40 Jahre seit dem britischen Bergarbeiterstreik

Der Bergarbeiterstreik 1984-1985 war der heldenhafteste Kampf, den die britische Arbeiterklasse je geführt hat. Es war ein Jahr unvorstellbarer Härte. 150.000 Bergarbeiter setzten sich im größten Arbeitskampf seit dem Generalstreik von 1926 gegen die Staatsmacht zur Wehr, und mehr als 26 Millionen Arbeitstage gingen verloren.

Der vierzigste Jahrestag des Streiks findet in einer Zeit statt, in der der Klassenkampf nicht nur in Großbritannien, sondern auch international wieder auflebt.

Die herrschende Klasse ist sich der Bedeutung des Streiks bewusst. Sie hat eine Propagandaoffensive gestartet, die darauf abzielt, die Lehren, die die Arbeiterklasse aus dem Streik und seiner Niederlage ziehen muss, zu verdunkeln. Zahlreiche Dokumentarfilme, Schauspiele und Rückblenden werden ausgestrahlt. Darin sind die streikenden Bergarbeiter nichts weiter als politische Schachfiguren von Arthur Scargill, dem Vorsitzenden der Bergarbeitergewerkschaft National Union of Mineworkers (NUM). Im aussichtslosen Kampf gegen die unvermeidlichen Zechenschließungen wurden die Streikenden angeblich gegen die „arbeitenden Bergleute“ ausgespielt.

Jahrzehntelang diente die Niederlage der britischen Bergarbeiter, wie auch der militanten Arbeitskämpfe der 1980er Jahre in den Vereinigten Staaten und auf der ganzen Welt, als Beispiele für den unvermeidlichen Triumph des Kapitalismus und den Tod des Sozialismus - eine Kampagne, die nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 ihren Tiefpunkt erreicht hatte.

Der folgende Artikel ist die Einschätzung der Socialist Equality Party auf der World Socialist Web Site anlässlich des 20. Jahrestags des Streiks. Darin werden die wirklichen Lehren aus dem mutigen Kampf der Bergarbeiter gezogen.

Die Autoren stellen fest, dass die Streiks von 1984-1985 und die von der Thatcher-Regierung entfesselte Klassenkampfpolitik ihren Ursprung in der Streikbewegung hatten, die die Bergarbeiter 1972 und 1974 aufnahmen, um die konservative Regierung von Edward Heath zu stürzen. Es war die Zeit einer explosiven Krise, die den Weltkapitalismus zwischen 1968 und 1975 erschütterte. Damals brachen in vielen Ländern Klassenkämpfe mit potenziell revolutionärem Charakter aus.

Die herrschende Klasse nutzte die Niederlage, die diese Kämpfe infolge des politischen Verrats der reformistischen und stalinistischen Parteien und Gewerkschaften erlitten, um rechte Regime wie die konservative Regierung von Margaret Thatcher und in den USA die republikanische Regierung von Ronald Reagan zu installieren. Ihr Aufstieg war Ausdruck eines grundlegenden Wandels in der Wirtschaft: Die großen Konzerne setzten aggressiv auf globale Investitionen und internationalisierte Produktion. Die Globalisierung wiederum erforderte die Deregulierung der Volkswirtschaften der fortgeschrittenen Industrieländer, die Senkung der Steuersätze, den Abbau von Sozialleistungen und eine massive Steigerung der Ausbeutung der Arbeiterklasse im Bestreben, international wettbewerbsfähig zu werden und sich einen Anteil an den Weltmärkten zu sichern.

Thatcher übersetzte diese Ziele in die Forderung, „die lahmen Enten auszusondern“ und „die Einschränkungen des Sozialismus zu überwinden“.

Der Bergarbeiterstreik war der entschlossene Versuch eines mächtigen Teils der Arbeiterklasse, diese kapitalistische Offensive zu vereiteln. Aber wie andere große Kämpfe dieser Zeit, wie der PATCO-Fluglotsenstreik in den USA, scheiterte er letztlich.

Dieser Text erklärt, warum.

Scargill führte den Streik auf der Grundlage eines nationalen reformistischen Programms. Er wollte die Thatcher-Regierung allein durch militante Gewerkschaftskämpfe in die Niederlage zwingen; anschließend wollte er die Labour Party und den Gewerkschaftsdachverband Trades Union Congress (TUC) davon überzeugen, einen nationalen „Kohleplan“ umzusetzen.

Stattdessen sahen sich die Bergarbeiter mit einem politischen Kampf gegen den Staat und alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel konfrontiert, an dessen Spitze eine Regierung stand, die zu allem entschlossen war und den „inneren Feind“ um jeden Preis vernichten wollte. Und sie waren mit der bewussten und systematischen Isolierung und Sabotage ihres Kampfs durch die Gewerkschaften und die Labour Party konfrontiert.

