Als George W. Bush am 2. Februar seine Rede zur Lage der Nation hielt und ankündigte, "in einem Bündnis der Freiheit" die "Tyrannei in unserer Welt" zu beenden, ernannte er auch Elliot Abrams zu seinem neuen Nationalen Sicherheitsberater. Nichts könnte die wahren Ziele von Bushs weltweitem Kreuzzug für "Demokratie" deutlicher entlarven als diese Ernennung.
Vielleicht mehr als jede andere politische Gestalt verkörpert Abrams den kriminellen, verlogenen und brutalen Charakter der gegenwärtigen US-Administration. Ausgerechnet er wurde nun mit der Aufgabe betraut, als Bushs oberster Ratgeber in Sachen Demokratie und Menschenrechte zu fungieren.
Als Beamter im Außenministerium zur Zeit der Reagan-Administration war er berüchtigt wegen seinen Lügen zugunsten US-gestützter Militärdiktaturen. Er legte einen fanatischen Eifer an den Tag, jedes Regime zu attackieren, das sich Washingtons Diktat nicht beugen wollte, und diffamierte jeden, der es wagte, die Regierungspolitik in Frage zu stellen.
1991 gab er zu, den Kongress in zwei Fällen über die geheimen und illegalen Operationen der Reagan-Administration zur Finanzierung der CIA-organisierten Kontra-Rebellen in Nicaragua belogen zu haben. Abrams bekannte sich schuldig, um einer strafrechtlichen Verfolgung und möglichen Inhaftierung zu entgehen. Innerhalb von weniger als einem Jahr wurde er von Bush Senior gemeinsam mit anderen in die Iran-Kontra-Affäre Verwickelten begnadigt.
Nachdem er ein Jahrzehnt zum Inventar rechter republikanischer Think-Tanks gehört hatte, rief die Bush-Administration Abrams zurück in die Regierung. Er wurde in den Nationalen Sicherheitsrat berufen und übernahm dort im Juni 2002 die Verantwortung für "Nahost und Nordafrika", wozu auch der israelisch-palästinensische Konflikt gehörte.
Auch diese Wahl war bezeichnend, ist Abrams doch als rechter Zionist und Unterstützer des israelischen Premiers Ariel Sharon sowie dessen Partei Likud bekannt. Vor seinem Amtsantritt hatte er sich für die Aufgabe der Formel "Land für Frieden" eingesetzt, auf deren Grundlage die israelisch-palästinensischen Verhandlungen stattgefunden hatten. In einem Dokument für das Project on the New American Century erklärte er, Washington solle "nicht die Errichtung eines palästinensischen Staates zulassen, der nicht ausdrücklich die US-Politik in der Region verfolgt". Er spielte auch eine Schlüsselrolle dabei, Unterstützung für Israel bei den christlichen Fundamentalisten zu gewinnen.
Die Ernennung Abrams’ zum Chefberater für den Nahen Osten wurde weithin als Signal der bedingungslosen Unterstützung verstanden, die Washington der militärischen Unterdrückung der Palästinenser durch Israel und der Landnahme in den besetzten Gebieten zukommen ließ.
Abrams selbst sieht sich als Neokonservativer. Er gehört zu einem Klüngel antikommunistischer und prozionistischer ehemaliger Demokraten - zu denen auch der stellvertretende Verteidigungsminister Paul Wolfowitz und der Pentagon-Berater Richard Perle gehören. Sie kamen als Gehilfen des US-Senators Henry "Snoop" Jackson in den siebziger Jahren in die Politik und wechselten dann während der achtziger Jahre im Zuge ihrer Rechtsentwicklung zur Republikanischen Partei unter Reagan.
Reagan ernannte Abrams zum Leiter des Menschenrechtsbüros des Außenministeriums. Abrams war hierbei nur zweite Wahl des Präsidenten - zuvor war Ernest Lefever, ein Kalter Krieger der härtesten Sorte, vom Senat abgelehnt worden. Lefever hatte seine offene Verachtung für die Idee geäußert, Washington solle die Verletzung von Menschenrechten durch antikommunistische Regimes bei seinen Beziehungen zu diesen berücksichtigen. Besondere Sympathie hatte er für die chilenische Militärdiktatur Augusto Pinochets.
