Angriffe auf Löhne und Arbeitsplätze in der französischen Autoindustrie

Die Autoverkäufe in Frankreich waren 2012 so schwach wie seit 1997 nicht mehr. Die Neuwagenverkäufe gingen insgesamt um vierzehn Prozent zurück. Die französischen Hersteller Renault und PSA Peugeot-Citroen waren mit einem Rückgang von 22, bzw. 17,5 Prozent am meisten betroffen.

PSA plant schon seit längerem, landesweit elftausend Arbeitsplätze abzubauen und das Werk Aulnay-sous-Bois bei Paris zu schließen. In dem betroffenen Werk sind 3.500 Arbeiter beschäftigt, und weitere zehntausend Arbeitsplätze sind als Zulieferer davon abhängig. Zehn Prozent der Arbeitsplätze in der französischen Autoindustrie sind dieses Jahr direkt oder indirekt bedroht.

Die französischen Gewerkschaften arbeiten mit den Arbeitgebern zusammen, um den Arbeitsmarkt zu „reformieren” und die Konkurrenzfähigkeit der französischen Unternehmen zu steigern. Damit eifern sie den amerikanischen Gewerkschaften nach.

Die Regierung von François Hollande (PS) will bis Mitte Januar ein Abkommen über „Flexi-Security“ (Sicherheit durch Flexibilität) erzielen, das es den Unternehmen erlauben soll, Beschäftigte in Zeiten geringeren Absatzes in Kurzarbeit zu schicken und ihre Löhne zu kürzen. Die Regierung und der Arbeitgeberverband Medef wollen Dauerarbeitsverträge, die ein Minimum an Arbeitsplatzsicherheit gewähren, abschaffen und durch kurzfristige Arbeitsverträge ersetzen, die den Unternehmen die Möglichkeit geben, Arbeiter nach Belieben einzustellen und zu entlassen.

Die Gewerkschaften haben keine grundlegenden Einwände gegen “Flexi-Security”. Sie schlagen lediglich vor, Unternehmen steuerlich zu bestrafen, die über Gebühr Zeitarbeiter einstellen oder kurzfristige Verträge abschließen. Gegenwärtig fallen 75 Prozent aller Neueinstellungen in diese Kategorien, und die Medef-Unterhändler lassen erkennen, dass sie eine Steuer auf kurzfristige Arbeitsverträge ablehnen. Diese Haltung steht im Moment einer Einigung mit den Gewerkschaften im Weg.

Im Werk Sevelnord in Nordfrankreich führt PSA eine Form der Flexibilität ein, die zum Modell für die Unternehmer geworden ist und in der Praxis von der Gewerkschaften schon akzeptiert wird. In der Fabrik Sevelnord arbeiten 2.700 Leute inmitten einer Region, die schwer von Arbeitslosigkeit getroffen ist.

Entsprechend der “Reindustrialisierungspolitik“ der Sozialistischen Partei (PS) für Frankreich haben die Gewerkschaften bei PSA im vergangenen Juli für Sevelnord einen fünfjährigen “Tarifvertrag für Wettbewerbsfähigkeit” ermöglicht, der die Löhne einfriert und Freischichten kürzt.

Das Abkommen sollte sicherstellen, dass ein neuer SUV mit der Bezeichnung K-Zero in Sevelnord, und nicht im spanischen Vigo produziert wird. Der Tarifvertrag regelt die Schaffung von Bedingungen wie bei General Motors (GM) für alle Autoarbeiter. Obwohl die CGT das Abkommen als „Erpressung“ kritisierte und ablehnte, es zu unterschreiben, machte ihre Zustimmung zur Schließung des Werks in Aulnay diesen Vertrag erst möglich.

Damals sagte der Gewerkschaftsvertreter des Aulnay-Werks, Jean Pierre Mercier, Mitglied der CGT und Sprecher der kleinbürgerlich „linken“ Lutte Ouvrière (LO): „Ich für mein Teil werde niemals über die Entlassung eines Arbeiters verhandeln. (…) Aber wenn uns wirklich nichts anderes übrig bleibt, als unsere Haut zu verkaufen, werden wir sie so teuer wie möglich verkaufen. Wir verlangen Garantien für einen neuen Arbeitsplatz, Fortbildung und eine anständige Abfindung.“

Mit Unterstützung der LO wiederholt die CGT ihre verräterische Politik von 2009, die sie bei Continental Tires Clairoix betrieben hat. Damals hatte sie den Widerstand der Arbeiter ins Leere laufen lassen, den Kampf der Arbeiter gegen die Fabrikschließung isoliert und ihn gegen Abfindungszahlungen ausverkauft.