In der Folge verwandelten sich die Gewerkschaften vollständig in Partner der Konzerne und des Staates, und die Labour Party wurde unter Tony Blair zum erklärten Verfechter der kapitalistischen „freien Marktwirtschaft“. Dies alles begann mit der Zerschlagung des Widerstands der Arbeiterklasse, der sich im Bergarbeiterstreik manifestierte. Diese Niederlage leitete einen jahrzehntelangen und historisch beispiellosen Rückgang der Arbeitskämpfe und des Lebensstandards der Arbeiterklasse ein.

Vor 40 Jahren bewies der Bergarbeiterstreik, dass der Klassenkampf nur noch auf der Grundlage einer weltweiten Strategie fortgesetzt werden konnte. Notwendig war der Aufbau von Basisorganisationen des Klassenkampfs und einer neuen, sozialistischen und internationalistischen Führung in der Arbeiterklasse.

Deshalb sind die in diesem Text angesprochenen Fragen über die Rolle der Workers Revolutionary Party (WRP) von so immenser politischer Bedeutung. Die WRP, die damalige britischen Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI), hatte sich der Scargill-Führung und der nationalistischen Perspektive der NUM angepasst. Sie hinderte die politisch fortschrittlichsten Bergarbeiter und andere Arbeiter daran, einen unabhängigen Kampf gegen die Tories und ihre Komplizen in der Labour- und Gewerkschaftsbürokratie aufzunehmen.

Heute sehen sich die britischen Arbeiter mit einer Labour Party konfrontiert, die unter der Führung von Sir Keir Starmer noch weitaus rechter ist als alle ihre Vorgänger. Und die Gewerkschaftsbürokratie hat die Streikwelle des letzten Jahres sabotiert und wird dies wieder tun, wenn sie die Gelegenheit dazu bekommt.

Nie zuvor stand so viel auf dem Spiel.

40 Jahre nach dem Bergarbeiterstreik befindet sich die Arbeiterklasse in Großbritannien und auf der ganzen Welt in einem offenen Konflikt mit einer herrschenden Klasse, die zu allem bereit ist. Regierungen und etablierte Parteien unterstützen Israels Völkermord an den Palästinensern in Gaza, und sie lassen den Stellvertreterkrieg der Nato gegen Russland eskalieren, bis hin zur Gefahr eines nuklearen Flächenbrands. Immer schneller zerstören sie den Lebensstandard, die grundlegenden Dienstleistungen und die demokratischen Rechte.

Unter diesen Umständen ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Arbeiterklasse, insbesondere die jüngere Generation, sich mit den Lehren aus dem Bergarbeiterstreik von 1984-1985 vertraut macht. Dies wird sie in den Konflikten auf Leben und Tod, die jetzt auf sie zukommen, und beim Aufbau der revolutionären Führung, die sie benötigen, enorm stärken.

Chris Marsden
5. März 2024

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Die Lehren aus dem Bergarbeiterstreik 1984-1985

Von Chris Marsden und Julie Hyland

Diese Einschätzung wurde erstmals im März 2004, anlässlich des 20. Jahrestages des Streiks, veröffentlicht.

Der einjährige Bergarbeiterstreik von 1984-1985 war ein Wendepunkt im politischem Leben Großbritanniens. Er endete mit der schlimmsten Niederlage der Arbeiterklasse in der Nachkriegszeit, deren Folgen bis heute nachwirken.

Es gab eine Fülle von Dokumentationen und Artikeln, die den 20. Jahrestag würdigten. Aber nirgends wurde ein ernsthafter Versuch unternommen, daraus Lehren zu ziehen. Im Großen und Ganzen gibt es zwei Lager:

Das eine Lager behauptet, dass die Niederlage der Bergarbeiter unvermeidlich gewesen sei, weil sie unter der Führung von Ewiggestrigen um eine bereits verlorene Sache gekämpft hätten. Diese Argumentation geht davon aus, dass die konservative Regierung unter Margret Thatcher, obwohl sie manchmal autokratisch und arrogant war, die Zukunft repräsentierte. Sie wollte die britische Wirtschaft modernisieren, indem sie die Macht der Gewerkschaften einschränkte, die eine Bastion veralteter Arbeitsbeziehungen waren und „das Land erpressten“. Man mag Sympathie für das Schicksal einzelner Bergarbeiter haben, sagen sie, aber doch bitte die Relationen wahren. Denn was im Folgenden stattfand, war ein Konsumboom und die Entwicklung der New Economy, gestützt auf Deregulierung und Privatkapital, auf das sich jetzt sogar die Labour-Regierung orientiert. Dies ist die Sichtweise sowohl der konservativen, wie auch der Pro-Labour-Medien.

Das andere Lager besteht aus denjenigen Labour-Linken oder verschiedenen kleineren linken Gruppen, die wehmütig auf die Ereignisse von 1984 zurückblicken, zwar einzelne Fehler bemängeln, darin aber im Grunde eine „glorreiche“ Episode und ein Vorbild für den künftigen Klassenkampf sehen.

