Bombenangriff auf palästinensisches Flüchtlingslager

Die USA und ihre arabischen Verbündeten fordern eine Intervention in Syrien

Wie die Medien diese Woche berichteten, hat die syrische Luftwaffe am Sonntag und Montag Gebäude in dem palästinensischen Flüchtlingslager Yarmouk in Damaskus bombardiert.

Dabei kamen mindestens fünfundzwanzig Menschen ums Leben, Dutzende wurden verwundet und Tausende flohen aus dem Lager in den benachbarten Libanon. An anderen Orten in Syrien wurden dreizehn weitere Palästinenser getötet.

In allen Medienberichten wurde betont, dass die syrische Regierung sich eines Verbrechens gegen die Palästinenser schuldig gemacht hätte, und dass sie dafür politisch bezahlen müsse.

Die New York Times schrieb: „Für viele Bewohner von Yarmouk, Flüchtlinge aus dem Konflikt mit Israel und ihre Nachkommen, haben die Angriffe das zerstört, was noch vom Ruf der syrischen Regierung als Kämpferin und Beschützerin der Palästinenser übrig war. Die Familie Assad hat während ihrer mehr als vierzigjährigen Gewaltherrschaft aus diesem Ruf ihre Legitimität im In- und Ausland begründet.“

Der Guardian zitiert Palästinenser, die den Angriff als „historischen Moment“ bezeichnen, der „den Ruf des Regimes als Beschützer des Widerstandes gegen Israel zerstört [hat].“

Erst hinterher unternahmen die Medien den Versuch, den Luftangriff vor dem Hintergrund zu bewerten, dass das Lager in Fraktionen von Assad-Anhängern- und -Gegnern gespalten ist.

Diese Berichterstattung ist ein Teil der Desinformationskampagne der Medien im Bürgerkrieg, den Washingtons Verbündete in der Region, Saudi-Arabien, Katar, die Türkei und Israel provozieren und finanzieren, und der schon seit einundzwanzig Monaten tobt. Indem die Palästinenser als Opfer der syrischen Regierung dargestellt werden, sollen sie und die ganze arabische Arbeiterklasse gegen das syrische Regime aufgehetzt und international um Unterstützung für eine „humanitäre“ Intervention geworben werden.

Yarmouk liegt einige Kilometer von der Innenstadt von Damaskus entfernt. Es wurde 1957 als palästinensisches Flüchtlingslager gegründet. Hier leben 150.000 palästinensische Staatsbürger, die aus dem heutigen Israel geflohen sind oder vertrieben wurden, und ihre Nachkommen. Es ist die größte Siedlung der 500.000 Menschen großen palästinensischen Gemeinde in Syrien.

Yarmouk hat sich zu einem Viertel entwickelt, in dem syrische und palästinensische Facharbeiter, Tagelöhner und Straßenhändler nebeneinander leben, insgesamt mehr als 1,5 Millionen Menschen.

Die „Widerstandskämpfer“ haben in den letzten Monaten ihre Angriffe auf die beiden größten Städte Syriens konzentriert, auf Damaskus und Aleppo. Dabei haben sie Luftwaffenstützpunkte und Militäreinrichtungen rund um die Hauptstadt Damaskus eingenommen. Die Offensive gegen Yarmouk, eine von vielen, die darauf abzielten, die Kontrolle über Damaskus zu übernehmen, führte im August zu mindestens einundzwanzig Toten.

Laut der Jerusalem Post verkündeten syrische Oppositionskräfte im Oktober, sie damit begonnen hätten, palästinensische Sympathisanten zu bewaffnen, die eine Gruppe namens Liwa al-Asifa (Sturmbrigade) gründen wollten. Diese Einheit sollte gegen die Volksfront zur Befreiung Palästinas – Generalkommando (PFLP-GC) kämpfen, die Bashar al-Assad unterstützt, und deren Hochburg in Yarmouk einnehmen. Die PFLP-GC wurde 1968 gegründet und hat ihr Hauptquartier in Syrien.

Letzten Monat konnten Liwa al-Asifa-Kämpfer nach bewaffneten Zusammenstößen einen ranghohen PFLP-GC-Führer schwer verletzen und vier andere Führer der palästinensischen Volkskomitees durch einen Autobombenanschlag in Yarmouk töten. Diese Komitees waren aufgestellt worden, um das Lager gegen Aufständische zu verteidigen. Seither tobten wochenlange schwere Kämpfe; 1500 bewaffnete Schläger sind in dem Stadtviertel aktiv. Laut palästinensischen Informationen wurden bei Zusammenstößen in dem Lager mehr als dreißig Menschen getötet.