PSA will seine Gesamtbelegschaft in Frankreich von jetzt 67.112 auf 55.989 Mitte 2014 reduzieren und versucht bereits, mehr Arbeiter als bisher in Frührente zu schicken.

Die Verkäufe leichter SUVs gingen 2012 um über zehn Prozent und die von LKWs um 8,4 Prozent zurück. Das ist ein klares Anzeichen für das Schrumpfen der französischen und europäischen Wirtschaft. Nach Industrieberichten machte die französische Autoproduktion 2011 nur drei Prozent der Weltproduktion aus, während Deutschland zehn Prozent aller Autos herstellte.

Fiat-Boss Sergio Marchionne, Präsident des Verbands der europäischen Automobilhersteller, erläuterte im März letzten Jahres die Absicht der Hersteller, die Produktionskapazitäten in Europa um zwanzig Prozent zu verringern. Er sagte der Europäischen Kommission, es sei notwendig, „den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren, um produktiver zu werden. Dieser Anpassungsprozess muss schnell kommen. Wir müssen von einer gesunden Basis aus neu anfangen“.

Die europäischen Autohersteller lassen sich von den amerikanischen Autogiganten inspirieren, die seit 2007 achtzehn Werke geschlossen, 35.000 Arbeiter entlassen und Löhne für Neueingestellte halbiert haben. Dabei wurden sie von der Autoarbeitergewerkschaft UAW unterstützt, die zum Miteigentümer von General Motors geworden ist.

Das GM-Opelwerk in Bochum mit noch über 3.200 Beschäftigten soll 2016 geschlossen werden. Das ist die erste Schließung eines ganzen Autowerkes in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg.

Der Autohersteller Renault, der 56.000 Arbeiter beschäftigt, befindet sich zu fünfzehn Prozent im Besitz des französischen Staates. Er will seine französischen Werke halten, wenn er 2013 Zugeständnisse bei den Arbeitskosten erhält.

Die CGT legte letzten Monat einen alternativen Plan B für die Rettung von PSA Peugeot-Citroen vor, der ebenfalls Massenentlassungen beinhaltet. Der Plan stützt sich auf den Bericht der Beratungsfirma Secafi über die Überlebensfähigkeit von PSA, den die Gewerkschaft in Auftrag gegeben hatte.

Der CGT-Sprecher im PSA-Werk in Sochaux, Bruno Lemerle, behauptete, die Massenentlassungen seien „ein Finanzplan und kein Industrieplan. Das ist gefährlich, weil er die Fähigkeit des Unternehmens [finanziell] belastet, auf die Belebung [der Produktion] zu reagieren, die für 2016 oder kurz danach erwartet wird.“ Solche Äußerungen laufen darauf hinaus, den Arbeitern zu raten, ihre Hoffnung in einen hypothetischen Aufschwung der krisengeschüttelten kapitalistischen Wirtschaft zu setzen.

Arbeiter müssen diesen so genannten Plan B mit Verachtung zurückweisen, der bewusst die Interessen des Unternehmens mit den Interessen der Arbeiter vermischt. Diese arbeiterfeindliche Herangehensweise gleicht jener der UAW bei GM in Detroit, mit der Lemerle kürzlich konferierte.

Die CFDT bei PSA hat in ähnlicher Weise kapituliert. Die CFDT schlägt vor, eine 32-Stunden-Woche einzuführen und die Löhne entsprechend zu kürzen, um die Arbeiter weiterbeschäftigen zu können, die bei der Schließung von Aulnay ihre Arbeitsplätze verlieren.

Angesichts der Hartnäckigkeit von PSA, Restrukturierungen ähnlich wie bei GM durchführen zu wollen, macht die CFDT ähnliche Vorschläge wie die CGT: „Die Aktionäre, deren Finanzpolitik die Gesundheit von PSA unnötig beeinträchtigt und seinen Spielraum verringert, (…) müssen ihrer Verantwortung nachkommen und Geld in die Hand nehmen.“

Diese Bemerkungen unterstreichen nur die bankrotte wirtschaftsfreundliche Denkweise der Gewerkschaften. Arbeiter müssen nicht nur gegen die Unternehmer und die PS-Regierung kämpfen, sondern auch gegen die Gewerkschaften, die zielgerichtet mit der PS-Regierung zusammenarbeiten, um den französischen Kapitalismus auf Kosten von Arbeitsplätzen und –bedingungen konkurrenzfähiger zu gestalten.

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