Perspektive

Der Kapitalismus und die Krise der jungen Generation

Jugendliche müssen vermutlich einen höheren Preis für die Krise des Kapitalismus zahlen als alle anderen Teile der Gesellschaft. In den fünf Jahren seit dem Zusammenbruch von 2008 hat die Jugendarbeitslosigkeit eine Höhe erreicht wie in einer Depression. Die Löhne der jungen Arbeiter sind gesunken und die Bildungssysteme brechen zusammen.

Genau wie die Arbeiterklasse insgesamt wurde die Jugend auch in den kapitalistischen Industrienationen weltweit in Mitleidenschaft gezogen,

In ganz Europa liegt die Jugendarbeitslosigkeit auf hohem Niveau. Letzten Donnerstag meldete die statistische Behörde Griechenlands, dass die Arbeitslosenquote in der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahren unglaubliche 64,2 Prozent erreicht hat, d.h. fast zwei Drittel aller Jugendlichen und jungen Arbeiter sind arbeitslos. Im März 2012 waren es 54,1 Prozent.

Den Grund dafür zu finden, ist nicht schwer: es sind die brutalen Sparmaßnahmen und der wirtschaftliche Zusammenbruch, den die europäischen Banken in Zusammenarbeit mit der herrschenden Klasse Griechenlands durchgesetzt haben. Andere Staaten, die „gerettet“ wurden, sind in einer ähnlichen Lage. Im März dieses Jahres erreichte die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien 55,9 Prozent, in Italien 38,4 Prozent.

Die Lage wird noch schlimmer, das zeigte ein Bericht, der letzte Woche von der International Labour Organization (ILO) der Vereinten Nationen veröffentlicht wurde. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die weltweite Jugendarbeitslosigkeit noch mindestens fünf Jahre lang ansteigen wird. Die Behörde erklärt, sie rechne damit, dass die Gesamtarbeitslosenquote bei Jugendlichen auf 12,8 Prozent im Jahr 2018 ansteigen werde. Heute beträgt sie 12,4 Prozent.

In dem Bericht der ILO hieß es: „Die Jugendarbeitslosigkeit ist in den Industrienationen und der Europäischen Union von 2008 bis 2012 um bis zu 24,9 Prozent gestiegen. Im Jahr 2012 lag sie mit 18,1 Prozent so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr.“

Weiter hieß es, dass dieses Jahr weltweit 73,4 Millionen Jugendliche ohne Arbeit sein werden, „eine Steigerung von 3,5 Millionen seit 2007 und 0,8 Millionen mehr als im Jahr 2011.“ Mehr als ein Drittel der arbeitslosen Jugendlichen war mehr als ein halbes Jahr arbeitslos.

Die Zahl der Jugendlichen in Industrienationen, die weder arbeiten, noch zur Schule gehen, ist ebenfalls deutlich angestiegen. Zwischen 2008 und 2010 ist diese Gruppe um 2,1 Prozentpunkte auf 15,8 Prozent angewachsen.

Von den Jugendlichen in Europa, die eine Stelle haben, arbeitet ein Viertel in Teilzeit und 40,5 Prozent in befristeten Arbeitsverhältnissen.

Die offizielle Jugendarbeitslosenquote in den USA liegt bei 16,2 Prozent, deutlich mehr als doppelt soviel wie die Gesamtarbeitslosenquote. Aber genau wie die Gesamtarbeitslosenquote berücksichtigt dies nicht das Ausscheiden von Millionen Menschen aus der Statistik. Die Erwerbsbeteiligungsquote für unter 25-jährige ist auf dem niedrigsten Stand seit 40 Jahren und führt zu einer realen Arbeitslosenquote von 22,9 Prozent.

Darüber hinaus zeigt eine Studie, die im letzten Jahr vom National Employment Law Project veröffentlicht wurde, dass die große Mehrheit der Stellen, die in den USA seit 2008 geschaffen wurden, Niedriglohnstellen sind, die Stundenlöhne zwischen 7,69 und 13,83 Dollar abwerfen.

Das Verschwinden von gut bezahlten Stellen hat dazu geführt, dass die Löhne der jungen Arbeiter mit Vollzeitstellen in den USA seit 2008 um sechs Prozent gesunken sind – mehr als in jedem anderen Teil der Bevölkerung.

