Iranische Opposition demonstriert unter pro-imperialistischen Parolen

Die regierungsfeindlichen Proteste am Freitag im Iran haben den offen rechten Charakter der Oppositionsbewegung unter Führung des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Mirhossein Mussawi bestätigt. Tausende Mussawi-Anhänger nutzten die Gelegenheit der Demonstrationen zum Al-Kuds-Tag (Jerusalem-Tag), um in ihren grünen Erkennungsfarben in Teheran und anderen iranischen Städten den Rücktritt von Präsident Mahmoud Ahmadinedschad zu fordern.

Das iranische Regime begeht den Al-Kuds-Tag (Al-Kuds - arabisch für Jerusalem) jedes Jahr, um seine Unterstützung für die Palästinenser zu zeigen. Mussawis Anhänger nutzten die Gelegenheit, um mit ihren eigenen Parolen auf die Straße zu gehen. Die regierungsfeindlichen Demonstranten widersetzten sich der offiziellen Unterstützung für die Verbündeten des Iran, die Hamas im Gazastreifen und die Hisbollah im Libanon. Sie riefen: "Nein zu Gaza und Libanon, ich gebe mein Leben für den Iran". Die Parole der Regierung, "Tod Israel", konterten sie mit der Parole "Tod Russland".

Die Opposition greift die Regierung von einem pro-imperialistischen Standpunkt an. Sie fordert in ihren Parolen, alle Opposition gegen das räuberische Vorgehen Israels und die Unterdrückung des palästinensischen Volkes fallen zu lassen. Der Ruf, "Tod Russland", richtet sich zwar vordergründig gegen die Unterstützung Moskaus für Ahmadinedschad. Antikommunistische Untertöne schwingen aber unüberhörbar mit. Sie widerspiegeln die Stimmung der rechten, kleinbürgerlichen Schichten der Mussawi-Anhänger.

Der Zeitpunkt der Proteste ist nicht zufällig. Mussawi und seine Anhänger versuchen offenbar, Ahmadinedschad am Vorabend seines Auftritts vor der UNO-Vollversammlung in Verlegenheit zu bringen. Die Demonstrationen laufen auch parallel zu einer Kampagne der Obama-Regierung und deren Verbündeten, die vor den Gesprächen über das Atomprogramm am 1. Oktober stärkeren Druck auf den Iran ausüben wollen.

Die Medien berichten zwar nur spärlich, aber die Oppositionsdemonstranten scheinen recht provokativ aufgetreten zu sein. Sie haben nicht versucht, den viel größeren offiziellen Demonstrationen aus dem Weg zu gehen, sondern sie geradezu gesucht und die regierungsfreundlichen Demonstranten herausgefordert.

Es kann durchaus sein, dass die Oppositionsführer es nicht ungern gesehen hätten, wenn die Regierung gegen die Demonstranten vorgegangen wäre. Die Medien hätten sich sicher darauf gestürzt und die Ereignisse noch aufgebauscht. Das hätte Ahmadinedschad noch stärker unter Druck gesetzt. Obwohl die Oppositionskundgebungen verboten waren, haben sich Polizei und Milizen offenbar weitgehend zurückgehalten. Die internationale Presse konzentrierte sich auf ein Gerangel um den Ex-Präsidenten Mohammed Khatami, bei dem dieser kurzfristig zu Boden ging. Dagegen gab es keine Berichte über gewaltsame Zwischenfälle oder Verhaftungen.

Die Proteste der Opposition begannen im Juni nach der Präsidentschaftswahl. Weil die Wahl angeblich gefälscht war, organisierten die Mussawi-Anhänger, die hauptsächlich dem Kleinbürgertum angehören, große Kundgebungen. Sie forderten, das Ergebnis der Wahl zu annullieren und Neuwahlen anzusetzen. Die amerikanischen und internationalen Medien begannen eine wüste Kampagne zur Unterstützung dieser "Farbenrevolution". Sie verfolgen eindeutig das Ziel, in Teheran ein Regime zu installieren, das den amerikanischen und europäischen Interessen gegenüber aufgeschlossener wäre.

Die letzten größeren Pro-Mussawi-Proteste gab es im Juli. Danach wurden sie eingestellt, hauptsächlich wegen der staatlichen Unterdrückung. Das Regime war sich seiner instabilen Position durchaus bewusst und versuchte, die Proteste zu ersticken. Es ließ Oppositionsführer verhaften und veranstaltete öffentliche Schauprozesse, um seine Gegner zu verleumden. Als Berichte über Folter an die Öffentlichkeit drangen, sah sich der Oberste Führer, Ajatollah Ali Khamenei, zur Schließung eines Gefängnisses gezwungen.

