Drohnen für die USA

Ein kaum bemerkter Zusatz zu einer 63 Milliarden Dollar umfassenden Änderung der Bestimmungen der US-Flugbehörde hat verhängnisvolle Auswirkungen auf die demokratischen Rechte der USA.

Präsident Obama unterzeichnete die Gesetzesänderung namens “Modernisierung und Reform der Flugbestimmungen 2012” am 14. Februar. Sie ebnet den Weg für eine drastische Ausweitung des Einsatzes unbemannter Fluggeräte, allgemein als Drohnen bekannt, so dass sie auch auf dem Gebiet der USA eingesetzt werden können.

Das Gesetz zeigt anschaulich, dass das explosive Anwachsen des US-Militarismus in Übersee eng mit der ständigen Ausweitung staatlicher Unterdrückung in Amerika zusammenhängt.

Drohnen sind in aller Welt berüchtigt. Die USA benutzen sie als Instrumente militärischer Aggression und zur Tötung ihrer Feinde im „Krieg gegen den Terror“. Ihr Einsatz hat sich im vergangenen Jahrzehnt vervielfacht. 2001 umfasste das militärische Arsenal der USA nur fünfzig Drohnen. Inzwischen hat die Flotte eine Stärke von 7.500 und reicht von der kleinen „Raven“- („Raben“) Drohne, die zur Überwachung eingesetzt wird, bis zu den bekannteren großen Drohnen, die unter den Namen „Predator“ (Raubtier) und „Reaper“ („Sensenmann“) bekannt sind. Sie sind in der Lage, bis zu 28 Stunden unentdeckt über menschlichen Zielen zu schweben und „Hellfire-Missiles“ („Höllenfeuer-Raketen“) mit grauenvollen Auswirkungen abzufeuern.

Erst im vergangenen Monat rechtfertigte Obama öffentlich das amerikanische Vorgehen, das offenbar in einem verdeckten Drohnenkrieg gegen Pakistan bestand. Dabei weiß das pakistanische Volk sehr wohl, wer für den tödlichen Regen verantwortlich ist, der auf die verarmten Dörfer in ihren Stammesgegenden niederging. Drohneneinsätze haben seit der Regierungsübernahme durch Obama dramatisch zugenommen. Sie haben seit 2004 fast 2.700 Menschen das Leben gekostet, die große Mehrheit von ihnen unbewaffnete Zivilisten.

Drohnen wurden eingesetzt, um im Namen der CIA in Jemen, Somalia und andernorts Menschen zu töten. Zu ihren Zielen gehörten US-Bürger wie der in Neu-Mexiko geborene islamische Geistliche Anwar al-Awlaki, der so auf Anweisung des US-Präsidenten zum Tode verurteilt wurde, ohne dass je irgendwelches Beweismaterial gerichtlich gegen ihn präsentiert worden wäre.

Diese Massaker und Morde werden ferngesteuert ausgeführt. CIA-Angestellte und Militäragenten zielen über Computerbildschirme auf ihre Opfer, während sie in ihren Büros in der Wüste von Nevada oder im Hauptquartier in der Nähe von Langley im US-Bundesstaat Virginia sitzen.

Jetzt ist der Weg für den Einsatz dieser Technologie in den USA geebnet. Das Gesetz, das Obama vergangene Woche unterzeichnete, fordert die US-Flugbehörde auf, innerhalb von neunzig Tagen dafür zu sorgen, dass Regierungsbehörden die Erlaubnis erhalten, ihre eigenen Drohnen auf dem Territorium der USA einzusetzen. Kleinere Drohnen müssen umgehend für den Einsatz durch alle „staatlichen Sicherheitsbehörden“ freigegeben werden. Innerhalb von sechs Monaten muss die Flugbehörde ein Pilotprogramm einrichten, um Drohnen in sechs Testgebieten des Landes in das „nationale Flugsystem“ zu integrieren.

Bis 2020 könnten schätzungsweise dreißigtausend Drohnen am Himmel über den USA im Einsatz sein. Neben den militärischen Drohnen gibt es auch polizeibetriebene und welche, die sich im Besitz großer Konzerne befinden. Sie werden heute schon von der staatlichen Sicherheitsbehörde zur Überwachung der US-Grenzen benutzt.

