Zwei Jahre nach der größten Finanzkrise des Weltkapitalismus seit den 1930er Jahren machten führende internationale Bankiers beim Weltwirtschaftsforum in Davos in der Schweiz vergangene Woche klar, dass sie sich gegen jeden Versuch wehren werden, ihren spekulativen Praktiken Grenzen zu setzen. Diese Praktiken haben Regierungen allerorten gezwungen, riesige Defizite anzuhäufen, und zur Vernichtung von Dutzenden Millionen Arbeitsplätzen geführt.
Die Gefahr einer "doppelten" Rezession, von Handelskrieg und dem Bankrott ganzer Länder bilden den Hintergrund der jährlichen Beratungen in Davos, wo die führenden Bankiers und Unternehmensführer der Welt seit vierzig Jahren ihre Geschäftsstrategien mit führenden Politikern und Wirtschaftswissenschaftlern diskutieren.
Die Furcht vor einem bevorstehenden Handelskrieg zwischen den USA und China wurde in Davos von Äußerungen Larry Summers genährt, dem führenden Wirtschaftsberater Präsident Obamas. Bei einer Podiumsdiskussion mit dem Vizeminister der chinesischen Zentralbank, Zhu Min, griff Summers Chinas Handels- und Geldpolitik an und drohte, die USA seien bereit, mit eigenen protektionistischen Maßnahmen dagegenzuhalten.
Unter Hinweis auf die riesigen Geldsummen, die von den Regierungen in aller Welt in den Wirtschaftskreislauf gepumpt wurden, wandte sich der Wirtschaftsprofessor an der Harvard University, Kenneth Rogoff, an die heute Dreißig-Jährigen: "Für euch wird es schrecklich werden." Anknüpfend an die enorme deutsche Staatsverschuldung sagte Rogoff an einen jungen Deutschen auf dem Forum gewandt, dass Deutschlands Schulden explodierten und dass es keine Alternative zu Sparmaßnahmen und deutlichen Steuererhöhungen gebe. "Es wird sehr, sehr schmerzhaft", sagte Rogoff.
Die Banker reagierten auf der Konferenz auf die katastrophalen Folgen ihrer eigenen Aktivitäten, indem sie die Reihen schlossen, um ihre Profite und Millionen-Dollar-Boni zu verteidigen. Die wichtigste Lehre, die diese Herren des internationalen Finanzsystems aus den Ereignissen der letzten beiden Jahre ziehen, ist die, dass sie sich auf die bedingungslose Bereitschaft ihrer Regierungen verlassen können, sie frei zu kaufen.
Diese Haltung wurde in einer Debatte zwischen dem Mitbegründer der Carlyle Group LP, David Rubenstein, und Professor Nouriel Roubini von der New York University deutlich. Rubenstein sagte: "Wir haben einen leichten Herzanfall erlitten, aber Herzanfälle sind heute nicht mehr so tödlich. Wir haben eine Menge gelernt."
Rubensteins Lehre ist, dass die Spekulation aufgrund der Unterstützung durch die Regierungen noch nie so gut lief. Er erklärte, jetzt sei eine "sehr gute Zeit" zum Investieren und prahlte, dass die 2009 getätigten Geschäftsabschlüsse seiner Gruppe "sich als die besten erweisen werden, die wir in den letzten zehn Jahren getätigt haben."
Einer der zentralen Punkte der Diskussion in Davos waren Vorschläge, gewisse Aktivitäten des Bankensektors zu regulieren, die zum Beispiel von Obama vorgeschlagen wurden. Die Bankiers wissen durchaus, dass ganze Tätigkeitsfelder spekulativer Geschäfte unberührt bleiben und dass die Pläne vor allem der Beruhigung der Öffentlichkeit dienen. Ein amerikanischer Kommentator bemerkte, dass Vorschläge, die Aktivitäten der Banken einzuhegen, "ungefähr soviel Aussicht haben, vom Kongress beschlossen zu werden, wie Politiker haben, in den Himmel zu kommen".
