31-jähriger Mann in Köln schwebt nach schweren Misshandlungen durch Polizei in Lebensgefahr

Seit über einer Woche schwebt ein 31-jähriger Mann aus Köln in akuter Lebensgefahr. Stefan N. liegt in einem Krankenhaus im Koma, in das er nach schweren Misshandlungen durch sechs Kölner Polizeibeamte gefallen ist.

Zu diesen Misshandlungen - Schläge und Tritte auf Kopf und Körper des Opfers - kam es in der Nacht von Samstag auf Sonntag den 12. Mai. Die Polizisten waren durch einen Anruf aus der Nachbarschaft zu der Wohnung des Opfers gerufen worden, weil es dort zu einem heftigen Streit zwischen Stefan N. und seiner Mutter gekommen war.

Da die Wohnungstür bei Eintreffen der Polizei nicht sofort geöffnet wurde, traten die Polizisten die Türe ein und schlugen, laut Schilderung der Mutter, den Sohn brutal zusammen. Gegenüber der Frankfurter Rundschau äußerte sich die 66jährige Frau so: "Die traten die Eingangstür ein und schlugen das Kind zusammen wie einen Nudelsack. Solch eine Brutalität, die können sie sich gar nicht vorstellen."

Stefan N., der arbeitslos ist, hatte seit längerer Zeit psychische und gesundheitliche Probleme. Er wog über zwei Zentner und musste wegen Thrombosegefahr ein Medikament spritzen. All dies versuchte die Mutter den gewaltsam in ihre Wohnung eingedrungenen Polizeibeamten zu erklären. Aber diese waren keiner Erklärung zugänglich.

Als sich Stefan N. heftig gegen seine Verhaftung wehrte, forderten sie Verstärkung an und setzten Pfefferspray ein. Dann brachten sie den gefesselten Mann auf die Polizeiwache Eigelstein in der Kölner Innenstadt.

Auf dieser Wache soll dann folgendes passiert sein: Stefan N. wurde an Händen und Füßen gefesselt in den Zellentrakt gebracht und von sechs Polizeibeamten brutal geschlagen und getreten. Etwas später in der Nacht wurde er zwecks Blutprobe in ein Krankenhaus gebracht, wo er kollabierte und ins Koma fiel, aus dem er seither nicht mehr erwachte. Die Krankenhausärzte stellten Prellungen an Gesicht und am Oberkörper des Opfers fest.

Nachdem eine junge Polizistin und ein 30-jähriger Beamter, die in der Nacht von Samstag auf Sonntag auf dieser Polizeiwache Dienst hatten, am Sonntag Nachmittag ihren Vorgesetzten von den schweren Misshandlungen berichteten, wurden die sechs Polizisten vorläufig vom Dienst suspendiert und ein Ermittlungsverfahren gegen sie eingeleitet. Auch die Wohnungen von einigen der suspendierten Beamten wurden durchsucht. Sie sollen versucht haben, blutdurchtränkte Uniformteile verschwinden zu lassen.

Ein Gutachten des rechtsmedizinischen Instituts der Kölner Universität stellte nach der Untersuchung des schwer verletzten Stefan N. fest, dass der immer noch in Lebensgefahr schwebende 31-jähige Mann im Gesicht an der linken Stirnhälfte "ein deutlich geformtes, frisches Hämatom, nach Art eines Schuhsohlenabdrucks aufweist". Das Koma wurde durch ein Hirnödem verursacht.

In der Zwischenzeit hat sich außer den beiden auf der Wache Dienst habenden Polizeibeamten, die den Vorfall zur Anzeige brachten, ein weiterer Augenzeuge gemeldet, der die Beamten schwer belastet. Ein Passant hat beobachtet, wie Stefan N. bereits kurz vor seinem Abtransport aus seiner Wohnung, als er gefesselt und regungslos in einem VW-Bulli der Polizei lag, massiv von Polizeibeamten geschlagen wurde.

Die beschuldigten Polizisten verweigern bisher jede Aussage zu den Vorfällen.

Dieser brutale Fall von Polizeigewalt gegen ein wehrloses Opfer - ein arbeitsloser und kranker Mann - ist keine Einzelerscheinung. Allein auf dieser Polizeiwache in der Kölner Innenstadt hat es in der Vergangenheit immer wieder Übergriffe gegeben. Das hat in den letzten Jahren zu 37 Ermittlungsverfahren gegen Beamte geführt. Wie in vielen anderen Fällen von Polizeigewalt, die sich insbesondere gegen Arme, Kranke, Ausländer richtete, wurden auch auf dieser Wache sämtliche Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte eingestellt.

Siehe auch:
Kein Verfahren gegen Polizisten - Eine zweifelhafte Entscheidung
(4. Januar 2002)
Flüchtlings- und Fremdenpolitik mit dem Schlagstock
( 22. September 2000)
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