Die vermeintliche Stärke der ersteren Argumentation liegt darin, dass sie scheinbar von den Ereignissen bestätigt worden ist. Wie die Margret Thatcher gewidmete Website erklärt: „Der einjährige Bergarbeiterstreik von 1984 war das letzte Aufbäumen des alten Gewerkschaftssystems; seit jenem Jahr hat Großbritannien keinen bedeutenden Arbeitskampf mehr erlebt.“

Darauf können diejenigen keine Antwort geben, die es ablehnen, die Gründe der Niederlage ernsthaft zu untersuchen. Es ist eine Tatsache, dass sie den reaktionären ökonomischen und politischen Konzepten der vergangenen zwei Jahrzehnte zum Durchbruch verhalf und von der arbeitenden Bevölkerung teuer bezahlt werden musste.

Für die Bergarbeiter selbst waren die Folgen des Streiks verheerend. Als der Streik begann, gab es in Großbritannien noch 170 Zechen, in denen über 181.000 Menschen beschäftigt waren und 90 Millionen Tonnen Kohle produziert wurden. Heute gibt es noch 15 Zechen, in denen etwa 6.500 Menschen arbeiten. Etwa 3.000 weitere arbeiten im Tagebau. Einstige klassische Bergbaugebiete wie Durham und Lancashire haben heute keine Zechen mehr. Die Nationale Gewerkschaft der Bergarbeiter (NUM) ist auf einen Rumpf mit wenigen Tausend Mitgliedern reduziert worden, die noch in dem Industriezweig arbeiten.

Die Leiden der Bergarbeiter während des Streiks waren fast ohne Beispiel. Etwa 20.000 Bergarbeiter wurden verletzt und mussten zum Teil im Krankenhaus behandelt werden, 13.000 wurden festgenommen, 200 ins Gefängnis gesteckt, zwei wurden beim Streikpostenstehen getötet, drei starben im Winter beim Kohlesammeln und 966 wurden entlassen.

Die Bergarbeiter sahen sich brutalen Angriffen der Polizei ausgesetzt, die zu Unterdrückungsmethoden griff, wie sie auf der britischen Insel bis dahin unbekannt gewesen waren. Berittene Polizisten griffen Streikposten an und verbreiteten in Bergarbeitersiedlungen Angst und Schrecken. Eine neu gebildete, nationale Kampftruppe aus schwer bewaffneten Polizisten führte militärische Attacken gegen die Bergleute. Die Bergarbeiter wurden daran gehindert, sich frei im Land zu bewegen, und es wurden Sondergerichte gebildet, um mit der großen Zahl Festgenommener fertig zu werden.

Die NUM wurde gerichtlich angegriffen, und es gab mehrere Versuche, ihr Vermögen zu beschlagnahmen. Mächtige Wirtschaftsinteressen und der Staatsapparat organisierten gemeinsam eine massive Streikbrecheroperation, die in der Gründung einer Streikbrechergewerkschaft gipfelte, der „Gewerkschaft demokratischer Bergarbeiter“.

Nach der Niederlage des Streiks kam es noch schlimmer. Zechenschließungen zogen den Abstieg ganzer Kommunen in verzweifelte Armut nach sich. Viele Jugendliche mussten ihre Heimat auf der Suche nach Arbeit verlassen, und in jeder dritten zurückgebliebenen Familie stellten sich, wie eine Studie feststellte, ernste Suchtprobleme ein.

Alle Bemühungen um eine Wiederbelebung ehemaliger Bergbaureviere waren vom Charakter der heutigen Wirtschaft geprägt, in der transnationale Konzerne dominieren, denen es um billige Arbeitskräfte und Steuervergünstigungen geht. Die Organisation „Coalfield Community“ schrieb dazu: „Die Unternehmen können sich Arbeitskräfte nach strengen Kriterien aussuchen, um Belegschaften aufzubauen, die bereit sind, flexibel für wenig Geld, häufig in gewerkschaftsfreien Betrieben, zu arbeiten. Oft ist es nur Teilzeitarbeit und manchmal befristet, weil sie häufig schon bald nach ihrer Eröffnung wieder schließen.“

Darüber hinaus wurde die Niederlage der Bergarbeiter zum Startsignal dafür, dass die Gewerkschaften und die Labour Party die Verteidigung der sozialen Interessen der Arbeiterklasse endgültig aufgaben. Es gab natürlich auch andere Streiks, aber nichts Vergleichbares. In den 1970er Jahren war die höchste Zahl an Arbeitstagen, die in einem Jahr durch Streiks verloren gingen, 29,4 Millionen - das war im „Winter der Unzufriedenheit“ im Jahre 1979. Aber auch die durchschnittliche Zahl an verlorenen Tagen betrug in jenem Jahrzehnt immerhin 12,9 Millionen pro Jahr. In den achtziger Jahren lag der Durchschnitt bei 7,2 Millionen, wobei diese Zahl allerdings durch den Bergarbeiterstreik selbst verzerrt ist, der im Laufe eines Jahres allein 27 Millionen Tage kostete.

