Der Regisseur von Konzert im Freien, Jürgen Böttcher, ist Jahrgang 1931. Bevor er 1955 in der DDR an die Filmhochschule ging, studierte er von 1949 - 1953 in Dresden Malerei. Bereits 1961 wurde Böttcher aus dem Verband Bildender Künstler ausgeschlossen, weil seine Bilder nicht der Methode des "Sozialistischen Realismus" entsprachen, oder, anders formuliert, nicht das "gesellschaftlich Typische" aus dem Blickwinkel der stalinistischen Bürokratie in der DDR widerspiegelten.
Bereits Anfang der fünfziger Jahre war im Namen des Sozialistischen Realismus dem "Formalismus in der Kunst" der Kampf angesagt worden. Er richtete sich gegen nicht wenige Künstler der Moderne, die schon unter den Nazis als entartet galten, wie beispielsweise Pablo Picasso. An einem Bild des DDR-Künstlers Willi Sitte von 1958 über die Naziopfer von Lidice wurden beispielsweise "starke Einflüsse des Kubismus" kritisiert, "die zu einer Entstellung des Menschenbildes geführt haben".
Böttcher schilderte gegenüber dem WSWS eigene Erfahrungen mit dieser Form von Zensur: "Ein Bild wie Die Beweinung (1958), das ich mit 27 Jahren malte, wo mein Kriegserlebnis und der Tod meines Bruders verarbeitet werden, das haben die mir um die Ohren gehauen, nie ausgestellt und gesagt, das sei Formalismus. Dabei ist es ein ganz realistisches Bild. Jetzt ist es im Besitz der Nationalgalerie und hing ein halbes Jahr in der Neuen Nationalgalerie neben Max Beckmann
(...) Ich habe in Parteiversammlungen erlebt, wie sie den Maler Hans Grundig fertiggemacht haben als Formalisten, als Bourgeois, weil er nicht sozialistischen Realismus gemalt hat (Grundig war seit 1926 KPD-Mitglied, Anm. d. Red.) Der hat geheult. Der war ja mit den Nerven fertig seit dem KZ Sachsenhausen. Jetzt machten diese Leute, die früher Nazis und jetzt Dozenten und Professoren waren, diesen Mann nieder. (...) Wenn ich das alles aufschreiben könnte. Es ist Romanstoff. Es ist so widersinnig. Das glaubt keiner."
In den fünfziger Jahren bemühte sich die SED, die vielen ehemaligen Nazifunktionäre und Nazimitläufer, die auch in der DDR keine kleine gesellschaftliche Minderheit darstellten, in den seit 1952 propagierten "Aufbau des Sozialismus" zu integrieren. Auch ein beträchtlicher Teil der SED-Mitgliedschaft bestand in dieser Zeit aus solchen Leuten.
Jürgen Böttcher, als Maler verboten, brachten unter anderem die Werke von Sergej Eisenstein, Wsewolod Pudowkin, Federico Fellini und dem Neorealisten Vittorio De Sica zum Film "Ich habe immer davon geträumt Spielfilme zu machen. An der Filmhochschule sah ich dann auch Dokumentarfilme von Joris Ivens, von Alberto Cavalcanti, von Dsiga Wertow, von Robert Flaherty. Daneben hatten mich dokumentarische Fotos schon immer sehr bewegt. Da habe ich mir gedacht, bevor du dir irgendwas aus dem Kopf ziehst, musst du erst mal sehen. Ein paar Jahre musst du Dokumentarfilme machen und dann kannst du deine eigenen Stoffe aus dem Leben entwickeln."
Der erste Dokumentarfilm Drei von vielen (1961)wurde sofort verboten. Die Darstellung eines bohèmehaften Künstlermilieus galt als ebenso "untypisch" für den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft wie der Habitus der Jugendlichen in Böttchers einzigem Spielfilm Jahrgang 45, der 1966 nicht fertig gestellt werden durfte. Hier zeigt die Hauptfigur Al trotz des gewachsenen Lebensstandards in der DDR keine Zufriedenheit und wenig ausgesuchten Respekt gegenüber der alten, antifaschistischen Generation. Stattdessen ist er voll Unschlüssigkeit und Skepsis, weiß selbst nicht genau, warum.
