Führende Politiker würdigen Indonesiens Ex-Diktator Suharto

Der Tod des ehemaligen indonesischen Diktators Suharto, der am Sonntag im Alter von 86 Jahren gestorben war, löste eine lange Reihe von Würdigungen seitens führender Politiker und der internationalen Presse aus. Diese Huldigungen haben etwas Beunruhigendes an sich, betreffen sie doch einen Politiker, der 1965 durch einen Putsch an die Macht gelangt war, in dessen Verlauf mindestens eine halbe Million Menschen ermordet wurden, und der 1975 für den Tod von 200.000 Menschen verantwortlich war, als Osttimor durch Indonesien annektiert wurde.

Suhartos Begräbnis mit allen militärischen Ehren fand am Montag in der Stadt Solo in Zentraljava statt. Auch wenn Suharto selbst 1998 zum Rücktritt gezwungen wurde, blieb das von ihm etablierte Regime weitgehend intakt. Daran ändert auch eine gewisse demokratische Fassade jüngeren Datums nichts. Der indonesische Präsident Susilo Bambang Yudhoyono, selbst ein General der Suharto-Ära, leitete die opulente Zeremonie und pries den toten Diktator als "loyalen Kämpfer, treuen Soldaten und respektierten Staatsmann".

Zwar nahm kein prominenter Vertreter der USA an der Zeremonie teil, aber ein Sprecher des Weißen Hauses gab bekannt, Präsident Bush habe "dem indonesischen Volk sein Beileid zum Verlust seines ehemaligen Präsidenten" ausgesprochen. Zwei langjährige Autokraten Südostasiens, der malaysische Premierminister Mahathir Mohamad und Singapurs Elder Statesman Lee Kuan Yew, flogen nach Indonesien, um dem Militärmachthaber die letzte Ehre zu erweisen.

Suharto hat derart große Verbrechen begangen, dass die Medien die Brutalität und Korruption seines Regimes nicht völlig ausblenden können. Aber die Berichterstattung gab sich die größte Mühe, seinen "positiven Beitrag" herauszustreichen und eine "ausgewogene Sicht" auf sein Erbe einzufordern. Ein Kommentar im Wall Street Journal lobte Suharto zum Beispiel dafür, Indonesien aus einem "ökonomischen Problemfall und Unruhestifter in der Region" unter dem früheren Präsidenten Sukarno in eine asiatische "Tigerökonomie" verwandelt zu haben. "Bei allen Fehlern verdient es Suharto, als einer der größten Führer Asiens in Erinnerung zu bleiben", schrieb das Blatt.

Am schamlosesten hat das australische Establishment Suhartos Bilanz verteidigt. Ehemalige und heutige politische Führer aus dem gesamten politischen Spektrum haben ihre Danksagung gegenüber dem früheren Diktator zu Protokoll gegeben, weil er das Land durch die physische Vernichtung der Kommunistischen Partei Indonesiens (KPI) "stabilisiert" habe und mehr als dreißig Jahre lang ein wichtiger asiatischer Bündnispartner war.

Ex-Labor-Premierminister Paul Keating, der der Beisetzung gemeinsam mit Justizminister Robert McClelland beiwohnte, sagte dem Australian, er erinnere sich gerne an Suharto als alten Freund. Das Gerede über Suhartos Menschenrechtsbilanz und seine Korruption tat er mit der Bemerkung ab, das "verfehlt das Thema". Daneben meinte er noch: "Das einzige Problem in dieser Hinsicht war Osttimor und die KPI." Wenn der Präsident nicht Suharto geheißen hätte, erklärte Keating, "dann hätten wir [Australien] für die Verteidigung nicht zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ausgeben müssen, sondern acht bis neun Prozent."

Keatings Bemerkungen passen zu seiner Aussage als Premierminister 1994, als er erklärte, kein Land sei für Australien wichtiger als Indonesien. Damals bezeichnete er Suhartos Regierung der "Neuen Ordnung" als die "für Australien und seine Region segensreichste strategische Entwicklung der letzten dreißig Jahre". Im darauf folgenden Jahr unterzeichnete die Keating-Labor-Regierung ein Sicherheitsabkommen mit Indonesien, das die engen militärischen Verbindungen Canberras mit der indonesischen Diktatur festschrieb.

Diese Rechtfertigungen sind politisch bezeichnend. Wer die damalige Periode erlebt oder sie studiert hat, für den zählen Suhartos Gräueltaten zu den schlimmsten des Jahrhunderts. Vor etwas über einem Jahr wurde Saddam Hussein in einem manipulierten Prozess im besetzten Irak schuldig gesprochen und hingerichtet. Die Verbrechen, deren er beschuldigt wurde, verblassen jedoch vor dem Blutbad, das Suharto bei dem Putsch von 1965 angerichtet hatte. Die Witwe des gestürzten Präsidenten Sukarno sagte über Suharto: "Er war der Pol Pot Indonesiens."