Was jedoch viel wichtiger ist: An dem Zusammenbruch zeigt sich der Klassencharakter der Bewegung. Mussawi und andere so genannte Reformer, wie der Milliardär und frühere Präsident Ali Akbar Hashemi Rafsandschani, stehen für eine Fraktion des klerikalen Regimes, die Marktwirtschaft und eine Annäherung an die USA verlangt, um die Wirtschaftkrise des Landes zu überwinden. Aber die Arbeiter und Armen auf dem Land lehnen Rafsandschani und die Wirtschaftspolitik früherer Reformregierungen ab, denn sie ging auf ihre Kosten. Aus diesem Grund verweigern sie der Opposition ihre Unterstützung.

In seiner offiziellen Rede zum Al-Kuds-Tag leugnete Präsident Ajmadinedschad erneut den Nazi-Holocaust und versuchte damit, gegen die Politik Israels und des US-Imperialismus im Nahen Osten aufzutreten. Laut der Website des Präsidenten erklärte Ahmadinedschad: "Der Vorwand für die Errichtung des zionistischen Regimes ist eine Lüge; diese Lüge beruht auf einer unbelegten Annahme, einer mythischen Behauptung. Die Besetzung Palästinas hat nichts mit dem Holocaust zu tun."

Die Äußerungen des Präsidenten sind eine Mischung aus leerer Demagogie gegen die Gründung Israels als Agentur des Imperialismus, und andrerseits der Leugnung des Holocaust. Letzteres begünstigt Antisemitismus und spielt den USA und Israel direkt in die Hände. Der reaktionäre Charakter von Ahmadinedschads "Leugnung" des Holocaust wurde 2006 von der staatlich gesponserten Konferenz der "Holocaust-Leugner" unterstrichen, die faschistischen Elementen eine Plattform bot. So sprach dort auch David Duke, ein ehemaliger Ku-Klux-Klan-Führer und bekennender Rassist.

Ahmadinedschad beschimpfte zwar Israel kräftig, aber vermied sorgfältig, über die kriminelle Rolle des US-Imperialismus im Nahen Osten zu sprechen. "Wenn im Irak und in Afghanistan Krieg geführt wird, dann wegen zionistischer Provokationen", sagte er. "Wenn der Sudan unterdrückt wird, dann wegen zionistischer Versuchungen. Die Zionisten stecken hinter allen Verschwörungen und der Arroganz des Kolonialismus." Nun ist zwar Israel sicher in zahlreiche regionale Intrigen verwickelt, aber für die neokoloniale Besetzung des Irak und Afghanistans sind zweifellos die USA verantwortlich. Sie sind auch bei anderen Konflikten, wie im Sudan, die treibende Kraft. Außerdem sind die USA Israels wichtigster Geldgeber und Waffenlieferant.

Es ist kein Zufall, dass Ahmadinedschad jede direkte Kritik an den USA vermeidet. Auch er und sein Lager, bis hin zum Obersten Führer Khamenei, versuchen eine gemeinsame Basis mit Washington zu finden. Sie wollen die Sanktionen beenden und das Land für dringend benötigte Investitionen im Energiesektor öffnen. Allerdings gehen sie vorsichtiger vor als die so genannten Reformer. Bei aller Kritik am "Zionismus" wegen dessen Rolle in den Kriegen gegen Irak und Afghanistan, hat in Wirklichkeit das iranische Regime mit den amerikanischen Invasionen zusammengearbeitet und unterstützt Washington weiter bei der Stabilisierung der Besatzungen.

Die Ereignisse des Al-Kuds-Tages in Teheran unterstreichen die Tatsache, dass der Streit zwischen Ahmadinedschad und Mussawi sich nur um taktische Differenzen innerhalb der iranischen Bourgeoisie über die Wirtschafts- und Außenpolitik dreht. Ihre Parolen zeigen, dass Mussawi, Rafsandschani und die anderen "Reformer" einfach eine offen pro-imperialistische Fraktion repräsentieren, die entschlossen ist, das alte Gerede und ihre Verbindungen zur Hamas und Hisbollah so schnell wie möglich fallen zu lassen. Sie wollen sich ihren Platz im Nahen Osten sichern, der zurzeit von den USA dominiert wird, und die Tore für ausländisches Kapital öffnen.

Die Rechtswende der iranischen Opposition bestätigt die Analyse der WSWS und des Internationalen Komitees der Vierten Internationale. Sie ist eine vernichtende politische Anklage an kleinbürgerlich-"linke" Gruppen, wie zum Beispiel die Neue Antikapitalistische Partei (NPA) in Frankreich und die britische Socialist Workers Party (SWP). Diese haben sich hinter Mussawi und Rafsandschani gestellt und unterstützen sie bis heute. Diese Organisationen machen sich zu Komplizen der Westmächte und ihrer Geheimdienste, die die politischen Unruhen im Iran auszunutzen versuchen, um ein Regime zu installieren, das den westlichen, besonders den amerikanischen Interessen geneigter sein wird.

Siehe auch:
USA drohen Iran mit Sanktionen
(16. September 2009)
Scharfe Spannungen in der iranischen Führung
( 22. Juli 2009)
The Nation propagiert die "Grüne Welle" im Iran: Noch einmal: Der Iran
( 16. Juli 2009)
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