Entscheidende Triebfeder hinter der Gesetzgebung war die Association for Unmanned Vehicle Systems International (Internationale Vereinigung für unbemannte Bewegungssysteme), zu dessen Mitgliedern Giganten des militärisch-industriellen Komplexes gehören, zum Beispiel Lockheed Martin, Boeing, General Dynamics, Northrop Grumman und Raytheon. Ihre Lobbyisten haben Informationen zufolge an der Abfassung des Gesetzes mitgewirkt. Der Drohnenmarkt erreicht jährlich schon fast einen Umsatz von sechs Milliarden Dollar. Es wird erwartet, dass er sich in den kommenden zehn Jahren verdoppelt.

Diese Ausuferung der Drohnen schafft vor allem die Voraussetzung für eine gewaltige Ausweitung der Überwachung amerikanischer Bürger. Drohnen können ausgereifte Überwachungsausrüstungen transportieren, mit deren Hilfe nicht nur Einzelpersonen auf Schritt und Tritt überwacht werden können, sobald sie das Haus verlassen, sondern sie können auch deren elektronische Kommunikationsmittel belauschen.

“Drohnen geben der Regierung und anderen Betreibern [von Fluggeräten] neue Überwachungswerkzeuge an die Hand, um ausgiebige und bis ins Private reichende Daten über den Aktionsradius und die Aktivitäten von Amerikanern zu sammeln“, warnte Jennifer Lynch, Betriebsanwältin der Electronic Freedom Foundation (EFF, Elektronischen Freiheits-Stiftung). Die EFF zog letzten Monat vor Gericht, um die Herausgabe von Daten über bereits erteilte behördliche Genehmigungen zum Einsatz von Drohnen im US-Luftraum zu erwirken.

Darüber hinaus gibt es keinen Grund zur Annahme, dass Drohnen innerhalb der USA nur unbewaffnet sein könnten, und dass die US-Regierung die Erfahrungen, welche sie bei ihren Mordzügen in Pakistan und bei der Ermordung al-Awlakis gemacht haben, nicht auch im Inland verwerten würden. In dieser Hinsicht lohnt es sich, an die Argumente zu erinnern, mit denen die Verabschiedung des National Defence Authorization Act (Ermächtigungsgesetz zur nationalen Verteidigung) gerechtfertigt wurde. Obama unterzeichnete das Gesetz vergangenen Dezember.

Mit diesem Gesetz verankerte der US-Kongress die Macht des Präsidenten, jeden Menschen, auch US-Bürger, die auf amerikanischem Territorium festgenommen werden, ohne Gerichtverfahren und außerhalb der Verfassungsrechte zu unbefristeter Militärhaft zu verurteilen.

Die Befürworter im Kongress rechtfertigen ihre Haltung damit, dass der „globale Krieg gegen den Terror“ den gesamten Planeten, einschließlich der USA, in ein Schlachtfeld verwandelt habe. Es gibt keinen Grund, warum eine Regierung, die eine solche reaktionäre Behauptung akzeptiert, davor zurückschrecken sollte, Drohnen einzusetzen, um Menschen innerhalb der Vereinigten Staaten umzubringen, wenn sie sie doch im Ausland regelmäßig zur Ermordung von Menschen einsetzt.

Mit der Unterstützung der Obama-Regierung und beider großer Parteien und fast ohne ein Wort des Widerstands aus den Medien oder dem politischen Establishment werden hier alle Weichen für einen ausgewachsenen Militär- und Polizeistaat gestellt.

Hintergrund dieses Prozesses ist die beispiellose soziale Polarisierung zwischen der Finanzaristokratie, welche Macht und Wohlstand monopolisiert, und den arbeitenden Menschen, der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung.

Während sich die kapitalistische Krise verschärft und sich die ersten Anzeichen eines wiedererwachenden Klassenkampfes regen, greift die herrschende Elite zur Verteidigung ihrer Macht in den USA auf dieselben Methoden zurück, die sie im Ausland anwendet, um ihre Interessen durchzusetzen.

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