Im folgenden Jahrzehnt gingen im Durchschnitt jedes Jahr nur noch 660.000 Arbeitstage verloren. Die niedrigste Zahl gab es mit 235.000 im Jahr 1998 bei nur noch 205 Arbeitsniederlegungen, im Vergleich zu 1.221 im Jahr 1984. In der Privatwirtschaft gehören mittlerweile nur noch 19 Prozent der Beschäftigten einer Gewerkschaft an, und insgesamt sind weniger als 20 Prozent aller 18- bis 29-Jährigen noch Gewerkschaftsmitglied. In der Privatwirtschaft geht die Rate bis auf 10 Prozent zurück.

Aber selbst das gibt noch kein wahrheitsgetreues Bild davon, wie sehr die Fähigkeit der Arbeiterklasse gelitten hat, sich erfolgreich gegen die Unternehmer zu verteidigen. Denn die Gewerkschaften handeln heute praktisch als Polizeitruppe im Interesse des Managements, und nicht mehr als Verteidigungsorgane im Interesse ihrer Mitglieder.

In der Regierungszeit Thatchers und ihres Nachfolgers John Major unternahmen die Gewerkschaften nichts gegen die beispiellose Umverteilung des Reichtums von unten nach oben. Und als Labour 1997 unter Tony Blair an die Regierung kam, setzte er Thatchers wirtschaftsfreundlichen Kurs mit der vollen Unterstützung des Gewerkschaftsdachverbandes TUC fort.

Nach nur zwei Jahren Labour-Regierung verfügten die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung über den größten Anteil am Nationaleinkommen seit 1988, dem Höhepunkt der Thachter-Ära. Heute ist die Einkommensungleichheit noch größer, als sie es unter Thatcher war.

Die Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen kann man an der Tatsache ablesen, dass die durch stressbedingte Erkrankungen verursachten Fehlzeiten von 18 Millionen Arbeitstagen im Jahr 1995 auf 33 Millionen 2002 gestiegen waren. Sie lagen damit sechzig mal so hoch, wie die Zahl der durch Streiks verloren gegangenen Arbeitstage (550.000).

Eine Untersuchung des Bergarbeiterstreiks ist also nicht nur von historischem Interesse, sondern hat auch eine aktuelle Dimension.

Die Folgen der Globalisierung

Man kann das Ausmaß von Thatchers Sieg im Jahr 1984 nicht ermessen, ohne die vorangegangenen Jahre zu betrachten. Der einjährige Streik wird oft als Kampf zweier Egomanen interpretiert: Thatcher und der Vorsitzende der Bergarbeitergewerkschaft Arthur Scargill. Beide wollten dieser Sichtweise zufolge einen Konflikt zur Entscheidung bringen, der bis ins Jahr 1972 zurückreichte. Damals hatte Scargill einen Massenstreikposten vor dem Koksdepot Saltley Gate organisiert, und die Bergarbeiter erkämpften eine 27-prozentige Lohnerhöhung. 1974 erreichte der Konflikt einen Höhepunkt. Der damalige Bergarbeiterstreik - Scargill führte damals die Bergarbeitergewerkschaft in Yorkshire - hatte die konservative Heath-Regierung veranlasst zu fragen: „Wer regiert das Land, die Regierung oder die Gewerkschaften?“ Schließlich wurde das Heath-Kabinett zum Rücktritt gezwungen und durch eine Labour-Minderheitsregierung ersetzt.

Edward Heath [Photo by Open Government Licence v3.0,]

Thatcher stieg als Kopf einer Gruppe verschworener Rechter in die Führung der konservativen Partei auf, die von dem Glauben beseelt war, dass Heath niemals vor dem „Feind im Inneren“ hätte zurückweichen dürfen - vor den Bergarbeitern und der Arbeiterklasse. Diese Verschiebung in der Tory-Partei war mit grundlegenderen politischen und ökonomischen Veränderungen verbunden.

Der Sturz der Heath-Regierung fiel in die Zeit einer weltweiten Systemkrise des Kapitalismus; in den Jahren 1968 bis 1975 kam es zu Klassenkämpfen von oftmals revolutionären Dimensionen. Hintergrund war die internationale Wirtschaftskrise, die im Zusammenbruch des Brettons-Woods-Systems, d. h. der Aufhebung der Goldbindung des Dollars, ihren klarsten Ausdruck fand.

Zwar überlebte die herrschende Klasse diese stürmische Periode, aber die Profitraten fielen weiter. Daher kamen führende Kreise der Bourgeoisie zu dem Schluss, dass nur eine umfassende Offensive gegen das komplexe System von Zugeständnissen, für das der Sozialstaat stand, das kapitalistische System retten könne. Thatcher verkörperte, ebenso wie Präsident Ronald Reagan in den Vereinigten Staaten, die Abwendung von der Politik des Klassenkompromisses zugunsten der direkten Klassenkonfrontation.

