Sri Lankas Verteidigungsminister Gotabhaya Rajapakse bekräftigte am Montag, dass die 300.000 tamilischen Zivilisten, die vor den Kämpfen der letzten Tagen des Bürgerkrieges geflohen waren, nun auf unbestimmte Zeit festgehalten werden. Ihre Internierung in verwahrlosten Camps nahe Vavuniya und Jaffna als de facto Kriegsgefangene ist eine offensichtliche Verletzung demokratischer Rechte.
Vor drei Monaten überrannte die Armee die letzte Festung der separatistischen Befreiungstiger von Tamil Eelam (Liberation Tigers of Tamil Eelam, LTTE) im nördlichen Teil von Sri Lanka. Tausende Zivilisten starben in den letzten Tagen, als das Militär rücksichtslos mutmaßliche LTTE-Stellungen mit Artillerie und der Luftwaffe bombardierte. Viele der Überlebenden sind verletzt und leiden an Unterernährung und Wassermangel. Sie wurden in "Wohlfahrtsdörfern" zusammengetrieben, mit Stacheldraht eingezäunt und von schwer bewaffneten Soldaten bewacht.
Angesichts weitverbreiterter internationaler Kritik versprach die Regierung anfangs 80 Prozent der Lagerinsassen innerhalb von 180 Tagen umzusiedeln. Die Zusage wurde jedoch schnell fallen gelassen, nachdem Sri Lanka mit der Hilfe Russlands und Chinas eine Resolution des UN-Menschenrechtsrats blockierte, die freieren Zugang zu den Internierungslagern vorsah.
Die willkürliche Internierung von hunderttausenden Tamilen, darunter Alte und Kleinkinder, unterstreicht den rassistischen Charakter des Krieges. Was die offizielle Propaganda über die "Befreiung" der tamilischen Zivilbevölkerung wert ist, zeigen die letzten Kommentare von Verteidigungsminister Rajapakse in der Zeitung Island vom Montag, die klarmachen, dass die Regierung und das Militär alle Tamilen als Feinde und als Mitglieder der "terroristischen Tiger" betrachten.
Rajapakse betonte, dass die Freilassung der Internierten nur zu einem erneuten Aufschwung von LTTE-Angriffen führen werde. "LTTE-Terroristen, die jetzt bei den Vertriebenen untergetaucht sind, können sich dann als Zivilisten verkleiden und ihre Angriffe fortsetzen, wenn die Regierung innerem und äußerem Druck nachgibt und sie freilässt," erklärte Rajapakse. "Es gab eine Menge Sprengstoff, Waffen und Munition, die im Vanni versteckt waren, speziell im westlichen Teil. Wenn ihnen [den LTTE Kämpfern] die Möglichkeit gegeben würde, sie wieder in die Hand zu bekommen, dann würden sie ihre Angriffe wieder aufnehmen."
Mit anderen Worten, um "Terror-"Angriffe zu verhindern, hat die Regierung hunderttausende Zivilisten ohne Anklage und Gerichtsverfahren auf unbestimmte Zeit festgesetzt. In den Lagern wurden hunderte junger Leute von den Sicherheitsbehörden vernommen und für weitere Verhöre, möglicherweise in Verbindung mit Folter, in unbekannte Gefängnisse gebracht. In vielen Fällen wurden den Angehörigen keine Informationen über ihren Verbleib gegeben.
Der neu ernannte Generalstabschef, General Sarath Fonseka, forderte ebenfalls, keinen der Internierten freizulassen. In einer Ansprache am Montag erklärte er, dass die Lager wichtig für die "Wahrung der Sicherheit der gesamten Region seien, die von den Terroristen befreit wurde, damit die Leute dort ohne Angst und Misstrauen leben können."
Tatsächlich leben kaum mehr Zivilisten in der "befreiten" Region. Weite Teile des ehemals von der LTTE kontrollierten Gebietes wurden entvölkert und für die anstehende dauerhafte Besetzung des Landes durch das Militär in Garnisonen verwandelt. Trotz des Endes der Kämpfe hat Fonseka bereits die Rekrutierung von weiteren 100.000 Soldaten angekündigt, sowie Pläne, Militärgarnisonen in vormals von der LTTE kontrollierten Städten einzurichten.
Fonseka machte den ganzen zutiefst rassistischen Charakter der Unternehmung deutlich, als er ausführte: "Sie [die tamilischen Zivilisten] haben drei Jahrzehnte unter dem Gesetz von Terroristen gelebt, sie wissen wenig über ein zivilisiertes Leben, bürgerliche Gesetze und zivile Verwaltung." Er hob hervor, dass die Internierten "rehabilitiert werden müssen, um zurück in ein normales Leben zu finden." "Rehabilitierung" heißt hier Einschüchterung und Indoktrinierung über einen längeren, unbestimmten Zeitraum hinweg.
Regierung und Militär haben hinsichtlich des Zugangs zu den Internierungslagern starke Einschränkungen erlassen. Medien haben keinerlei Zugang und Hilfsorganisationen dürfen keine Details über die Lager bekanntgeben. Besuche von Angehörigen werden überwacht und aufgezeichnet.