32 Jahre lang war die Suharto-Diktatur der Dreh- und Angelpunkt für den US-Imperialismus und seinen Juniorpartner Australien. Sie stützten sich auf Suharto als Garant für die Unterdrückung revolutionärer Kämpfe in der Region und für die Eingrenzung des Einflusses der Sowjetunion und Chinas. Als die USA in den 1960er Jahren immer tiefer im Vietnamkrieg versanken, geriet Washington immer stärker in Konflikt mit Suhartos Vorgänger, dem indonesischen Präsidenten Sukarno. Dieser war ein bürgerlicher Nationalist, der als "Anti-Imperialist" auftrat, um die wachsende soziale Unruhe aufzufangen. Sukarno wurde von der KPI unterstützt und verkaufte seine begrenzten Reformen als "sozialistische" Maßnahmen.

Die Beseitigung Sukarnos war eine CIA-Erfolgsgeschichte. Mit einem Schlag war es gelungen, ein gegenüber Washington loyales Militärregime zu etablieren, das radikal antikommunistisch war und jede politische Opposition gnadenlos verfolgte. Der Vorwand für den Putsch in Indonesien war die Entführung und Ermordung sechs hoher Generäle am 30. September 1965, die angeblich auf Betreiben der KPI geschah. General Suharto sicherte sich sofort die Kontrolle in Jakarta, drängte Sukarno beiseite und nutzte den Tod seiner Rivalen aus, um eine sorgfältig inszenierte gewaltsame Unterdrückung der KPI, ihrer Anhänger und aller Menschen, die sozialistischer Ideen verdächtig waren, in die Wege zu leiten.

US-Diplomaten und CIA-Agenten unter Führung von US-Botschafter Marshall Green waren unmittelbar an dem folgenden Blutbad beteiligt. Sie lieferten dem indonesischen Militär "schwarze Listen" hoher KPI-Führer, die verhört und ermordet werden sollten. Es fand die physische Vernichtung einer Partei statt, deren Mitgliedschaft in die Millionen ging. In Ermangelung einer ausreichenden Zahl von Todesschwadronen wandte sich das Militär an rechte Muslim-Organisationen, die sich bereitwillig an der Vernichtung einer Partei beteiligten, die als Bedrohung für traditionelle Landbesitzer- und andere religiöse Interessen gesehen wurde.

Verlässliche Schätzungen setzten die Zahl der Opfer bei einer halben bis einer Million an. Zum Beispiel berichtete damals ein Artikel des Magazins Time : "Das Töten hat ein solches Ausmaß angenommen, dass die Entsorgung der Leichen in Nordsumatra ein ernstes Gesundheitsproblem geschaffen hat. Die feuchte Luft ist von Leichengestank erfüllt. Aus diesen Gebieten kommende Reisende berichten von buchstäblich von Leichen verstopften kleinen Flüssen und Strömen. Die Flussschifffahrt ist ernstlich behindert."

Die stalinistische KPI, deren Programm den "friedlichen Weg zum Sozialismus" und keine revolutionäre Politik beinhaltete, machte keinen Versuch, gegen das Militär zu mobilisieren. Ihre ganze Orientierung bestand darin, die Arbeiterklasse und die Bauernmassen Sukarno unterzuordnen. Selbst als das Militär ihre Mitglieder ermordete, bestanden die KPI-Führer darauf, nichts zu tun, was Sukarno vor den Kopf stoßen könnte. Sukarno war aber gar nicht in der Lage, dem von den USA unterstützten Militär etwas entgegen zu setzen. Erst versuchte er monatelang, Zeit zu gewinnen, und übergab dann die Macht im März 1966 formell an Suharto.

Das Regime der Neuen Ordnung, das nach dem Blutbad entstand, lehnte sich an korporatistische Elemente des europäischen Faschismus an. Jeder Aspekt der Gesellschaft, von der Regierung über die Polizei, die Justiz und die Medien bis zu den Gewerkschaften und Bauernorganisationen, wurde dem Staat und besonders dem militärischen Generalstab Suhartos untergeordnet. Jedes Abweichen wurde systematisch unterdrückt. Hunderttausende KP-Mitglieder wurden bis Ende der 1970er Jahre in Konzentrationslagern eingesperrt.

