Sozialabbau zur Finanzierung der Kriegspolitik

Polnische Post plant Vernichtung Tausender Stellen

Am 5. März gab das Management von Poczta Polska, der polnischen Post, einen „Beschäftigungs- und Vergütungsplan“ für das Jahr 2024 bekannt. Demnach soll die Zahl der Post-Beschäftigten in diesem Jahr von 62.939 auf 58.482 Vollzeitstellen, also um 4.457 Stellen reduziert werden. Damit würde sich ein Sparregiment fortsetzen, dem dann allein seit 2021 über 10.000 Post-Angestellte zum Opfer gefallen sind.

Protest polnischer Postbeschäftigter in Stettin 2021 [Photo by ZZPP Szczecin]

Laut dem neuen Postvorstand Sebastian Mikosz soll der Abbau mittels „natürlicher Fluktuation“, also durch auslaufende Verträge und Verrentung bewerkstelligt werden. Der Gewerkschaft NSZZ-Solidarnosc liegen jedoch Informationen vor, dass dies nur die Spitze des Eisberges sei. Es seien noch umfassendere Einsparungen und allein 10.000 Entlassungen im Jahr 2024 geplant.

Seit der Wiedereinführung des Kapitalismus in Polen folgt ein Angriff auf die Post-Angestellten dem nächsten. In den 2000er Jahren begann der Generalangriff mit der Liberalisierung und Privatisierung des polnischen Postwesens. Wie alle „Reformen“, die Polen „fit“ für die EU machen sollten, führte sie zu massiven Einsparungen zulasten der Arbeiter.

2012 wurde mit der Abschaffung des gesetzlichen Post-Monopols ein Hebel geschaffen, um die Post im Wettbewerb mit anderen Anbietern noch stärker auf Profit zu trimmen. Unzählige Wellen von Personalabbau und Tausende geschlossene Postfilialen später ist die Post aber immer noch nicht profitabel.

Der Gedanke, dass man gesamtgesellschaftliche Versorgungsunternehmen wie die Post, das Gesundheits- oder das Entsorgungswesen nicht auf Profit trimmen kann, ohne dass es verheerende Folgen für die Menschen hat, kommt in den polnischen Medien schlicht nicht vor. Das liegt nicht zuletzt an den Gewerkschaften, die bis heute alle „Umstrukturierungen“ mitorganisiert haben.

Selbst den seit dem 1. Januar geltenden monatlichen Mindestlohn von 4.242 Zloty (etwa 933 Euro) hält die Post in der untersten Lohngruppe nicht ein. Er wird nur erreicht, weil sie das Grundgehalt von 4.023 Zloty mit Sonderzuschlägen nach oben schönrechnet.

Das Poczta Polska einem „Zombie“ gleicht, der noch „zu funktionieren scheint, aber bereits auseinanderfällt“, wie es die Gazeta Wyborcza ausdrückt, ist nicht zuletzt ein Ergebnis der Komplizenschaft zwischen sämtlichen Parteien und den Gewerkschaften.

Laut Presseberichten hat die Post 2023 einen Verlust von 787 Mio. Zloty verbucht. Da Gehaltszahlungen rund 80 Prozent der Ausgaben ausmachen, halten auch die Gewerkschaften Einsparungen im Grunde für alternativlos. Konfrontiert mit weitgehenden Sparmaßnahmen geben sie sich jedoch kämpferisch, sprechen vom „drohenden Zusammenbruch“ der Post und drohen mit Streik. Doch diese reißerischen Reden sind Teil eines bekannten Spiels, mit dem die Gewerkschaften ihre korporatistische Rolle als Co-Manager verschleiern wollen.

Das gilt sowohl für die die Post-Sektion der Solidarnosc wie für die Postgewerkschaft ZZPP, die zum konkurrierenden Gewerkschaftsverband OPZZ gehört. Beide wussten bereits Wochen zuvor von den Sparplänen. Die ZZPP traf sich bereits im Januar mit dem neuen, für die Post zuständigen Minister für Staatsvermögen, Jacek Bartmiński, lobte das Gespräch als „sehr fruchtbar“.

Am 8. Februar 2024 fand dann eine außerordentliche Hauptversammlung der Post statt. Da der Staat Hauptaktionär ist, war es eher eine Konsultation innerhalb der Regierung. Mit der Ernennung von Paweł Wojciechowski zum Aufsichtsratsvorsitzenden und kurz darauf von Sebastian Mikosz zum Vorstandspräsidenten wurde ein handverlesenes Duo für das Sparregime gebildet.

Wojciechowski war bereits früher Mitglied einer Regierung unter Donald Tusk, der heute wieder die polnische Regierung führt. Als die rechtsextreme PiS an der Regierung war, hatte Wojciechowski als Chefökonom der Sozialversicherungsanstalt (ZUS) für ein Flat-Tax-Modell geworben. Später war er Direktor des Beratungsunternehmens Whiteshield Partner und Wirtschaftsexperte im Wahlkampfteam der konservativen Partei Polska2050, die seit letztem Jahr Teil der Regierungskoalition ist.

Sebastian Mikosz machte sich von 2013 bis 2015 als Chef der polnischen Fluggesellschaft LOT mit einem rigiden Sparkurs einen Namen. Er sorgte für Lohnkürzungen, Entlassungen und Streckenschließungen und gilt seither als Hardliner, da er Tarifverträge einfach aufkündigte.