Thatcher repräsentierte den Aufstieg starker neuer Kräfte. Die großen Konzerne versuchten, den fallenden Profitraten durch eine aggressive Wende zu globaler Investition und internationalisierter Produktion entgegenzuwirken. In diesem Zusammenhang forderten sie die Deregulierung der Wirtschaften der fortgeschrittenen Industrieländer, die Senkung von Steuersätzen und die Zerstörung des Sozialstaats. Unter der Flagge des „Rückzugs des Staats“ betrieb Thatcher eine ökonomische und soziale Reorganisation Großbritanniens, um es auf globaler Ebene wettbewerbsfähig zu machen. Dies beinhaltete die „Rationalisierung“ und/oder Privatisierung verstaatlichter Industrien und die Senkung von Steuern bei gleichzeitiger Öffnung von Schlüsselbranchen für private Investoren.

Nach 1974 verbrachten die Konservativen fünf Jahre in der Opposition und bereiteten einen breit angelegten Angriff auf die Arbeiterklasse vor. Unmittelbar vor Thatchers Amtsantritt 1979 erstellte Nicholas Ridley einen Bericht, der einen Plan zur Niederschlagung der Bergarbeiter im Falle eines erneuten Arbeitskampfs enthielt. Der Plan beinhaltete unter anderem die Aufstellung einer „großen mobilen Polizeitruppe, ausgerüstet und vorbereitet, Recht und Gesetz gegen gewalttätige Streikposten zu verteidigen“.

Auch Scargill betrachtete die frühen 1970er Jahre als Vorbild für den Streik von 1984-85, aber im Gegensatz zu Thatcher von dem Standpunkt, einen in seinen Augen heroischen Erfolg zu wiederholen.

Weit entfernt davon, der Revolutionär zu sein, zu dem ihn die rechte populistische Mythologie gemacht hat, war Scargill zeitlebens ein Anhänger der stalinistischen Kommunistischen Partei und Verfechter von deren Nationalreformismus. Wenn er von Sozialismus sprach, dann nur als Perspektive für die ferne Zukunft. In der Zwischenzeit bedurfte es einer national regulierten Wirtschaft, mit einer Mischung aus Importkontrollen und Subventionen, die den Schutz von Großbritanniens verstaatlichter Kohleindustrie gewährleisten sollten. Das war der „Kohleplan“, auf den er die Labour Party und den TUC verpflichten wollte. 1984 hat gezeigt, dass nicht nur die herrschende Klasse nicht länger bereit war, solch eine Politik zu tolerieren, sondern dass es auch in der Labour-Bürokratie, zu der er selbst gehörte, keine nennenswerte Unterstützung mehr für dieses Programm gab.

Derselbe Prozess, der zum Aufstieg des Thatcherismus geführt hatte, hatte das nationalreformistische Programm der Labour Party untergraben. Früher hatten die Labour Party und die Gewerkschaften dafür gekämpft, den Unternehmern und dem Parlament Schritt für Schritt soziale Reformen abzuringen. Darin sah die Bürokratie keinen Weg zum Sozialismus, sondern eine Möglichkeit, das Profitsystem, auf dem ihre privilegierte Existenz beruhte, vor revolutionären Herausforderungen durch die Arbeiterklasse zu bewahren. Ihre grundsätzliche Loyalität galt immer dem Erhalt der bürgerlichen Ordnung, aber sie konnten behaupten, dass dies mit höheren Löhnen, besseren Arbeitsbedingungen, kostenloser Gesundheitsversorgung und Ausbildung in Einklang zu bringen sei.

Die Globalisierung der Produktion, die in den Mittsiebzigern einsetzte und sich in den 1980er Jahren beschleunigte, entzog dieser nationalreformistischen Politik den Boden. Die Reorganisierung jedes Aspekts des Wirtschaftslebens - Produktion, Distribution, Austausch - auf internationaler Ebene war unvereinbar mit Labours traditioneller Strategie, einen sozialen und politischen Ausgleich zwischen den Klassen zu erhalten. Stattdessen setzte die Labourregierung, die 1974 mit Hilfe der Bergarbeiter an die Macht gekommen war, vom Internationalen Währungsfond diktierte Sparmaßnahmen und Lohnzurückhaltung durch. Auf diese Weise verschaffte die Labour Party der Bourgeoisie erst die Atempause, um einen Gegenangriff gegen die Arbeiterklasse vorzubereiten, und ebnete den Weg für 18 Jahre konservativer Herrschaft.

Nie hat der TUC eine Alternative zur Labourregierung von Harold Wilson und danach James Callaghan geboten. Er forderte lediglich eine leichte Veränderung des Kurses. Das Ergebnis war, dass eine der intensivsten Perioden von Arbeitskämpfen überhaupt - der Winter der Unzufriedenheit von 1979 - damit endete, dass die rechteste Regierung, die Großbritannien bis dahin je gesehen hatte, an die Macht gelangte.