Der durchgängigen Zensur zum Trotz ist es unmöglich, Neuigkeiten über die miserablen Bedingungen in den Lagern zu unterdrücken. Plötzliche schwere Regenfälle haben seit dem 14. August das Leben in den Lagern noch einmal verschlechtert. Die Sunday Times berichtete am letzten Wochenende, dass mehr als 100.000 Flüchtlinge nach den Überschwemmungen ohne ausreichende Unterkunft seien. Am schwersten betroffen ist der Manik Farm Komplex in der nähe von Vavuniya, in dem mehr als 160.000 Menschen zusammengepfercht sind.
Die UN-Nachrichtenagentur IRIN berichtete, dass 37.000 Internierte schwer betroffen sind. An die 1.925 Unterkünfte wurden beschädigt oder zerstört, und and die 100 Toiletten wurden überschwemmt, die nun die Wasserversorgung verschmutzen. "Alle Toiletten sind überflutet. Menschliche Ausscheidungen schwimmen überall hin," sagte einer der Internierten der IRIN. "Vom epidemiologischen Standpunkt aus droht eine Gesundheitskatastrophe," schätzte ein internationaler Mediziner die Situation ein.
Die Lieferung von Gütern ist nach der Überschwemmung von Straßen praktisch zum Erliegen gekommen. Trockennahrung ist oftmals nass, wenn sie ausgehändigt wird.
Die Leute sind nun von der gekochten Verpflegung abhängig, die von der Regierung oder den Hilfsorganisationen ausgeteilt wird, da während der Regenzeit kein trockenes Feuerholz verfügbar ist.
Der Regen bringt für die Menschen, die in Zelten aus Plastikbahnen leben, ungezählte Schwierigkeiten mit sich. Associated Press zufolge wurden nur 1.000 Familien in andere Bereiche des Lagers gebracht. Die Verbleibenden müssen sich selbst zurechtfinden, so gut es geht. Die Bewegungsfreiheit innerhalb der Lager ist durch das Sicherheitspersonal stark eingeschränkt.
Die Regierung behauptet, dass das Hochwasser zurückgehe und die Situation unter Kontrolle sei. Dennoch erklärte der Asiendirektor der Amerika-Sektion von Human Rights Watch, Brad Adams, am Dienstag: "Die Regierung hat diese Leute in die Lager gesteckt und gefährdet ihre Gesundheit und sogar ihr Leben, indem sie sie während der Regenzeit weiter dort festhält."
In einem durchsichtigen Manöver, die Verantwortung von sich zu schieben, beschuldigte der Minister für Wiederaufbau, Rishard Bathiudeen, die Vereinten Nationen, weder ein Drainagesystem, noch andere Maßnahmen gegen ein Hochwasser ergriffen zu haben. Seine Bemerkung enthüllt einzig die kaltschnäuzige Gleichgültigkeit der Regierung gegenüber der Not der eingesperrten tamilischen Zivilisten. Vertreter der UN wiesen die Beschuldigungen zurück.
Berichten zufolge wurden Sicherheitskräfte in und um die Lager herum verstärkt, um Proteste zu unterdrücken. Human Rights Watch zufolge fanden Ende Juli wenigstens zwei Demonstrationen im Lager bei Manik Farm statt, die noch strengere Sicherheitsmaßnahmen zur Folge hatten.
Die Überschwemmungen haben die bereits verzweifelten Bedingungen weiter verschärft. Die Lager sind hoffnungslos überfüllt. Beispielsweise "beherbergen" zwei Abteilungen des Manik Farm Komplexes mehr als 100.000 Menschen, obwohl sie für nur 50.000 ausgelegt sind.
Die Vereinten Nationen berichten über einen Mangel an Toiletten und fehlenden Zugang zu wirklich sauberem Trinkwasser. In den Lagern brachen bereits Krankheiten aus, darunter tausende Fälle von Hepatitis, Ruhr und Windpocken. Allein im Juni ereigneten sich 8.000 Fälle von Durchfall.
Zugang zu medizinischer Versorgung ist vollkommen unzureichend. Die französische Organisation Ärzte ohne Grenzen berichtete, dass einige Ärzte sich pro Tag mit 200 bis 300 Patienten beschäftigen müssen. Wenn sich in der Nacht Notfälle ereignen, liegt das Schicksal der Patienten in den Händen des Schichtpersonals, das entscheidet ob die Person in ein Krankenhaus überstellt wird oder nicht.
Die willkürliche und unbegrenzte Internierung von 300.000 Männern, Frauen und Kindern in den Konzentrationslagern ist eine kaltblütig berechnete Gräueltat. Die Arbeiterklasse Sri Lankas und Arbeiter weltweit müssen sich gegen diesen Verstoß gegen demokratische Rechte wenden und die sofortige und bedingungslose Freilassung und Umsiedlung aller Gefangenen verlangen. Sie müssen Arbeit, menschenwürdige Unterkunft und soziale Versorgung garantiert bekommen.