In Vorbereitung auf die bevorstehenden Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Frankreich arbeitet eine Tendenz in der Neuen Antikapitalistischen Partei (NPA) daran, eine direkte Zusammenarbeit zwischen der NPA und der Linksfront vorzubereiten. Das Ziel der NPA ist es, nach den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im April/Mai und dann im Juni diesen Jahres in eine mögliche Regierung der Sozialistischen Partei (PS) einzutreten, um scharfe Spar- und Klassenkriegsmaßnahmen gegen die Arbeiter durchzusetzen.
Dies bestätigt die Analyse der WSWS, die sie anlässlich der Gründung der NPA durch die Ligue Communiste Revolutionnaire (LCR) im Jahr 2009 machte: “Um Teil der Neuorganisation der bürgerlichen Linken zu sein, muss die LCR klar machen, dass sie ihre bisherigen, auch noch so dürftigen Verbindungen zur revolutionären Politik abbricht. In soweit die LCR in der Öffentlichkeit mit dem Trotzkismus identifiziert wird, stellt das ein Hindernis für die scharfe Rechtswende dar, welche die LCR in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften, der Sozialistischen Partei und anderen Kräften des französischen politischen Establishments erwartungsgemäß vollziehen wird.”(Siehe: “Frankreich: Was stellt die Neue Antikapitalistische Partei der LCR dar?”)
Der Mechanismus für eine mögliche Regierungskoalition unter Einschluss der NPA und der übrigen bürgerlichen “Linken” ist die Annäherung zwischen einer Fraktion in der NPA, der antikapitalistischen Linken (GA), und der Linksfront, die aus der Französischen Kommunistischen Partei (KPF) und der Linkspartei (PG) besteht. Der Präsidentschaftskandidat der Linksfront ist Jean-Luc Mélenchon, ein ehemaliger PS-Minister, der 2009 aus der PS austrat, um die Linkspartei zu gründen. Die Antikapitalistische Linke entstand aus der ehemaligen “Plattform B”, einer NPA-Fraktion, die nach der Sommerschule der NPA im August 40 Prozent der Stimmen bekam. Zu dieser Zeit befürwortete sie bereits ein Bündnis mit der Linksfront. (Siehe: “Die Sommerschule der französischen Neuen Antikapitalistischen Partei markiert einen neuen Rechtsruck”)
Am 11. Februar veranstaltete die GA ein Treffen, in dem sie die NPA-Führung, die Linkspartei, die Unitary Left (eine Splittergruppe der NPA, die schon innerhalb der Linksfront aktiv war), die KPF-Führung, und andere kleinbürgerliche Gruppen an einen Tisch brachte. Das Ziel war, den Grundstein für ein Bündnis bei den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu legen.
Der von den Teilnehmern einstimmig angenommenen Erklärung der Antikapitalistischen Linken zufolge geht es jetzt darum “im Kontext einer globalen Krise des Kapitalismus, der Eurozone und Frankreichs … , sowohl auf der Straße als auch an der Wahlurne einen Anti-Krisen Linksblock zu bilden, um an die Macht zu kommen und in enger Verbindung mit dem selbsttätigen Kampf der Massen ein Programm für einen Bruch mit dem Kapitalismus auszuarbeiten.”
Der Block würde “politische Tendenzen (von der stark antikapitalistischen Linken bis hin zu den anti-marktwirtschaftlichen linken Reformisten, Gewerkschaftern, Aktivisten in den Arbeitervierteln, kritischen Intellektuellen, Jugendbewegungen und radikalen Gruppen von Umweltschützern) zusammen bringen.”
Mit der pompösen Sprache der Erklärung soll eine offenkundige Lüge verborgen werden: die GA und die NPA möchten es so hinstellen, als sei es durch ein Bündnis mit Mélenchon, einem ehemaligen Minister in der Cohabitationsregierung der pluralen Linken von 1997-2002 möglich, “mit dem Kapitalismus zu brechen”. Diese Regierung brach bei den Wahlen von 2002 zusammen, als der sozialistische Premierminister Lionel Jospin für seine unpopulären Privatisierungsmaßnahmen und seine Beteiligung am Krieg in Afghanistan im Jahr 2001 abgestraft wurde. Mélenchon ist dabei ein Bündnis mit der PS für die Parlamentswahlen zu schließen.
Keine politische Tendenz kann sich über die Rolle im Unklaren sein, die eine sozialdemokratische Regierung heute in Europa spielen würde. Weit davon entfernt, “mit dem Kapitalismus zu brechen”, würde sie mit der Hilfe von Mélenchon und der kleinbürgerlichen “Linken” Sparmaßnahmen gegen die Arbeiter durchsetzen.