Margaret Thatcher auf Besuch in Salford, 1982 (University Archives and Special Collections) [Photo by University of Salford Press Office / CC BY 4.0]

Scargills Perspektive verschleierte nicht nur die Rolle der Labour Party und des TUC, die Thatcher den Weg bereiteten, sie bot auch keine Möglichkeit, die andauernde Rechtswendung der Bürokratie zu bekämpfen. Nachdem Thatcher 1983 ihren zweiten Wahlsieg errungen hatte, begann die rechte Führung der Labour Party, sich die gesamte, von der Bourgeoisie diktierte neue ökonomische und politische reine Lehre zu eigen zu machen. Nachdem der TUC jeden Kampf gegen die Regierung isoliert und verraten hatte, gab er auch formal seinen Widerstand gegen die Anti-Gewerkschafts-Gesetze auf.

Scargill weigert sich, TUC und Labour herauszufordern

Die tonangebenden Teile der Labour Party und der Gewerkschaften lehnten jegliche Mobilisierung der Arbeiterklasse gegen die Regierung entschieden ab. Die Perspektive Scargills, des linken Flügels der Labour Party und der verschiedenen radikalen Gruppen Großbritanniens beschränkte sich darauf, innerhalb der Gewerkschaften eine kämpferische Bewegung anzustacheln, unter deren Druck dann Labour und der TUC gegen die Regierung vorgehen sollten. Der Aufbau einer Bewegung, die zu einem politischen Bruch mit der Bürokratie geführt hätte, kam für sie nie in Betracht.

Arthur Scargill, der Präsident der Bergarbeitergewerkschaft NUM, während einer Streikkundgebung gegen Zechenschließungen, Edinburgh [Photo by Les Golding/Flickr API]

Das sollte sich bei der Niederlage des Bergarbeiterstreiks als entscheidend herausstellen. In der offiziellen Geschichtsschreibung des TUC heißt es vielsagend: „In den frühen 1980er Jahren bestand die Politik des TUC in der aktiven Opposition gegen die Antigewerkschaftsgesetze; die Aktivisten hofften, die erfolgreiche (wenn auch oft inoffizielle) Bewegung gegen den ‚Industrial Relations Act‘ von 1971 wiederholen zu können.... In kritischen Momenten, wenn die eigene Position geschwächt war, erwarteten einige Gewerkschaften vom Vorstand des TUC Hilfsaktionen; dem kam dieser aber nie nach. Die Generalsekretäre (Len Murray, 1973-84 und Norman Willis, 1984-93) wollten nie direkt das Gesetz brechen (so widerwärtig dieses Gesetz auch war).“

Der Streik begann am 5. März 1984 und endete am gleichen Tag des nächsten Jahres. Einige Bergarbeiter in Kent und Yorkshire blieben noch ein paar Tage länger im Ausstand. Unmittelbarer Auslöser des Streiks war die Ankündigung, die Grube Corton Wood zu schließen - der erste Schritt der Regierung, alle unrentablen Zechen stillzulegen und den Rest zu privatisieren. Demgegenüber trat Scargill dafür ein, Zechen nur bei Erschöpfung der abbauwürdigen Kohlevorräte zu schließen und den Bergbau als verstaatlichte und subventionierte Branche weiterzuführen.

Während eines ganzen Jahres erbitterter Kämpfe waren die Maßnahmen des TUC und Labours darauf angelegt, die Bergarbeiter zu isolieren und zu gewährleisten, dass die in der Arbeiterklasse weit verbreitete Solidarität nicht in Kampfmaßnahmen gegen die Regierung umschlug.

Während sich der Streik in die Länge zog, beschränkten sich ihre Solidaritätsaktionen meist auf das Sammeln von Geld oder Lebensmitteln. (Es kamen ungefähr 60 Millionen Pfund zusammen - ein deutlicher Hinweis auf die starke Unterstützung für den Kampf der Bergarbeiter.) Bahnarbeiter, Hafenarbeiter und LKW-Fahrer setzten partielle und nicht offizielle Blockaden der Kohletransporte durch, offizielle Solidaritätsstreiks jedoch wurden von den TUC-Gewerkschaften abgelehnt. Zweimal provozierten die Versuche, ihr Kohleembargo zu brechen, Streiks der Hafenarbeiter, die aber von den Gewerkschaftsführern eilends wieder abgebrochen wurden. Auch ein Streik von Aufsehern, den sogenannten „Grubendelegierten“ wurde durch einen faulen Kompromiss beendet. Man muss wissen, dass keine Grube ohne die Delegierten betrieben werden darf und eine konzertierte Kampagne der Tories und der Polizei zur Rekrutierung von Streikbrechern keine Erfolgschancen gehabt hätte.