Jahrgang 45war Teil einer ganzen Verbotsserie. Es waren Filme junger Regisseure, die zur Diskussion anregten, indem sie einen sehr genauen und kritischen Blick auf die Widersprüche in der DDR warfen. Sie waren nach dem Bau der Berliner Mauer 1961 in einer Atmosphäre der Illusion entstanden, als man glaubte, nun könne man, geschützt vor westlicher Einmischung, die Probleme in der DDR diskutieren und lösen. Das berüchtigte 11. Plenum der SED, das als "Kahlschlag" in die Geschichte eingegangen ist, ließ diese Illusion platzen. Böttcher, der danach nie wieder einen Spielfilm machen durfte, drehte eine Reihe von Dokumentarfilmen, deren besondere ästhetische Sprache andere Filmemacher beeinflusste.
Sein preisgekrönter Film Ofenbauer (1962)wurde zum Ausgangspunkt mehrerer Filme über die Arbeitswelt, wie Stars (1963), Wäscherinnen (1972),mit sehr unmittelbar-menschlicher Ausstrahlung, oder Die Mamais (1975)über eine Brigade im Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld, der ihm allerdings nach der Wende auch den kritischen Hinweis einbrachte, wie auch andere Filme dieser Zeit eine Ästhetisierung der Arbeiter und der Arbeitswelt vorgenommen zu haben, die vieles von den Widersprüchen und Konflikten verdeckt. 1981 dreht er ein experimentell ausgerichtetes Film-Tryptichon und porträtiert 1985 den über 90-jährigen konstruktivistischen Dresdner Maler Hermann Glöckner.
Bereits zu Beginn der achtziger Jahre hatte Böttcher von der SED den Auftrag bekommen, den Herstellungsprozess des geplanten Marx-Engels-Forums in der Hauptstadt der DDR zu dokumentieren. Das Denkmal wurde 1986 eingeweiht. Böttchers Filmaufnahmen allerdings verschwanden ungesehen im Archiv. Drei Jahre später verschwand auch die DDR. In dem Film Konzert im Freien wird das historische Material angereichert mit Gegenwärtigem. Zwei bekannte Jazzmusiker der ehemaligen DDR, der Percussionist Günter Sommer und der Saxophonist Dietmar Diesner begeben sich zu diesem Zweck vor das Denkmal in Ostberlin, das sich nun in unmittelbarer Nähe zum Sitz des regierenden Bürgermeisters im wiedervereinigten Berlin befindet.
Der bronzene Marx sitzt. Neben ihm steht, die Arme eng am Körper anliegend, Engels. Der Blick der etwas altväterlich wirkenden Begründer des wissenschaftlichen Kommunismus ist Richtung Fernsehturm gerichtet. Auf der Freifläche vor ihnen befinden sich Metallstelen mit eingeätzten Photos. Einige steinerne Reliefs ergänzen die Anlage. Eine musikalische Improvisation unter nunmehr "freiem" Himmel beginnt. Fototouristen bleiben neugierig stehen. Jugendliche auf Inline-Skatern umkurven das Denkmal und die Musiker.
Die alten Dokumentarbilder von Böttcher sind sehr assoziationsreich und haben eine beabsichtigte stark groteske Wirkung. Jeder DDR-Bürger, der gesehen hätte, wie die Verfasser des kommunistischen Manifestes hier bearbeitet wurden, mal eingeklemmt in ein Gerüst, mal mit dicken Stricken umschnürt, dann wieder in Stücke zersägt, hätten das als Spitze gegen die SED-Politik verstanden. Eine Sequenz des Films, in der Engels von einem Kran herabgelassen wird, erinnert an die mahnende Figur des schwebenden Engels von Barlach. Eine andere, auf der einer der Bildhauer zu sehen ist, wie er mit einem kleinen Pinselchen an Marx‘ Nase herumwerkelt, dann eifrig an dessen Kopf herumwischt, während der monströse Kopf starr geradeaus blickt, ist gleichermaßen ein Sinnbild für Untertanengeist und Götzendienerei.