Suhartos viel bestauntes Wirtschaftswunder war zuerst stark von hohen amerikanischen Hilfszahlungen und dann seit Anfang der 1970er Jahre von der Vervierfachung der Preise der indonesischen Ölexporte abhängig. Um der Gefahr von Unruhen auf dem Lande vorzubeugen, ergriff Suharto vor allem einige Schritte, um die Bauern zu unterstützen. Aber die erstaunliche soziale Ungleichheit im Land war nirgendwo sichtbarer als im Fall des Wirtschaftsimperiums, dass sich Suharto, seine Familie und seine engste Entourage mittels Staatsmonopolen und gewaltige Begünstigung schufen. Ein UN-Bericht kam im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis, dass Suharto 35 Milliarden Dollar beiseite geschafft hat. Nachdem er seine Rolle als Verbündeter im kalten Krieg schließlich ausgespielt hatte, wurde Suharto in der Ära der Globalisierung schließlich zu einem Hindernis für die Öffnung der indonesischen Wirtschaft. Im Verlauf der asiatischen Finanzkrise von 1997-98 wurde er von Washington kurzer Hand beiseite geschoben.

Für eine US-Regierung nach der anderen war das Suharto-Regime ein wichtiger Verbündeter in Asien. Aber für australische Regierungen war die indonesische Junta, wie Keating erklärte, sogar "die segensreichste strategische Entwicklung" in der Region. Labor-Premierminister und Koalitionsregierungen unterhielten die engsten Beziehungen zu dem Diktator. Kurz nach ihrer Wahl empfing die neue Labor-Regierung Suharto 1972 zum ersten Mal in Canberra. Im folgenden Jahr erklärte Premierminister Gough Whitlam: "Ich habe festgestellt, dass die indonesische und die australische Regierung in grundlegenden Fragen ähnliche Ansichten haben."

Die Whitlam-Regierung und die Ford-Administration in Washington gaben 1975 grünes Licht für die Invasion Indonesiens in der ehemaligen portugiesischen Kolonie Osttimor. Nach ihrer soeben erlittenen vernichtenden strategischen Niederlage in Vietnam fürchteten die Regierungen der USA und Australiens, dass die junge Unabhängigkeitsbewegung Timors ein potentieller Katalysator für Unruhen in Indonesien und in der ganzen Region werden könnte. Zwei Jahrzehnte lang unterstützten die australischen und amerikanischen Regierungen vorbehaltlos die blutige Unterdrückung des timoresischen Widerstands durch Indonesien, die 200.000 Menschenleben kostete.

Ein Motiv, das Canberra bewog, die Invasion Indonesiens zu unterstützen, waren die lukrativen Öl- und Gasvorkommen in der Timorsee. Australien war das einzige Land in der Welt, das die Annektierung Osttimors durch Indonesien formell anerkannte - als Gegenleistung für ein Grenzabkommen und den Löwenanteil an den Bodenschätzen unter dem Meeresgrund. Im Zusammenhang mit den Unruhen nach dem Fall Suhartos 1998 vollzog die liberale Regierung unter John Howard eine taktische Wende und unterstützte die Unabhängigkeit Timors. Sie war entschlossen, den Ansprüchen anderer Mächte, wie der ehemaligen Kolonialmacht Portugal, zuvorzukommen. Die Militärinterventionen 1999 und 2006 verfolgten das Ziel, eine den australischen Interessen gewogene Regierung zu installieren und vor allem die Kontrolle über das Öl und Gas in der Timorsee zu behalten.

Australiens enge Beziehung zur indonesischen Diktatur und ihren Nachfolgern ging allerdings über die unmittelbare Frage der Energiereserven Timors hinaus. Suharto war nicht nur ein Garant gegen politische Instabilität in Indonesien und darüber hinaus in ganz Asien, sondern er öffnete auch viele diplomatische und wirtschaftliche Türen in Südostasien für australische Regierungen und Konzerne.

Selbst nachdem er 1998 politisch in Ungnade gefallen war, erfreute sich Suharto im Stillen weiterhin des Schutzes der Herrschenden, nicht nur in Indonesien, sondern auch in Washington und Canberra. Er wurde nie für seine blutigen Verbrechen am indonesischen Volk zur Verantwortung gezogen. Versuche, ihn wegen Korruption vor Gericht zu stellen, wurden unter dem Vorwand seiner schlechten Gesundheit auf die lange Bank geschoben.

Die Bereitschaft der Regierungen, den toten Diktator weiterhin in hohem Ansehen zu halten, zeigt, was das politische Establishment dieser Länder wirklich von demokratischen Rechten hält. Die Bereitschaft, über Suhartos Gräueltaten hinwegzusehen, und die Errungenschaften seiner Neuen Ordnung zu preisen, ist eine düstere Warnung, dass Massenmord in den herrschenden Kreisen als legitimes Instrument der Außen- und Innenpolitik angesehen wird.

Siehe auch:
Gegen die neokoloniale Besetzung Osttimors durch Australien!
(6. Juni 2006)
Australien setzt seinen Mann in Osttimor ein: Jose Ramos-Horta
( 15. Juli 2006)
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