Auf seiner gestrigen Sitzung hat der Bundeswahlausschuss die Partei für Soziale Gleichheit (PSG) zur Bundestagswahl im September zugelassen. Zugleich wurde erneut eine Vielzahl politischer Vereinigungen abgelehnt und an der Wahlteilnahme gehindert.
Die PSG hatte bereits im Vorfeld der Ausschusssitzung eine mehrwöchige Auseinandersetzung mit dem Büro des Bundeswahlleiters geführt. Schon Ende Mai hatte die PSG ihre Wahlteilnahme schriftlich erklärt und mit ihrer Beteiligungsanzeige ihr Grundsatzprogramm, die „Historischen Grundlagen der PSG“ und die Erklärung zur aktuellen Bundestagswahl beim Bundeswahleiter eingereicht.
Teil der Beteiligungsanzeige waren auch Nachweise über die satzungsgemäße Bestellung und Konstituierung des Parteivorstands, Protokolle der jüngsten Parteitage und eine umfangreiche Dokumentation über das „Hervortreten der PSG in der Öffentlichkeit“.
Wenige Tage später teilte der Bundeswahlleiter mit, die Beteiligungsanzeige erfülle die gesetzlichen Erfordernisse, allerdings habe er erhebliche Zweifel, ob die materiellen Voraussetzungen für eine Wahlzulassung zur Bundestagswahl bestehen. Er forderte zusätzliche Nachweise über die Parteistruktur, Mitgliedschaft, Öffentlichkeitsarbeit und Teilnahme an der politischen Willensbildung.
Daraufhin schickte die PSG erneut eine umfangreiche Darstellung ihrer politischen Arbeit. Seit 1989 hat sie sich an 14 Wahlen beteiligt, darunter der Bundestagswahl 2009, der Europawahl 2009 und der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus 2011. Sie sammelte mehrere zehntausend Unterstützungsunterschriften, die alle von Einwohnermeldeämtern beglaubigt wurden, organisierte hunderte Informationsstände und erklärte ihr Programm in vielen Wahlwerbesendungen in Funk und Fernsehen. Allein im Berlin-Wahlkampf vor zwei Jahren hängte die PSG 6.000 Wahlplakate auf und verbreitete hunderttausend Handzettel.
Die PSG stellt die deutsche Redaktion der World Socialist Web Site und veröffentlichte alleine im vergangenen Jahr über 1.000 ausführliche Artikel zu wichtigen politischen, kulturellen, und wissenschaftlichen Themen. In ihrer Stellungnahme wies die PSG darauf hin, dass die WSWS weitaus mehr Leser hat als der Vorwärts, das Parteimagazin der SPD. (Laut alexa.com gehört die WSWS in Deutschland zu den 15.000 meist gelesenen Websites. Der sozialdemokratische Vorwärts liegt dagegen etwa auf Platz 75.000)
Die PSG veröffentlicht darüber hinaus das zweimonatliche Print-Magazin gleichheit. zu aktuellen politischen und kulturellen Themen, das nicht nur auf Parteiveranstaltungen und im Abo-Versand, sondern auch in 44 Buchläden und Zeitungskiosken zum Verkauf ausliegt. Außerdem publiziert die PSG vielfältiges Informationsmaterial, darunter ein regelmäßig erscheinendes Autoarbeiter-Info, das an allen wichtigen Autowerken verteilt wird.
In einer langen und eindrucksvollen Liste dokumentierte die PSG alle öffentlichen Veranstaltungen der vergangenen drei Jahre, darunter Vorträge zur Geschichte der Russischen Revolution, zur Bedeutung und Aktualität des politischen Kampfs von Leo Trotzki gegen den Stalinismus und zu aktuellen Fragen wie der Bedeutung der ägyptischen Revolution, der Verteidigung der griechischen Arbeiter gegen das Diktat der EU, dem Kampf bei Opel gegen die Werksschließung, oder auch zur Verteidigung von Günter Grass. Zu einigen dieser Veranstaltungen kamen mehrere hundert Besucher.
Als der Bundeswahlleiter daraufhin erneut mitteilte, er halte die Parteieigenschaft der PSG für fraglich, beauftragte die PSG eine renommierte Rechtsanwaltskanzlei mit der Wahrnehmung ihrer Interessen und kündigte an, dass sie im Falle einer Ablehnung durch den Bundeswahlausschuss sofort Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht erheben werde. Daraufhin stimmte der Wahlausschuss in seiner gestrigen Sitzung einstimmig für die Zulassung der PSG zur Bundestagswahl.
Insgesamt hatten sich 58 Parteien und politische Vereinigungen um die Teilnahme an der Bundestagswahl beworben. Das sind noch mehr als vor vier Jahren, als die Beteiligungsanzeigen bereits stark angestiegen waren. Der Grund ist offensichtlich. Viele Menschen sind der Auffassung, dass die politischen und sozialen Verhältnisse unerträglich sind und geändert werden müssen. Gleichzeitig haben sie berechtigterweise nicht das geringste Vertrauen, dass die etablierten Parteien ihre Interessen vertreten.
Wer politische Veränderungen anstrebt, engagiert sich nicht in einer der im Bundestag sitzenden Parteien, die alle über Mitgliederschwund klagen, sondern gründet eine eigene Partei. Mitunter sind die Programme dieser neuen Organisationen beschränkt und konfus.
Es gibt die Partei „Gesunder Menschenverstand“ und die „Partei der Vernunft“, die ein rechtes Wirtschaftsprogramm vertritt. Es gibt die „Partei der Nichtwähler“ und die „Nein!“-Partei, die der allgemeinen Politikablehnung eine Stimme geben wollen. Und es gibt Parteien, die soziale Probleme ins Zentrum stellen, wie die „Partei der Bedrängten“, die sich für Mieterschutz und gegen Rentenkürzungen einsetzt. Sie wurde nicht zugelassen.
Die Parteineugründungen sind eine Misstrauenserklärung an die offizielle Politik, und die etablierten Parteien reagieren darauf mit unverhohlener Feindschaft.
Zwanzig politische Vereinigungen wurden abgelehnt. Dabei wurden immer formale Gründe angegeben. Der Bundeswahlausschuss, der sich anmaßt, über die Zulassung und Ablehnung von Parteien zu entscheiden, ist selbst ein undemokratisches und von Niemandem gewähltes Gremium. Den Vorsitz führt der Bundeswahlleiter, der vom Innenminister ernannt wird. Er ernennt die Mitglieder des Bundeswahlausschusses aus einer Liste, die ihm die etablierten Parteien vorlegen.
Die PSG wird den Wahlkampf nutzen, um ein sozialistisches Programm bekannt zu machen, das dem wachsenden Widerstand der Bevölkerung eine klare und fortschrittliche politische Orientierung gibt. Sie ruft alle Leser auf, den Wahlkampf der PSG aktiv zu unterstützen.