Die beiden privilegierten Staatskünstler Ludwig Engelhardt und Werner Stötzer wirken ausgebrannt und ausgelaugt, scheinen eher über die Jahrzehnte zermürbt und resigniert zu sein, gebrochene Menschen. Einer von ihnen erklärt stockend einige formelle Aspekte seiner Arbeit, klammert sich förmlich daran fest. Der andere, der Fotos für die Stelen zusammenstellt, empfindet es als großen Sieg, die SED davon zu überzeugt zu haben, sich bei der Größe des Denkmals nicht an dem riesigen Marx-Kopf im heutigen Chemnitz zu orientieren oder an entsprechenden überdimensionalen Monumenten in der Sowjetunion. Gegen den alles überragenden Fernsehturm hätten sie eh keine Chance gehabt. Das reizt zum Lachen. Doch Müdigkeit und Tragik spricht aus diesen Bildern.
Welch ein ins Auge springender Kontrast zu den beiden Jazzmusikern, die die DDR und ihren Zusammenbruch scheinbar unbeschadet überstanden haben, eine unheimliche Spontaneität und Spielfreude ausstrahlen und selbst nicht aufhören zu musizieren, als es anfängt zu regnen und zu gewittern. Trotzdem hinterlässt gerade die aufgekratzte Vitalität und Juxigkeit der beiden Free-Jazzer einen schalen Beigeschmack. In Absprache mit dem Regisseur bearbeitet Günter Sommer an einer Stelle des Films mit zwei kleinen Hämmerchen erst die bronzene Plattform des Sockels, dann die Beine von Marx, bis er ihm schließlich kraftvoll auf die Füße schlägt, während Diesner inmitten seiner leidenschaftlichen Improvisationen mehrmals bedrohlich gegen das Denkmal anbläst.
Mag sein, dass im Klima der achtziger Jahren, das stark geprägt von Ohnmacht und dem Verlust von Hoffnung auf tiefgreifende Veränderungen des DDR-Systems, ein Klima, in dem sich langsam die kleingeistige Bürgerbewegung und ihre Politik der kleinen Schritte herausbildete, es für manch einen zum erhebenden Erlebnis wurde oder ihm gar als oppositioneller Akt gegenüber der SED erschien, wenn ein Musiker auf der Bühne launig ein Marxporträt anhupte.
Aber heute? Warum geht der Regisseur, zehn Jahre nach dem Zusammenbruch der DDR, über die beschränkte Symbolik eines kritischen DDR-Bürgers, deren Verschwommenheit man heute sowohl gegen die SED-Bürokratie als auch gegen den Sozialismus selbst interpretieren kann, nicht hinaus?
Von Böttcher, der meint, er hätte "in einer sehr naiven, sehr lebendigen, fast märchenhaften Art... sozialistischer empfunden" als manch hoher SED-Funktionär, erfahren wir, wie er selbst in seiner Jugend zum "Sozialismus" kam: "Ich habe all die Toten gesehen, all die Zerstörung, die Dokumente als Vierzehn- Fünfzehnjähriger, all die Filmdokumente und Fotos über die Naziverbrechen.(...) Ich habe natürlich selber keine Verbrechen begangen, aber Schuldgefühle gehabt. Es war für mich solch eine Erschütterung. (...).
In dieser Zeit, gleich 1946/47, habe ich alte Kommunisten, Sozialisten kennen gelernt, die aus KZs kamen (...) und die haben sich dann sofort einen wie mich gefischt. Ich hab da große Bilder gemalt, Rosa Luxemburg mit 14/15 Jahren, und am Parteihaus Marx und so und in der Schule Geschwister Scholl. (...) Und ich bin mit Leidenschaft da ran, habe gedacht, man muss gegen Kapitalismus sein. Ich habe keinen Marx gelesen oder so, aber ich habe genau gemerkt, was Krupp, IG-Farben am Krieg verdient haben. Da habe ich mir gesagt, man kann nur gegen die sein. Und ich wollte für die Arbeiter sein. Ich hatte auch immer Schuldgefühle, dass ich nicht aus Arbeiterkreisen komme. Mein Vater war Studienrat und konnte zehn Sprachen lesen. Ich hatte immer diese Komplexe, sogar als Künstler.