Die Verzweiflung über die Aussicht auf ein Leben in Armut und andere gesellschaftliche Übel, die durch die Wirtschaftskrise und die Sparpolitik der Regierung verschlimmert wurden, treibt immer mehr Jugendliche in den Selbstmord. Siebzehn Prozent der High School-Schüler haben bereits ernsthaft darüber nachgedacht, sich das Leben zu nehmen, acht Prozent haben es laut dem Center for Disease Control and Prevention bereits versucht. Seit Beginn der Wirtschaftskrise ist die Zahl der Jugendlichen, die Selbstmordversuche unternommen haben, von 6,3 Prozent im Jahr 2008 auf 7,8 Prozent im Jahr 2011 gestiegen.

Während Löhne und Arbeitsplätze verschwinden, gerät auch eine angemessene Schulbildung für junge Menschen immer weiter außer Reichweite. Das öffentliche Bildungswesen wird weltweit zerschlagen und privatisiert. Die USA sind dabei führend. Öffentliche Schulen werden im ganzen Land in Massen geschlossen. Anfang des Monats wurde in Michigan ein ganzer Schuldistrikt aus Geldmangel geschlossen.

Die Studiengebühren an Hochschulen sind in die Höhe geschossen, sodass eine ganze Generation von Hochschulabgängern hoch verschuldet ist. Von 2003 bis 2012 ist der Anteil der 25-jährigen in den USA mit Schulden von 25 auf 43 Prozent gestiegen. In der gleichen Zeit ist der Durchschnittsbetrag der Studienschulden von über 25-jährigen von 10.649 Dollar auf 20.326 Dollar gestiegen. Die Geldverleiher werden derweil zunehmend aggressiv und räuberisch bei der Eintreibung der Schulden von Studenten, die immer weniger in der Lage sind, sie zu bezahlen.

Junge Menschen aus den USA und den anderen imperialistischen Zentren, die um einen angemessenen Arbeitsplatz und ihre Zukunft betrogen werden, werden in den immer größeren Angriffskriegen verheizt werden und dabei ihr Leben oder ihre geistige und körperliche Gesundheit opfern.

Nach den Revolutionen in Tunesien und Ägypten Anfang 2011 warnte Zbingniew Brzezinski, der ehemalige nationale Sicherheitsberater von Präsident Carter und führende Figur des politischen Establishments der USA, vor den möglichen revolutionären Folgen, wenn eine ganze Generation von ausgebildeten jungen Menschen keine Zukunft hat.

„Junge Erwachsene... sind besonders explosiv, wenn sie mit der Revolution der Kommunikationstechnologie kombiniert werden“, warnte er in seinem Buch Strategic Visions. Viele von ihnen seien „gut ausgebildet, aber arbeitslos, daher frustriert und aggressiv.“ Dies mache sie „anfällig für ideologische Agitation und revolutionäre Mobilisierung.“

Brzezinski bezog sich ausdrücklich auf Jugendliche in „Entwicklungsländern“, aber man könnte das Gleiche über Europa und die USA sagen. Brzezinski ist ein erfahrener Verteidiger der herrschenden Klasse und macht sich zu Recht Sorgen. Die desaströsen Bedingungen, denen Jugendliche gegenüberstehen, müssen unweigerlich zu politischen Erhebungen führen, die diejenigen von 2011 noch in den Schatten stellen.

Brzezinski und andere Kommentatoren äußern sich besorgt über die wachsende Krise der Jugendarbeitslosigkeit und Verschuldung. Aber keiner von ihnen präsentiert eine Lösung für die Krise– oder wäre dazu in der Lage.

Der Grund dafür ist, dass die schlechten Aussichten für junge Menschen ein Ausdruck des Scheiterns des kapitalistischen Systems sind. Die herrschende Klasse steckt tief in der Krise und versucht, ihre eigene Position durch einen erbarmungslosen Angriff auf die ganze Arbeiterklasse zu sichern.

Die kommenden Massenkämpfe der Jugendlichen und Arbeiter müssen von einem Programm und einer Perspektive begeistert werden, die darauf abzielen, das veraltete und irrationale kapitalistische System abzuschaffen, in dem die ganze Gesellschaft der Bereicherung einer winzigen herrschenden Elite unterworfen ist. Jugendliche müssen den Kampf für den Sozialismus aufnehmen.

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