Obamas Defizitkommission greift Sozialprogramme an

Die Obama-Regierung bereitet einen neuen, radikalen Angriff auf die Arbeiterklasse vor, verbunden mit noch größeren Steuersenkungen und außerordentlichen Gewinnen für die Wirtschafts- und Finanzelite. Das ist der Inhalt eines Berichts, den die Vorsitzenden der Defizitkommission – Demokraten und Republikaner gemeinsam – am Mittwoch präsentierten.

Unterzeichner des Berichts sind die Kommissionsmitglieder Alan Simpson, ein ehemaliger republikanischer Senator, und Erskine Bowles, ein früheres Mitglied der [Demokratischen] Clinton-Regierung. Die wichtigsten Maßnahmen ihres Berichts beinhalten:

* Geringere Rentenerhöhungen und eine Erhöhung des Rentenalters auf 68 bis zum Jahr 2050 und auf 69 bis 2075.

* Reduzierung der Gesundheitsausgaben in allen Bereichen, einschließlich tiefer Einschnitte bei der Krankenversicherung für US-Bürger ab 65 Jahren (Medicare) und beim Gesundheitsdienst für Bedürftige (Medicaid). Diese Einschnitte übertreffen noch die der bisherigen Gesundheitsreform von Obama. Die Kommissionsmitglieder setzen sich auch für eine Reform des Schadensersatzrechts ein, um es den Leuten zu erschweren, bei medizinischen Kunstfehlern auf Schadensersatz zu klagen.

* Eine zehnprozentige Senkung der Zahl der Beschäftigten bei den Bundesbehörden, d.h. einen Verlust von über 200.000 Arbeitsplätzen, die Streichung von zusätzlich 250.000 Stellen von Personen, die im Auftrag der Regierung arbeiten, und eine dreijährige Nullrunde bei den Gehältern für alle nicht-militärischen Bundesangestellten.

* Die Durchführung eines von mehreren Vorschlägen für eine "Steuerreform", die das Steuersystem noch weiter zugunsten der Reichen in Schieflage bringen wird. Die Vorschläge umfassen die Beseitigung oder Senkung steuerlicher Absetzbarkeit und die Absenkung der individuellen Einkommensteuersätze, einschließlich einer massiven Senkung für Spitzenverdiener von aktuell 35 Prozent auf 23 Prozent. Ebenfalls enthalten ist eine Reduzierung des Unternehmenssteuersatzes von 35 Prozent auf 26 Prozent und die dauerhafte Beibehaltung der Steuergutschriften für Unternehmen als Teil des Plans, Amerika zum unternehmerfreundlichsten Land zu machen. Steuervergünstigungen für die breite Bevölkerung, wie z.B. die Steuergutschrift auf Zinsen für ein Eigenheim, sollen abgeschafft und regressive Verbrauchssteuern eingeführt werden, darunter eine Erhöhung der Benzinsteuer um 15 Cent bis 2013.

Dass die Mehrheit des amerikanischen Volkes diese Vorschläge ablehnt, wird sogar von den Ausschussmitgliedern selbst eingeräumt. Simpson scherzte, ohne seine Verachtung gegenüber der Bevölkerung zu verheimlichen, dass er womöglich in ein "Zeugenschutzprogramm" aufgenommen werden müsse. Er sagte, die Kommissionsmitglieder hätten alles auf den Tisch gelegt, um dem amerikanischen Volk Gelegenheit zu geben, diese Brocken zu verdauen.

Die Kommissionsmitglieder und die Medien bezeichnen den Bericht als Plan, der "allen gleichermaßen Opfer abverlangt“. Das ist eine Täuschung. Nicht nur sind die Sparmaßnahmen, zum Beispiel die Kürzungen im Gesundheitswesen für Senioren, in ihrer überwältigenden Mehrheit gegen die Arbeiterklasse gerichtet, sondern unter dem Deckmantel des Defizitabbaus und einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik werden Änderungen am Steuersystem vorgeschlagen, die effektiv Billionen von Dollar vom Staat auf die privaten Konten der Finanzaristokratie transferieren werden.

Die Vorschläge zeigen, dass die Wirtschaftskrise, die durch die Kriminalität und die Gier der herrschenden Elite entfesselt wurde, genutzt wird, um das gesellschaftliche Leben und die Klassenbeziehungen zum Wohle derselben Elite grundlegend und dauerhaft zu verändern.

Diese Politik des Klassenkampfs von oben hat die Unterstützung der Obama-Regierung und beider politischen Parteien. Am Donnerstag kam Obama den Ausschussvorsitzenden von Südkorea aus zu Hilfe und kritisierte die Mitglieder seiner eigenen Partei, die andeuteten, dass die Kürzungen zu weit gingen. "Wir werden Maßnahmen treffen müssen, die schwierig sind, und wir werden der amerikanischen Bevölkerung die Wahrheit sagen müssen"; sagte Obama, als er die Argumente des Berichts wiederholte.

Die Vorschläge wurden am selben Tag veröffentlicht, an dem das Weiße Haus so deutlich wie nie klar machte, dass es bereit sei, der von den Republikanern geforderten Verlängerung von Bushs Steuersenkungen für die Reichen zuzustimmen. Obamas Berater David Axelrod sagte der Huffington Post am Mittwoch, die Regierung werde einer vorübergehenden generellen Verlängerung der Steuersenkungen zustimmen, inklusive für diejenigen, die mehr als 200.000 Dollar im Jahr verdienen.