Ein Bewohner von Yarmouk sagte Associated Press, die Kämpfe zwischen bewaffneten Anhängern der Opposition und der PFLP-GC seien am Freitag ausgebrochen, als die Oppositionellen versuchten, das Hauptquartier der PFLP-GC in Yarmouk einzunehmen. Die Freie Syrische Armee behauptete, das Lager von Anhängern des Assad-Regimes „befreit“ zu haben. Wenn die Opposition Yarmouk einnehme, könnte sie die von ihr kontrollierten Gebiete im Osten und Süden von Damaskus vereinen.

Einer der Anführer der Palästinenser sagte in der libanesischen Zeitung al-Akhbar: „Die Situation ist sehr gefährlich. Die FSA hat große Teile des Lagers eingenommen, auch Gebiete, die bisher dem Generalkommando unterstanden, und viele unserer Kämpfer ziehen sich zurück.

Er sagte weiter, die Lebensbedingungen im Lager hätten sich stark verschlechtert. Es gäbe keine Möglichkeit, Hilfsgüter und Medizin zu schicken, und im ganzen Gebiet gebe es keinen Strom. „Wenn das Lager unter die Kontrolle der FSA und der Islamisten gerät, wird es zum Ausgangspunkt von Militäroperationen, und die Bewohner des Lagers werden dafür teuer bezahlen.“

Das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten erklärte, mindestens die Hälfte der 150.000 palästinensischen Einwohner von Yarmouk sei geflohen

In einer Stellungnahme des PFLP-GC heißt es, die Truppen der Opposition seien allesamt Mitglieder der Al Nusra-Front, einer Gruppe mit Verbindungen zu Al Qaida, die die Obama-Regierung vor kurzem als Terrororganisation eingestuft hat. Das hat die Medien nicht daran gehindert, Assads Regime zu verurteilen, ohne etwas darüber zu sagen, warum eine Militärintervention vorbereitet wird. Während internationale Medien den Luftangriff als Angriff auf Yarmouk darstellten, erklärte das PFLP-GC, die Regierungstruppen seien eingeschritten, um ein Massaker an den Palästinensern zu verhindern.

Ein Palästinenserführer namens Anwar Raja, wies darauf hin, dass die syrische Regierung keinen Grund hatte, Palästinenser anzugreifen. Er fragte, warum Palästinenser nach zwanzig Monaten plötzlich anfangen sollten zu rebellieren. Wenn es einen echten Konflikt zwischen den Einwohnern von Yarmouk und der syrischen Regierung gegeben hätte, hätte es nach dem Ausbruch des Chaos schon Widerstand gegeben.

Vertreter der Palästinensischen Autonomiebehörde, die als Washingtons Marionetten in Ramallah dienen, verurteilten Syrien. Der PLO-Funktionär Yasser Abed Rabbo erklärte: „Wir verurteilen auf schärfste das Verbrechen von Assads Regime im Flüchtlingslager Yarmouk, und wir rufen alle internationalen Parteien, auch die Staaten, die sein Regime noch unterstützen, dazu auf, sofort zu handeln, um diese Massaker gegen Syrer und Palästinenser in Syrien zu beenden.“

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas forderte die Vereinten Nationen und die Arabische Liga dazu auf, die palästinensische Bevölkerung in Syrien zu schützen. Er erklärte sich bereit, palästinensische Flüchtlinge aufzunehmen und bat UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, den Flüchtlingen in den Palästinensergebieten Hilfe zukommen zu lassen. Da alle Verlagerungen von Flüchtlingen ins Westjordanland Israels Zustimmung benötigen, ist dies eine leere Geste.

Die Hamas, die dominierende Fraktion in Gaza, verurteilte den Bombenangriff ebenfalls. Sie unterstützt die vom Westen unterstützte Opposition in Syrien ebenfalls und hat ihr Hauptquartier aus der syrischen Hauptstadt Damaskus nach Katar verlegt. Sie hat sich neue Fürsprecher zugelegt, darunter die ägyptischen Moslembrüder und die arabischen Monarchien vom Persischen Golf und die Türkei.

Der Generalsekretär der Arabischen Liga Nabil El-Araby verurteilte den Luftangriff auf Yarmouk und bezeichnete ihn als „grobe Verletzung des internationalen humanitären Rechtes.“

UN-Generalsekretär Ban Ki-moon erklärte, die Meldungen, dass Kampfflugzeuge der Regierung ein palästinensisches Flüchtlingslager bombardierten, wären ein „ernster Grund zur Sorge.“

Die USA, der wichtigste Verbündete Israels, inszenierten sich zynisch als Verteidiger der Palästinenser. Das Außenministerium erklärte: „Die Verantwortlichen für die Gewalttaten gegen die Zivilbevölkerung müssen zur Rechenschaft gezogen werden.“

Als Israel im letzten Monat Gaza angriff, gab es natürlich keine derartigen Forderungen.

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