Deshalb habe ich so viele Filme über Arbeiter gemacht. Ich habe leidenschaftlich über Jahre Filme gemacht über schwer arbeitende Leute. (...) Es hat mich immer interessiert. Nun nannte sich das ja auch Staat der Arbeiter und Bauern. Jetzt wollte ich mal sehen, wie die herrschende Klasse überhaupt so ist, das wollte ich dann auch einigermaßen analysieren. (...) In der heutigen Zeit kann ich solche sinnlichen, einfachen Dokumentarfilme wie Rangierer (1984)oder wie Die Küche (1987) oder Wäscherinnen nicht mehr machen. Heute, wo Arbeitslosigkeit herrscht, wo so viele verrückte Probleme sind, da muss man, wenn man Dokumentarfilm macht, analytisch, auch fast schon journalistisch sein. Ich bin aber kein Journalist und Analytiker."
Am "spannendsten" findet Böttcher an dem Denkmal die in die großen Metallstelen eingeätzten Fotos. Sie sollten ursprünglich den "revolutionären Weltprozess" veranschaulichen. Hier finden sich Bilder, die auf den ersten Blick nicht recht zusammenzupassen scheinen. Neben einer bei der Bevölkerung verhassten politischen Figur wie Ulbricht oder dem bereits zerkratzten Bild eines jungen Soldaten der Nationalen Volksarmee der DDR finden sich Photos mit einer sehr bewegenden menschlich-emotionalen Aussage, wie die ergreifenden Aufnahmen von Menschen während des Vietnamkrieges, Opfer von Ausbeutung und Krieg mit sensiblen Zügen, wirkliche "Ikonen", wie der Regisseur anmerkt. Ihre tiefe menschliche Aussage ist weder an zeitliche noch nationale Grenzen gebunden. Der Regisseur hebt sie in seinem Film hervor. Während es regnet, zeigt die Kamera die Gesichter ganz groß im Bild. Es scheint, als lebten sie, als seien es Tränen, die an ihnen herabrinnen.
Nichts lässt sich allerdings leichter für eine rückständige Politik missbrauchen als zeitlose Unmittelbarkeit. Die SED appellierte mit Hilfe solcher Bilder oft an positive elementare Gefühle wie menschliche Solidarität, um sie gleichzeitig für eine nationalistische Politik auszunutzen. Auch 1999 wurden im Kosovokrieg ebensolche ergreifenden Bilder gezielt eingesetzt, um eine emotionale Zustimmung für die Bombardierung der weitgehend wehrlosen Bevölkerung Serbiens durchzusetzen.
Böttchers Verhältnis zur DDR-Realität war in erster Linie gefühlsbestimmt "Im Grunde ist es ja so: Mir geht es dabei so, wie vielen Menschen ebenfalls - ich komme auch nicht so sehr vom Forschen, sondern sehr vom Gefühl. Filme und Dichtung haben bei mir eine große Rolle gespielt und eben das Grunderlebnis vom Tod und von Armut. Und du willst auf der Seite derer sein und denkst, du bist auf der richtigen Seite, und dann musst du kennen lernen, dass so viel Grauenhaftes passiert ist.. Ich muss euch nicht erzählen, was Stalin gemacht hat, bis zu Pol Pot. Dann erfährst du plötzlich solche Sachen über diejenigen, die für dich immer eine Legende waren, die Spanienkämpfer. (...) Ich habe viel später einmal Trotzki zugeschoben bekommen, Ende der siebziger Jahre. Als ich dadurch erfuhr, was 1936 in Spanien los war, was da mit echten Anarchisten und Trotzkisten passierte und wie sich da eigentlich der Stalinismus äußerte, dass sie dann Leute liquidiert haben, da wurde mir natürlich auch anders. Vor allem, wenn man eben überlegt, dass man selbst erst so lange Zeit naiv gedacht hat, die Sozialisten und Kommunisten sind so wie Brüder."
Trotz der ständigen Konflikte mit den hohen SED-Kulturpolitikern um seine Arbeiten und trotz der Lektüre Trotzkis trat Böttcher nie aus der Staatspartei aus und verließ, im Gegensatz zu anderen Künstlern, die DDR nicht. "Ich wollte nicht in den Westen gehen. (...) Ich wollte nicht zu Krupp." Seit der Ausbürgerung des Liedermachers Biermann 1976, mit dem er seit Mitte der sechziger Jahre befreundet war, hoffte er lediglich darauf, dass ihn die SED durch einen Parteiausschluss von entstandenen Gewissenskonflikten befreien würde. Die Partei tat etwas anderes. 1979 zeichnete der Staatsratsvorsitzende Erich Honecker den Künstler mit dem Nationalpreis 2. Klasse aus.