Abrams war der Schützling Lefevers. Dieser hatte das "Zentrum für Ethik und Politik" gegründet, einen rechten Think-Tank, der amerikanische Großkonzerne als ethische Institutionen darstellen sollte. Nachdem herausgekommen war, dass er den Kongress belogen hatte, wurde Abrams Präsident des Zentrums.
Als Menschenrechtsbeauftragter des Außenministeriums, wie auch später als Staatssekretär im Außenministerium für interamerikanische Angelegenheiten, konzentrierte sich Abrams’ Arbeit auf den Aufbau konterrevolutionärer Einheiten, die Terrorangriffe gegen Nicaragua durchführten, sowie auf die Unterstützung rechter Diktaturen in den Nachbarländern El Salvador, Guatemala und Honduras.
Seine Spezialität war die bodenlose Übertreibung von Menschenrechtsverletzungen in Nicaragua. Besonders krass war dies bei einer erfundenen Kampagne der Fall, die die sandinistische Regierung der Unterdrückung der Miskitoindianer bezichtigte. Damit sollte die Unterstützung für die Kontra-Rebellen gerechtfertigt werden, die über 10.000 Nicaraguaner ermordeten.
Gleichzeitig wischte Abrams fundierte Berichte über massive Grausamkeiten der proamerikanischen Diktaturen beiseite. So beispielsweise im Falle eines Massakers an fast 1000 unbewaffneten Zivilisten in San Salvador durch das von den USA ausgebildete Atlacatl-Bataillon im Dezember 1981. Als Raymond Bonner (New York Times) und Alma Guzillermoprieto (Washington Post) Berichte über den Massenmord veröffentlichten, wies Abrams diese mit den Worten zurück: "Nichts als kommunistische Propaganda".
Einen Tag nach den Zeitungsberichten erstellte das Außenministerium einen Bericht und bescheinigte dem Regime in San Salvador offiziell, es bemühe sich "systematisch und in bedeutender Weise, mit international anerkannten Menschenrechtsorganisationen zusammenzuarbeiten" und bemühe sich "um der Beendigung der wahllosen Folter und Ermordung El Salvadorianischer Bürger". Der Kongress hatte das Dokument als Bedingung für die Bewilligung weiterer Finanzhilfen an das Land verlangt. Reagan legte später sein Veto gegen eine Ausweitung derartiger Überprüfungen ein.
Die von den Vereinten Nationen eingesetzte Wahrheitsfindungskommission veröffentlichte im Jahre 1992 eine Dokumentation des Massakers, die die Identitäten von 500 Opfern sowie die Ergebnisse forensischer Untersuchungen ihrer sterblichen Überreste beinhaltete. In einer Zusammenfassung stellte der Bericht fest:
"Am 10. Dezember 1981 setzten Einheiten des Atlacatl-Bataillons im Dorf El Mozote im Bezirk Morazan widerstandslos alle Männer, Frauen und Kinder am Ort fest. Am darauf folgenden 11. Dezember wurden diese, nachdem sie die Nacht in ihren Häusern eingeschlossen verbracht hatten, grundlos und systematisch in Gruppen exekutiert. Zuerst wurden die Männer gefoltert und getötet, dann die Frauen getötet und zuletzt die Kinder an den Orten, wo sie eingeschlossen worden waren..."
Seither kam heraus, dass das US-Außenministerium bereits voll über das Gemetzel informiert war, als Abrams behauptete, es habe nie stattgefunden, und Journalisten verhöhnte, sie seien von Kommunisten "getäuscht" worden.
In ähnlicher Weise hatte Abrams energisch bestritten, der Leiter der Todesschwadronen, Roberto D´Aubuisson, sei in die Ermordung des Erzbischofs Oscar Arnulfo Romero verwickelt gewesen, der ein Ende der Unterdrückung in El Salvador gefordert hatte. Er verleumdete Menschenrechtler, die die Administration der Vertuschung bezichtigten: "Jeder der glaubt, ein Telegramm zu finden, dass Roberto D´Aubuisson den Erzbischof ermordet habe, ist ein Idiot." Zu jener Zeit hatte das Außenministerium zwei solche Telegramme aus seiner Botschaft in San Salvador erhalten, die die Rolle des Führers der Todesschwadronen bei der Organisation des Mordes detailliert beschrieben.