Die New York Times, die führende liberale Zeitung des Establishments, erklärte ihre volle Unterstützung für die Vorschläge der Kommission. Ihr Leitartikel am Donnerstag begrüßte den Bericht als "willkommenes Gegenmittel" zum Wahlkampf, der keine glaubwürdigen Vorschläge zur Verringerung des Defizits geboten habe. Die Times lobte die Ausschussmitglieder für ihren Mut, die Notwendigkeit für erhebliche Einsparungen bei den sozialen Dienstleistungen, Medicare und anderen staatlichen Programme auszusprechen.

Die Times war besonders von den Kürzungen im Gesundheitswesen angetan. Sie stellte anerkennend fest, dass die Vorsitzenden die neue Gesundheitsreform „noch übertreffen, da sie die wichtigsten Kostensenkungsmaßnahmen aufwerten. Zum Beispiel wird das Medicare Gremium verstärkt [ein Komitee, das Möglichkeiten zur Kostensenkung bei der Beihilfe für Senioren ausarbeitet], und die Steuerabzüge für die von den Arbeitgebern finanzierten Versicherungspläne werden auf ein niedrigeres Niveau abgesenkt, als es das Gesetz vorsieht". Das bedeutet, die Arbeiter werden gezwungen, auf billigere Versicherungspolicen mit weniger Deckung zu wechseln.

Die Vorschläge von Simpson und Bowles setzen die Politik der ersten beiden Jahre der Obama-Regierung fort, in denen die Banken gerettet, die Löhne gesenkt, die Kriege ausgedehnt und die Staatsausgaben für das Gesundheitswesen gekürzt wurden.

Die liberalen und pseudo-sozialistischen "Linken", einschließlich der Zeitschrift The Nation, und kleinbürgerliche Gruppen wie die International Socialist Organization, boten Obama Unterstützung und politische Rückendeckung, die er für seine Angriffe auf die Arbeiterklasse nutzte. Seine Regierung gönnte den Konzernen und der Finanzelite nach dem finanziellen Zusammenbruch von 2008 eine Atempause, um sich neu zu organisieren. Die verbreitete Enttäuschung über Obamas Verrat an seinen Wahlversprechen ermöglichte der Republikanischen Partei wieder auf die Füße zu kommen, nachdem sie von den Wählern bei Obamas Erdrutschsieg von 2008 abgestraft worden war.

Die Wahlen für das Jahr 2010 zeichneten sich durch massenhafte Unzufriedenheit und Stimmenthaltung bei den Arbeitnehmern und Jugendlichen aus, die zwei Jahre zuvor für Obama gestimmt hatten. Der weitreichende Sieg der Republikaner läutet noch aggressivere Angriffe der Finanzelite auf die Arbeiterklasse ein.

Der Bericht der Kommissionsvorsitzenden unterstreicht den völlig undemokratischen Charakter des politischen Systems der USA und das grundlegend betrügerische Wahlsystem, das von zwei rechten Parteien des Großkapitals dominiert wird. Um die von der überwiegenden Mehrheit der Menschen abgelehnten sozialen Sparmaßnahmen vorzubereiten, bildete Obama im Februar die Defizitkommission, wobei er zwei Vorsitzende ernannte, die sich schon in der Vergangenheit durch Angriffe auf die Sozialversicherung ausgezeichnet hatten. Der Veröffentlichung des Berichts der Defizitkommission wurde bewusst auf einen Zeitpunkt nach den Wahlen gelegt, um den Wählern keine Möglichkeit der Mitbestimmung bei den Vorschlägen zu geben.

Wenn jetzt ein Teil der Demokraten, ihrer "linken" Unterstützer und der Gewerkschaftsbürokratie den Kommissionsbericht kritisieren, dann darf dies niemand ernst nehmen. Sie werden ebenso fleißig daran arbeiten, jegliche Opposition in der Bevölkerung unschädlich zu machen und die brutalen Sparmaßnahmen durchzusetzen, wie sie es bereits getan haben, um Obamas Politik in den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit zu unterstützen.

Die Vorschläge sind eine deutliche Warnung an das amerikanische Volk. Sie sind nur der Anfang. Sozialprogramme, von denen Millionen von Menschen abhängig sind und die seit Generationen für selbstverständlich gelten, werden nun gezielt demontiert. Alles liegt jetzt auf dem Tisch: die Renten, Arbeitslosengeld, Gesundheitsvorsorge, das öffentliche Bildungssystem.

Die amerikanische Finanzaristokratie ist erbarmungslos in ihrer Entschlossenheit, die Klassenverhältnisse umzukrempeln. Die Erfahrungen mit der Obama-Regierung haben gezeigt, dass es unmöglich ist, diese Angriffe im verfaulten Rahmen der Demokratischen Partei und des Zwei-Parteien-Systems abzuwehren.

Um für ihre Interessen zu kämpfen, benötigt die Arbeiterklasse ihre eigene politische Partei und ihr eigenes Programm, das auf der sozialistischen Umgestaltung der amerikanischen und der Weltwirtschaft beruht.

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