An die 70 Jahre hat der Stalinismus die demokratischen Prinzipien, die die sozialistische Bewegung seit dem 19. Jahrhundert verteidigt und die das geistig- kulturelle Klima mehrerer Künstlergenerationen wesentlich mitbestimmt hatten, brutal unterdrückt. Die kommunistische Arbeiterbewegung wurde durch die Ermordung ihrer besten Theoretiker der wichtigsten Waffe gegen Hitler beraubt. Sie war danach weder in der Lage, sich von Stalin zu lösen, noch von den Fesseln eines bürgerlichen Patriotismus gegen Hitler, der von den Stalinisten als "Volksfrontpolitik" intensiv vorangetrieben wurde. Zahlreiche liberale oder sich als links verstehende Intellektuelle und Künstler gerieten dadurch in eine politische und künstlerische Sackgasse.
Dass sich ernsthafte Künstler bereitwillig dem entstandenen Mythos vom antifaschistischen Charakter des Stalinismus unterordneten, der in ihren Augen mehr Gewicht hatte als Stalins Verbrechen, und damit demokratische Prinzipien und die Freiheit der Kunst einer pragmatischen "Realpolitik" opferten, deren Auswirkungen man an vielen DDR-Filme sehen kann, weist auf das große Ausmaß der Folgen der von Faschismus und Stalinismus gleichermaßen zerschlagenen sozialistischen Arbeiterbewegung hin. Die in der DDR vorherrschende gesellschaftliche Atmosphäre, die keinerlei demokratisches Bewusstsein zuließ, machte die Künstler selbst unfähig, auf prinzipieller demokratischer Grundlage gegen die Zensur ihrer Kunstwerke in Form des "Sozialistischen Realismus" zu kämpfen.
Welch ein Unterschied zwischen dem zahnlosen Bittbrief, den einige Schauspieler und Schriftsteller der DDR nach der Ausbürgerung Biermanns an die stalinistische Bürokratie richteten, gleich dieser dann hoch erschraken, als die Bevölkerung die Künstler spontan dabei unterstützte, - und dem Manifest für die Verteidigung der Freiheit der Kunst, das der Surrealist André Breton zusammen mit Trotzki in den dreißiger Jahren verfasste.
Jürgen Böttcher hat sich die letzten Jahre wieder sehr intensiv der Malerei gewidmet. In seinen Bildern spielt das surreale Element, das Suchen nach einer verborgenen, übergeordneten Wahrheit ebenfalls eine große Rolle. Trotz der starken Einschränkungen durch das Verbot in der DDR hat er das Malen nie aufgegeben und ist heute international anerkannt. Er träumt aber davon, noch einmal einen Spielfilm zu drehen. "Aber da müsste man etwas ganz Schräges machen. man müsste etwas schaffen neben den Jüngeren, die heute so verrückt, so ein bisschen komisches Zeug machen, unterhaltend und nett, da müsste so ein alter Mann wie ich mal noch ein Ding hinsetzen und im deutschen Film ein Zeichen setzen.
(...) Zum Beispiel die ganze Liebe wird meines Erachtens völlig weggeschmissen durch dies Geschäft. (...) die ganze Liebe wird beleidigt. (...) Jeder Mensch muss doch entdecken was Liebe ist, muss doch entdecken, war Erotik, was Sexualität ist. Das ist doch ein Wunder. Das ist doch das Schönste, was es gibt. Doch es wird total frei versaut. Und nur um Geld zu machen. Und auch die meisten Spielfilme sind genauso, mehr oder weniger. Das Geheimnis davon, dass da ein anderer Mensch ist, eine Frau, so eine Zauberfrau, die ein Kind war, ein Herz hat und irgendwelche ungenauen Visionen, dass sie was sucht, - das muss in dem Spielfilm drin sein, finde ich. Das würde mich noch einmal reizen"
Der unbefriedigende und zwiespältige Film Konzert im Freien lässt, wie auch andere Filme der gegenwärtigen Zeit, die kulturelle Lücke spürbar werden, die das Auslöschen sozialistischer Traditionen in den dreißiger Jahren gerissen hat. Gleichzeitig scheint Jürgen Böttcher nichts von seiner Kraft eingebüßt zu haben, die ihn stets nach Wahrheit in Form von unverfälschten menschlichen Gefühlen suchen ließ.