Scargill und seine Anhänger nahmen eine zweideutige Haltung zum TUC ein. Anfangs hielten sie eine gewisse Distanz zu dem Gewerkschaftsbund, um, wie sie argumentierten, ihn daran hindern zu können, den Streik auszuverkaufen. Am 16. März schickte die NUM einen geheimen Brief an den TUC, in welchem ausdrücklich gesagt wurde: „Unsere Gewerkschaft fordert kein Eingreifen und keine Unterstützung des TUC.“

Aber Scargills Versuch, die Arbeiterbewegung im Mai und Juni durch Massenstreikposten vor den Kokereien von Orgreave nahe Sheffield „zusammenzuschweißen“, endete im Fiasko. Er verschaffte lediglich Tausenden von Polizisten eines Sondereinsatzkommandos die Gelegenheit, in schwerer Kampfmontur auf Bergarbeiter loszugehen, die nur mit Jeans und T-Shirts bekleidet waren. Hunderte wurden verhaftet und Dutzende schwer verletzt, unter ihnen auch Scargill.

Während der letzten Streikmonate waren Scargill und die NUM wiederholt gezwungen, an Verhandlungen mit der Nationalen Kohlebehörde teilzunehmen, die der TUC angesetzt hatte.

Dabei hätte der Führer der NUM eine beispiellos günstige Gelegenheit gehabt, die TUC- und Labour-Bürokratie herauszufordern, wenn er nur gewollt hätte. Hätte er einen klaren Aufruf an die Arbeiterklasse gerichtet, gegen den Willen ihrer Führer die Arbeit niederzulegen, um die Bergarbeiter zu unterstützen, dann wäre er zweifellos auf große Resonanz gestoßen. Statt dessen ließ er seine Mitglieder einen immer aussichtsloseren Kampf fortsetzen, bis er schließlich die Niederlage eingestehen musste, ohne der Regierung oder der Nationalen Kohlebehörde auch nur ein einziges Zugeständnis abgetrotzt zu haben.

Die Rolle der Workers Revolutionary Party

Obwohl sich Scargill bei militanten Arbeitern eines beträchtlichen Ansehens erfreute und als prinzipielle Alternative zu Leuten wie dem Labour-Vorsitzenden Neil Kinnock galt, wäre seine Führung während der monatelangen Entbehrungen nicht unangefochten geblieben, wenn ihm die Workers Revolutionary Party nicht den Rücken freigehalten hätte.

Damals war die WRP die britische Sektion des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI), aber sie hatte schon lange die revolutionäre Perspektive zugunsten einer Kapitulation vor der bürokratischen Führung der Arbeiterbewegung aufgegeben.

"Wie die Workers Revolutionary Party den Trotzkismus verraten hat. 1973-1985", Vierte Internationale, Jg. 13, Nr.1

Die Anpassung an Scargill war ein besonders grotesker Ausdruck ihrer langjährigen politischen Degeneration. In seiner Erklärung „Wie die Workers Revolutionary Party den Trotzkismus verraten hat, 1973-1985“ analysiert das IKVI:

Dieser Kampf dauerte ein volles Jahr lang und die WRP stellte zu keinem Zeitpunkt auch nur eine einzige Forderung an die politische Massenorganisation der Arbeiterklasse - die Labour Party. Sie rief nicht zur Mobilisierung der Arbeiterklasse auf, um die Tory-Regierung zum Rücktritt zu zwingen, Neuwahlen durchzusetzen und die Labour Party auf der Grundlage eines sozialistischen Programms an die Macht zu bringen. (...)

Bei aller linken Rhetorik ermöglichte die Linie der WRP der Healy-Clique während des gesamten Bergarbeiterstreiks, einem Konflikt mit ihren opportunistischen Freunden in der Labour Party und in der Scargill-Führung der NUM geflissentlich auszuweichen. Trotz des ganze Geredes über eine revolutionäre Situation schlossen die WRP-Führer bewusst jede Kritik an Scargill aus - und bewiesen damit, dass ihr eigener Aufruf zu einem Generalstreik völlig hohl war.

Weiter heißt es in der Erklärung des IKVI:

In der Situation von 1984 hätte die zentrale Losung, die Tories zu stürzen und Labour auf der Grundlage sozialistischer Politik an die Macht zu bringen, eine gewaltige Wirkung auf die Massenbewegung ausgeübt und Bedingungen für die Entlarvung der Labour-Führer geschaffen. Insoweit die Labour Party - und zwar auch und vor allem die Linken - es abgelehnt hätte, diese Forderung zu unterstützen und für sie zu kämpfen, wäre ihre Glaubwürdigkeit in der Arbeiterklasse erschüttert worden. Wenn dagegen die Tories trotz der Sabotage der Sozialdemokraten zum Rücktritt gezwungen worden wären (oder sie trotz massiver Opposition in der Bevölkerung versucht hätten, an der Macht zu bleiben), hätte durchaus eine vorrevolutionäre Situation in Großbritannien entstehen können....

