Wie JPMorgan Chase am Freitag zugab, belaufen sich die Handelsverluste durch Derivate-Wetten ihres Chief Investment Office (CIO) auf bis zu 5,8 Milliarden Dollar. Das ist fast das Dreifache des Betrages, den die Firma im Mai bekanntgegeben hatte. JPMorgan Chase ist die nach Vermögenswerten größte Bank der USA. Sie erklärte außerdem, dass die faulen Wetten bis Jahresende zu weiteren Verlusten in Höhe von 1,7 Milliarden Dollar führen könnten.
In ihrem zweiten Quartalsbericht für die Überwachungskommission der Wall Street SEC gab die Bank zu, sie habe versäumt, im ersten Quartalsbericht Verluste in Höhe von 459 Millionen Dollar anzugeben. Diesen Bericht hatten Bankchef Jamie Dimon und andere leitende Angestellte am 13. April veröffentlicht. Darin wurden „Einzelpersonen“ beschuldigt, sie hätten „möglicherweise versucht, die Gesamthöhe der Verluste im ersten Quartal zu vertuschen“, – eine Anspielung auf mehrere Händler im Londoner Investmentbüro der Bank, die inzwischen entlassen worden sind.
Der TV-Sender Bloomberg berichtete, mehrere ehemalige JPMorgan-Angestellte hätten in Interviews Zweifel an dieser Darstellung geäußert. Ihnen zufolge verfüge die Firma über Mechanismen, um zu verhindern, dass Händler ihre Verluste einfach kaschieren könnten. In der Tat erwähnte der Bericht von JPMorgan vom Freitag, dass die Bank in ihren internen Bilanzen einen Verlust in Höhe von 718 Millionen Dollar aus den Wetten in London zeigte, der aber bei der Meldung über das erste Quartal unterschlagen wurde.
Mit anderen Worten: JPMorgan hat seinen Bericht fürs erste Quartal an die SEC vorsätzlich gefälscht, um massive Wettverluste zu kaschieren. Das ist eine Straftat, ein Bruch der Bankgesetze, für den Jamie Dimon als Chef verantwortlich ist. Dass Dimon an der Vertuschung beteiligt war, zeigt der Bericht vom Freitag, der belegt, dass er bereits im April über Millionenverluste seiner Bank Bescheid wusste. Damals bezeichnete er auf einer Konferenz die Berichte über größere Verluste als „Sturm im Wasserglas“.
Dieses Debakel mit Handelsverlusten ist nur einer von vielen Skandalen, in deren Mittelpunkt JP Morgan Chase steht.
Die Bank steht derzeit zusammen mit anderen Banken wegen ihrer Beihilfe zur Manipulation des Libor vor Gericht. Mit dieser Manipulation sollten finanzielle Schwächen kaschiert und die Profite aus spekulativen Wetten auf Derivate, die mit dem Libor zusammenhängen, in die Höhe getrieben werden. Der Libor ist der wichtigste globale Bezugswert für Kredite über Billionen von Dollar in Hypotheken, Kreditkarten, Studentendarlehen und anderen Finanzprodukten.
Die SEC und andere Regulierungsbehörden gehen Vorwürfen ehemaliger JPMorgan-Finanzberater nach. Diese behaupten, die Bank habe sie ermutigt, ihren Kunden JPMorgan Anlagefonds zu verkaufen, auch wenn dies gegen die Interessen der Kunden gerichtet war.
Die staatliche Energie-Behörde der USA klagt gegen JPMorgan auf Aushändigung mehrerer Emails, die im Zusammenhang mit mutmaßlichen Preisabsprachen einer Tochterfirma auf dem Elektrizitätsmarkt in Kalifornien und im Mittleren Westen stehen.
JPMorgan und andere Großbanken, Visa und Mastercard, haben vergangene Woche einen Vorschlag unterbreitet, damit die Verfahren wegen heimlicher Absprachen von Preisen und Gebühren bei Kreditkartenzahlungen eingestellt werden. Durch diese Preisabsprachen hatten sie Einzelhändler und Kunden um Millionen betrogen und Anti-Kartell-Gesetze gebrochen.