Dass die Gewerkschaften von Anfang an in die Sparpläne der Post involviert waren, zeigt auch ihre Vertretung in den Führungsgremien der Post. So sitzen Robert Czyż (ZZPP) und Magdalena Lebiedź (Solidarnosc) als Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat. Und mit Andrzej Bodziony stellt die Solidarnosc sogar den Vizepräsidenten.

Am 21. Februar fand am Hauptsitz des Unternehmens ein Treffen von Vorständen und Gewerkschaften statt. Solidarnosc berichtete anschließend in einer Pressemitteilung wohlwollend, das Ziel des „Aktionsplans“ von Mikosz bestehe darin, „die Rentabilität des Unternehmens wiederherzustellen, was eine erhebliche Transformation/Restrukturierung erfordert“.

Während die Gewerkschaften nun behaupten, nur sie wüssten, wie man richtig restrukturiert, verschleiern alle Seiten die wahren Gründe für die finanzielle Schieflage. Durch Preissteigerungen und insbesondere die grassierende Inflation, die 2022 zeitweise bei fast 20 Prozent lag, war die herrschende Klasse Polens gezwungen, auch den nominellen Mindestlohn deutlich anzuheben, von 2250 Zloty (495 Euro) im Jahr 2019 über 3600 im Jahr 2023 und 4.242 im Januar 2024 auf 4.300 Zloty (946 Euro) im Juli 2024.

Die Reallöhne sanken zwar trotzdem, dennoch rissen die Erhöhungen ein Loch in die Finanzen des Staatskonzerns, der obendrein die Kostensteigerungen im Energiebereich kompensieren muss. Da die Post aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht einfach im gleichen Tempo die Preise anheben kann, klafft nun ein riesiges Loch in den Finanzen.

Die Regierung von Donald Tusk steckt wie ihre Vorgängerin unter der PiS Abermilliarden in Aufrüstung und Krieg. Nun nutzt sie das Defizit der Post als Vorwand für eine mörderische Rosskur.

Der jüngste Parlamentsbeschluss zum neuen Postgesetz von letzter Woche sieht nur eine Erhöhung der staatlichen Zuschüsse von 593 auf maximal 750 Mio. Zloty in diesem Jahr und von weiteren 651 auf maximal 1.302 Mio. Zloty im Jahr 2025 vor. Also bei weitem nicht genug, um die Kostensteigerungen zu decken. Die gleiche Regierung Tusk, die erst jüngst für eine Milliarde Zloty schwedische Waffen kaufte, ist nicht bereit, bei der Post anständige Löhne zu zahlen, sondern setzt die Kürzungspolitik der PiS-Ära fort.

Auch die Gewerkschaften befürchten, dass dieser Angriff auf die Beschäftigten nicht folgenlos bleibt. So zitiert sie die Wyborzca ausführlich mit der Warnung, dass der massive Angriff „zu einer gefährlichen Verschärfung der sozialen Spannungen, gefolgt von einer Eskalation der Proteste bis hin zu einem Generalstreik“ führen könne.

Doch wie schon vor zehn Jahren bei der Fluggesellschaft LOT braucht Mikosz keinen ernsthaften Widerstand seitens der Gewerkschaftsbürokratie zu fürchten. Deren einzige Sorge besteht darin, dass die sozialen Angriffe, die Hand in Hand mit der Kriegseskalation gehen, den Klassenkampf dermaßen verschärfen, dass sie ihn nicht mehr kontrollieren können.

Da alle Parteien und alle Gewerkschaften die Kriegspolitik unterstützen, können die polnischen Arbeiter keinen Schritt vorwärts tun, ohne ihre eigenen, unabhängigen Kampforgane zu gründen. Diese unabhängigen Aktionskomitees müssen die Lehren aus den verratenen Kämpfen der Vergangenheit ziehen. Vor allem müssen sie verstehen, wie aus der mächtigen Arbeiterbewegung Solidarnosc ein Vehikel für eine neue polnische Finanzoligarchie werden konnte. Aber auch die ausverkauften Kämpfe der letzten Jahre, sei es der Lehrer, Krankenpfleger, Fluglotsen oder Postbeschäftigen, enthalten wichtige, bittere Lehren.

Es ist unmöglich, Löhne, soziale Errungenschaften und demokratische Rechte zu verteidigen, ohne den Kampf gegen Krieg und Kapitalismus aufzunehmen und für ein sozialistisches Programm zu kämpfen. Das erfordert eine Abrechnung mit dem Stalinismus. Das stalinistische Regime, das in der Volksrepublik Polen von 1944 bis 1989 die Macht ausübte, war nicht, wie es behauptete, „kommunistisch“. Es verkörperte die Diktatur einer parasitären Bürokratie, die das – an sich fortschrittliche – gesellschaftliche Eigentum für ihre Privilegien plünderte.

Die polnischen Arbeiter stehen nicht allein. Sie sind Teil einer Welle sich ausbreitender sozialer Kämpfe, die ihren Ursprung in der kapitalistischen Barbarei und Kriegspolitik haben. Nehmt noch heute Kontakt zur WSWS auf und diskutiert dieses Fragen mit euren Kollegen!

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