In ähnlicher Weise wischte Abrams auch Berichte über Massaker in Guatemala beiseite, welche die dortige Katholische Kirche als "Völkermord" bezeichnete. In einem besonders grotesken Fall bestritt er 1985 die Entführung, Folterung und Ermordung der guatemaltekischen Menschenrechtsaktivistin Maria Rosario Godoy, die zusammen mit ihrem 21-jährigen Bruder und ihrem zweijährigen Sohn getötet wurde. Ihre verstümmelten Körper fand man in einer Schlucht. Es war offensichtlich, dass die junge Mutter brutal vergewaltigt worden war, ihrem Kind hatte man die Fingernägel herausgerissen. Abrams bestand darauf, es gebe keinen Anlass, an der Version des guatemaltekischen Regimes zu zweifeln, die drei seien bei einem Autounfall ums Leben gekommen.
Abrams gab sich keine Mühe, seine Verachtung für die vergeblichen Bemühungen des Kongresses zu verbergen, den schmutzigen Kriegen Washingtons in Mittelamerika gewisse Beschränkungen aufzuerlegen. Er beschrieb die US-Legislative als "frömmlerische Clowns" und als "abgrundtief dumm".
Obgleich er nichts über Lateinamerika wusste und nicht einmal spanisch sprach, ging er ganz in den geheimen Operationen im Zuge des illegalen Nicaraguakrieges auf. Er spielte eine zentrale Rolle beim Aufbau des geheimen Netzwerkes zur Finanzierung der CIA-organisierten Kontra-Rebellen, nachdem der Kongress mittels des sog. Boland-Zusatzes die Militärhilfe für diese Söldner unterbunden hatte.
In Zusammenarbeit mit Lt. Col. Oliver North, damals Mitglied des Nationalen Sicherheitsrates, war er persönlich am Auftun illegaler Geldquellen beteiligt. Unter anderem unternahm er einen Flug nach London, um unter dem Pseudonym "Mr. Kenilworth" zehn Millionen Dollar vom Sultan von Brunei entgegenzunehmen. Zur selben Zeit beteuerte Abrams im Kongress, die Reagan-Administration stehe in keinerlei Verbindung zu den angeblich privaten Aktivitäten, die der Unterstützung der Kontras dienten. Insbesondere behauptete er, er habe nicht gewusst, dass North illegale Waffenverkäufe nach Iran organisiert und die Einkünfte daraus den Kontras in Nicaragua habe zukommen lassen.
Die Bush-Administration wischte Fragen über Abrams’ Schuldeingeständnis, er habe vor dem Kongress Falschaussagen gemacht, beiseite. Sie erklärte, das sei "alles erledigt".
Nach Eintritt in den Nationalen Sicherheitsrat war Abrams in den Staatsstreich gegen Venezuelas Präsidenten Hugo Chavez im April 2002 verwickelt. Es wurde weithin berichtet, daß er und Otto Reich, ein weiterer Veteran der Kontra-Affäre, den die Bush-Regierung im Außenministerium platziert hat, die Drahtzieher des Putsches trafen und ausführlich mit ihnen über die Erfolgsaussichten diskutierten.
Ebenso war er in die Affäre um Valerie Palme involviert. Palmes Identität als verdeckte CIA-Agentin war in einer Art Racheakt der Presse offenbart worden, nachdem ihr Ehemann Joseph Wilson, ein ehemaliger Diplomat, die Lügen der Regierung über das nichtexistente Atomwaffenprogramm des Irak entlarvt hatte. Abrams gehörte zu den Hauptverdächtigen dieser rechtswidrigen Enttarnung.
Dieses Individuum ist nun Flaggenträger bei Washingtons weltweitem "Kreuzzug für Demokratie". Seine Ernennung unterstreicht erneut, dass das hohle Geschwätz der Bush-Administration über "Freiheit" ein durchsichtiger Deckmantel für eine weltweite, aggressive militärische Kampagne zur Verwirklichung strategischer Ziele des US-Imperialismus ist.
Illegale Kriege, rechte Staatsstreiche, Terror durch Todesschwadronen und Folter sind die Mittel, derer sich Abrams in früheren Kreuzzügen bediente - kombiniert mit krasser Missachtung demokratischer Prozeduren im eigenen Land. Diese Methoden werden nun in noch schrecklicherem Ausmaß wiederbelebt.