Während des Wirtschaftswachstums der Nachkriegszeit war die Mitbestimmung noch mit sozialen Verbesserungen verbunden. Doch mit der Globalisierung der Produktion und der weltweiten kapitalistischen Krise ist dies nicht mehr der Fall. Die Gewerkschaften und Betriebsräte sind zu Co-Managern geworden. Sie verteidigen im globalen Konkurrenzkampf die Unternehmensinteressen – gegen die Arbeiter.

Das ist nicht nur in Deutschland, sondern weltweit der Fall. In den USA hat die Autogewerkschaft UAW Obamas Umstrukturierung der Autoindustrie mit zehntausenden Entlassungen und der Halbierung der Einstiegslöhne unterstützt. Sie wurde dafür mit Aktienanteilen an den großen Autokonzernen belohnt.

Die Linkspartei ist eng mit der korrupten Bürokratie der Gewerkschaften verflochten. Entstanden aus den Resten der SED-Staatspartei, die schon zu DDR-Zeiten jede selbstständige Regung der Arbeiter unterdrückte, setzte sie sich während der Wende für die Einführung der Marktwirtschaft und kapitalistischer Verhältnisse ein. Sie betrachtet die bürokratischen Gewerkschaftsapparate mit ihren vielen Tausend hauptamtlichen Betriebsfunktionären als wichtiges Instrument zur Verteidigung der kapitalistischen Ordnung.

In der Einladung zu ihrer Veranstaltung am Montag schreibt die Linkspartei, sie wolle vor allem über die Frage diskutieren, wie ein „armutspolitisches Sofortprogramm“ für die Menschen im Ruhrgebiet aussehen müsse und wie der Widerstand gegen „eine sich etablierende Armutszone Ruhrgebiet“ verstärkt werden könne.

Arbeiter müssen darauf ihre eigene Antwort geben und dem Bündnis aus Betriebsrat, IG Metall und Linkspartei scharf entgegentreten. Der Kampf gegen Armut erfordert vor allem eines: Die prinzipielle Verteidigung aller Arbeitsplätze, Löhne und Sozialleistungen.

Das Recht auf einen gut bezahlten Arbeitsplatz ist ein elementares und unveräußerliches Grundrecht!

Werksschließungen, Stilllegungen und Lohnsenkungen müssen kompromisslos abgelehnt und verhindert werden. Die Verteidigung der Arbeitsplätze darf weder in Bochum, noch an einem anderen Standort von der Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns abhängig gemacht werden.

Wenn die Co-Manager im Betriebsrat und in der IG Metall oder die Linkspartei behaupten, der Erhalt der Arbeitsplätze sei angesichts der internationalen Wirtschaftskrise nicht möglich, dann sagen sie damit nur, dass die kapitalistische Profitwirtschaft nicht mit den Lebensinteressen und den Bedürfnissen der Bevölkerung in Einklang gebracht werden kann.

Die Arbeitsplätze können nur auf der Grundlage einer politischen Perspektive verteidigt werden, die das Recht auf Arbeit höher stellt als die Profitinteressen der Wirtschaft, das heißt auf der Grundlage einer sozialistischen Perspektive.

Anstatt von der Regierung Merkel Unterstützung und Almosen zu erbetteln, ist es notwendig, die Verteidigung der Arbeitsplätze bei Opel Bochum zum Ausgangspunkt für ein breite politische Bewegung der Arbeiterklasse zu machen, um die Bundesregierung zu stürzen. Das ist der erste Schritt im Kampf eine Arbeiterregierung, die die großen Konzerne und Banken enteignet und unter demokratische Kontrolle stellt.

Gegen die Machenschaften der Betriebsräte müssen unabhängige Aktionskomitees aufgebaut werden, die enge internationale Kontakte zu anderen Werken und Arbeitern auf der ganzen Welt knüpfen und den Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze, Löhne und Sozialstandards international koordinieren.

Im Mittelpunkt dieser sozialistischen Perspektive steht der Aufbau einer neuen, internationalen Arbeiterpartei, die den prinzipiellen Kampf zur Verteidigung der Arbeitsplätze mit dem Kampf gegen Krieg und Kolonialismus verbindet.

Wir appellieren an alle Opelarbeiter: Lest die World Socialist Web Site und nehmt Kontakt zur Redaktion auf.

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