Die sozialdemokratische PASOK-Regierung in Griechenland hat eine zentrale Rolle bei der Ausplünderung des Landes durch die Banken der Europäischen Union gespielt. François Hollande, der PS-Präsidentschaftskandidat, führt Wahlkampf auf der Grundlage eines Programms von Sparmaßnahmen im sozialen Bereich und befürwortet die französischen imperialistischen Kriege in Afghanistan und Libyen - und in Zukunft in Syrien und noch weiteren Ländern.
Die NPA unterstützt diese reaktionäre Politik, applaudierte den Gewerkschaften, als sie die Polizei in die Lage versetzten, den Streik der Arbeiter der Erdölraffinerie und in den Häfen im Herbst 2010 zu zerschlagen und verteidigte Frankreichs Krieg gegen Libyen. (Siehe: “Ein Werkzeug des Imperialismus: Frankreichs Neue Antikapitalistische Partei unterstützt den Krieg gegen Libyen”)
Die Ausrichtung der NPA auf die bürgerlichen “linken” Parteien ist das Spiegelbild ihrer italienischen Gesinnungsgenossen, der pablistischen Gruppe Sinistra Critica (Kritische Linke). Innerhalb der stalinistischen Partei Rifondazione Comunista (Kommunistische Neugründung), nahm sie an der von Romano Prodi geführten Regierung von 2006 bis 2008 teil. Rifondazione half Prodi, Sparmaßnahmen gegen die Arbeiterklasse durchzusetzen, die Truppen in Afghanistan zu verstärken, und die amerikanischen Militärbasen in Italien zu genehmigen.
Wenn die NPA jetzt zu einer Zeit, in der die Wirtschaftskrise und die Intensität der Kriege wesentlich ausgeprägter sind, an einer PS-Regierung oder parlamentarischen Mehrheit teilnehmen sollte, wäre ihre Politik noch rechter als die, die Sinstra Critica vor sechs Jahren machte.
Die Argumente der GA, mit denen sie ihre Ausrichtung auf Mélenchon rechtfertigt, offenbaren die tiefe Demoralisierung der NPA. Die GA lehnt insbesondere den NPA-eigenen Präsidentschaftskandidaten, Philippe Poutou, ab. Poutou wurde von der NPA zum Präsidentschaftskandidaten bestimmt, nachdem ihr bisheriger Kandidat Olivier Besancenot nach dem Ausbruch der revolutionären Kämpfe in Ägypten und Tunesien entschied, sich aus den Präsidentschaftswahlen zurückzuziehen.
Poutou jedoch fehlt ein entscheidendes Element: das Medieninteresse an Besancenot, den die NPA in viele Talk Shows schickte, um eine maximale Wirkung zu erreichen. Ohne diese Berichterstattung in den Medien verläuft die Kandidatur Poutous nur noch schleppend. Die NPA hat sich für die Ausbreitung ihres politischen Einflusses weitgehend von den Medienkonzernen abhängig gemacht.
Die GA erklärte: “Poutous Kandidatur, die mit der Mehrheit der Stimmen beschlossen worden ist, ist nicht in Schwung gekommen - dies ist offensichtlich und sehr ernst zu nehmen. Im besten Fall wirkt er wie ein Außenseiter und ein unfähiger Kandidat, der zeigen soll, dass wir noch existieren, und im schlimmsten Fall wie ein nutzloser und kaum wahrnehmbarer Kandidat.“ Auf der anderen Seite erklärt sie: “Mélenchons Kandidatur ist die einzige, die große Aufmerksamkeit auf sich zieht, mit gut besuchten Versammlungen, mit einer Medienpräsenz und zumindest gewissen Wahlchancen.
Dies zeigt nur, dass die NPA keine Partei ist, die sich in einem politischen Kampf gegen die Bourgeoisie und den Staat zu entwickeln versucht, sondern eine kleinbürgerliche Partei, die versucht sich mit der Hilfe und Komplizenschaft der bürgerlichen Medien eine kleine Wählerschaft zu verschaffen.
Obwohl die Verhandlungen vor allem von der GA geführt wurden, werden die Pläne für ein Bündnis mit Mélenchon deutlich auch von jenen Teilen der NPA unterstützt, die sich der “Plattform B” widersetzt hatten, insbesondere den Besancenot-Anhängern. Am Montag, den 13. Februar, demonstrierte Besancenot vor der griechischen Botschaft zusammen mit Mélenchon, aber ohne Poutou.