Die Konferenz in Davos wurde mit einer Rede des französischen Präsidenten Nicholas Sarkozy eröffnet, der die Frage der internationalen Bankenregulierung aufwarf. Sarkozy kritisierte die Gier der Banker, stimmte dem Vorschlag der Obama-Regierung zu, den Eigenhandel der Geschäftsbanken zu verbieten, und schlug ein neues Bretton-Woods-System vor. Damit spielte er auf die internationalen Vereinbarungen nach dem Zweiten Weltkrieg an, die auf der unangefochtenen Vorherrschaft der amerikanischen Wirtschaft beruhten. Sarkozy legte großen Wert auf die Feststellung, dass sein Ziel sei, den Kapitalismus zu retten, nicht ihn zu begraben.
Die großen Worte des französischen Präsidenten werden von Vertretern der Finanzwirtschaft nicht allzu ernst genommen. Als Jacko Maree, Vorstandschef der amerikanischen Standard Bank, nach seiner Meinung über Sarkozys Bemerkungen gefragt wurde, antwortete er: "Eine Menge dieser Vorschläge haben politisch Charme, aber ihre praktische Umsetzung ist eher unwahrscheinlich."
Die Offensive der Bankiers in Davos wurde von Josef Ackermann, dem Chef der Deutschen Bank, der größten deutschen Bank, und von Peter Sands, dem Chef von Standard Chartered, einer der größten britischen Banken angeführt.
Ackermann sagte bei einer Podiumsdiskussion, dass die "Schuldzuweisungen" langsam aufhören müssten. Ackermann drohte kaum verhüllt damit, dass große Banken ihre Kreditvergabe weiter einschränken könnten: "Wenn es keinen starken Finanzsektor gibt, der den Aufschwung stützen kann, dann wäre das ein großer Fehler, den Sie später bereuen werden."
Sands hieb in die gleiche Kerbe. Als er gefragt wurde, ob er unterstütze, Banken zu zerschlagen, die von Regierungen als "zu groß zum Scheitern" angesehen werden, antwortete er: "Die unmissverständliche Antwort ist Nein’."
Am Rande der Konferenz nahm Ackermann an einem Treffen von Bankenvorständen teil, um eine gemeinsame Strategie zur Verhinderung jeglicher Beschränkungen ihrer Aktivitäten auszuarbeiten. Am Samstag trafen er und andere führende Banker sich zu vertraulichen Diskussionen mit den Finanzministern Frankreichs und Großbritanniens, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, und dem Direktor des IWF, Dominique Strauss-Kahn. Ebenso anwesend war der amerikanische Abgeordnete Barney Franks, Vorsitzender des Finanzausschusses des Repräsentantenhauses.
Ackermann lehnte zwar ab, Details der Gespräche bekanntzugeben, aber er lobte den Geist der Kooperationsbereitschaft, der das Treffen geprägt habe. "Der Dialog zwischen Wirtschaftsführern, Politikern und den Leitern von Aufsichtsbehörden war besser denn je."
Zwei Tage nach dem Forum von Davos hob die deutsche Bankenaufsicht Bafin das Verbot von Leerverkäufen an der Börse auf. Diese besondere Form der Spekulation wurde im September 2008 nach dem Ausbruch der internationalen Finanzkrise von den deutschen Aufsichtsbehörden verboten.
Die Arroganz der Bankiers in Davos wurde nur noch von ihrer Verachtung gegenüber der politischen Kaste übertroffen, die sich ihren Forderungen voll unterwirft. Die vertraulichen Diskussionen in Davos haben klar gemacht, dass alle von kapitalistischen Regierungen geplanten Maßnahmen zur Bankenregulierung lediglich Alibicharakter haben.
Die letzten beiden Jahre haben den enormen politischen Einfluss und die gesellschaftlich schädliche Rolle der Banken und großen Finanzinstitute demonstriert. Eine soziale Katastrophe kann nur verhindert werden, wenn die Finanzoligarchen enteignet und die Banken in öffentliche Einrichtungen umgewandelt werden, die unter der demokratischen Kontrolle der Arbeiterklasse stehen. Das muss Teil einer sozialistischen Umorganisation der Weltwirtschaft sein.