Dimon ist für seine Rolle bei diesen Deals fürstlich entlohnt worden. Er erhielt vergangenes Jahr über 23 Millionen Dollar Gehalt, elf Prozent mehr als im Vorjahr. Damit ist er nicht der einzige. Die Chefs mehrerer Großbanken erhielten im Schnitt zwölf Prozent mehr als 2011. Dimon wird häufig als „Obamas Lieblingsbanker“ bezeichnet. Er hat das Weiße Haus mehr als ein Dutzend Mal besucht. Schon Stunden nach der überraschenden Bekanntgabe der Verluste von JPMorgan durch Dimon im Mai, legte Obama seine Hand für ihn ins Feuer und nannte ihn „einen der schlauesten Banker, die wir haben“.
Kriminelle Energie durchdringt jede einzelne Pore von JPMorgan und der aktuelle Skandal ist nur die Spitze des Eisberges. Fast täglich kommen in unserem bis ins Knochenmark korrupten Bankensystem neue Skandale ans Licht. Sie enthüllen auch die Komplizenschaft der Kontrollbehörden und Regierungen, die der Finanzmafia als Handlanger dienen.
Der Libor-Skandal betrifft nachweislich zwanzig Banken in den USA, Europa und Asien. Die Vereinbarung mit der in Großbritannien ansässigen Barclays Bank enthüllte auch die Rolle der US-Zentralbank Federal Reserve und der Bank von England. Sie hatten sich an der Vertuschung und Verschleierung der zwischen den Banken abgesprochenen Zinsraten beteiligt, sowohl vor der Kernschmelze an der Wall Street im September 2008, wie auch danach.
Leitende Angestellte von HSBC, dem zweitgrößten Bankenkonsortium der Welt, sollen diese Woche vor dem US-Senat aussagen. Der Bank wird vorgeworfen, Millionen Dollar des mexikanischen Drogenkartells gewaschen zu haben. Im März 2010 gab Wachovia, die jetzt zu Wells Fargo gehört, zu, fast 380 Milliarden Dollar für das Sinaloa-Kartell gewaschen zu haben.
Nicht ein einziger leitender Angestellter einer amerikanischen Großbank ist bisher wegen illegaler Aktivitäten strafrechtlich verfolgt oder gar vor Gericht gestellt und verurteilt worden, obwohl sie damit das Platzen der Spekulationsblase 2007 herbeigeführt und die Welt in die tiefste Wirtschaftskrise seit der Großen Depression gestürzt haben. Im Gegenteil, die Finanzoligarchie hat seither Milliarden in Form von Rettungspaketen erhalten, für welche die arbeitende Bevölkerung aufkommen muss. Seither wurden in den USA und in ganz Europa im großen Stil Arbeitsplätze zerstört und Löhne und Renten gesenkt.
Die Krise, welche die Banken selbst ausgelöst haben, wird von ihnen benutzt, um die Macht von Mega-Banken wie der JPMorgan zu konsolidieren und ihre Kontrolle über das politische System zu verstärken. Mit überwältigender Klarheit zeigt sich die Existenz einer internationalen Finanzaristokratie, welche die Gesellschaft gnadenlos plündert, um ihren obszönen Reichtum zu vermehren. Sie arbeitet einzig und allein nach ihren eigenen Gesetzen.
Alles Gerede von einer Reform des Finanzsystems, der Überwachung der Banken oder einer Änderung der “Kultur” der Wallstreet und der City von London zeugt von Ignoranz oder Betrug. Um den eisernen Zugriff der Wallstreet-Kriminellen auf die Gesellschaft zu brechen, bedarf es der Massenmobilisierung der Arbeiterklasse. Sie muss mit einem sozialistischen Programm bewaffnet werden, um die Finanzspekulanten zu enteignen und die Banken und Großkonzerne in demokratisch gelenkte Körperschaften zu verwandeln, die in öffentlichem Besitz und unter der Kontrolle der arbeitenden Bevölkerung stehen.