Die Kampagne für einen Generalstreik hätte sich nur in einem politischen Kampf in der Arbeiterklasse gegen diese objektiv reaktionäre Linie entwickeln können. Sie hätte einen kompromisslosen tagtäglichen Kampf gegen Scargills zentristische Politik, eine klare Analyse der Grenzen des Syndikalismus, die Entlarvung von Scargills Bindungen an die Stalinisten und eine unzweideutige Verurteilung seiner Weigerung erfordert, für den sofortigen Sturz der Tories zu kämpfen. Nur mit dieser Linie hätte die WRP bei den Bergarbeitern und in der gesamten Arbeiterklasse das für einen Generalstreik notwendige politische Bewusstsein schaffen können.“ (Vierte Internationale, Jg. 13, Nr. 1, Essen 1986, S. 88-90)

Die Weigerung der WRP, einen grundsätzlichen Kampf gegen Scargill zu führen, entwaffnete letzten Endes die vielen Tausend Arbeiter, die sich an ihr orientierten, und sorgte für die Niederlage des Streiks.

Lehren aus dem Streik

Die Notwendigkeit, politisches Bewusstsein, das heißt, wirklich sozialistisches Bewusstsein in der Arbeiterklasse zu entwickeln - das ist die entscheidende Lehre, die aus dem Bergarbeiterstreik gezogen werden muss.

Der Streik war ein Schlüsselerlebnis für eine ganze Arbeitergeneration, das immer noch verarbeitet und ausgewertet werden muss.

Ein Merkmal des Streiks war, dass er trotz der Entbehrungen, die er mit sich brachte, die Bindungen zwischen Freunden und innerhalb der Familien stärkte. Beispielsweise anerkennen selbst seine Kritiker notgedrungen, dass die wichtige Rolle der Frauen bestimmte Vorstellungen ins Wanken brachte, die bis dahin in den stark von Männern dominierten Gemeinden vorgeherrscht hatten. Nach dem Streik aber zerbrachen ganze Gemeinden und viele Familien. Der Grund lag nicht einfach in der schrecklichen Niederlage als solcher. Große persönliche Probleme und das Gefühl der Ausweglosigkeit ergaben sich vielmehr daraus, dass nur ganz wenige Teilnehmer des Streiks verstanden, weshalb sie trotz persönlichem Mut und Opferbereitschaft besiegt worden waren.

Thatcher verdankte ihren Sieg über die Streikenden keiner eigenen Stärke, sondern der Unfähigkeit ihrer politischen Gegner. Und obwohl der Bergarbeiterstreik damals als Höhepunkt des gewerkschaftlichen Kampfs dargestellt wurde, erwies er sich als dessen Abgesang. 1984 waren die alten Organisationen der Arbeiterklasse bereits im Zustand fortgeschrittenen Zerfalls. Und die Perspektive des Nationalreformismus, auf der sie gründeten, bot keine Handhabe mehr, um Erreichtes zu verteidigen, geschweige denn, Neues zu erringen.

In diesem Sinne stellen Tony Blair und New Labour keinen Bruch mit der Geschichte der Arbeiterbewegung dar, sondern den Ausfluss ihrer schlimmsten Gebrechen - der ideologischen Unterordnung unter die Bourgeoisie und das Profitsystem.

Der Bergarbeiterstreik zeigte der Arbeiterklasse die Notwendigkeit, sowohl organisatorisch als auch politisch mit dem Programm des Sozialreformismus zu brechen und neue Organisationen und Kampfmethoden zu entwickeln, die auf der revolutionären, internationalen Perspektive des Marxismus basieren - eben der Perspektive, gegen die sich die Labour Party seit ihrer Gründung gerichtet hatte.

Aber damals glaubten selbst die standhaftesten Schichten der Bergarbeiter und der Arbeiterklasse im Allgemeinen, dass bloße Militanz ausreichen werde, um ihrer Führung den Rücken zu stärken und den Sieg zu sichern. Diese Illusion kam sie teuer zu stehen.

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als sei bei dem Bergarbeiterstreik wenig Fortschrittliches herausgekommen. Mit Sicherheit stärkte er die Herrschaft einer korrupten Clique über die Arbeiterbewegung, die die Niederlage ausnutzte, um das Ende des Klassenkampfes zu proklamieren und ihre eigene rechte Politik durchzusetzen.

Doch ihr Sieg ist von sehr begrenzter Natur.

Die letzten zwanzig Jahre brachten derart durchgreifende Veränderungen mit sich, dass alle früheren Vorstellungen auf den Kopf gestellt wurden. Nicht nur die alte sozialreformistische Perspektive wurde diskreditiert, die Alternativen der Rechten entlarvten sich noch viel schneller. Thatchers „Volkskapitalismus“ erwies sich als Rezept für gesellschaftspolitischen Abriss, und dessen Neuauflage unter Blair, der so genannte „Dritte Weg“, war nicht minder zerstörerisch.

Am gründlichsten entkräftet wurde die Vorstellung, die Labour Party stelle in irgendeiner Art und Weise eine politische Alternative für die arbeitende Bevölkerung dar. Die ideologische Inbesitznahme der alten Arbeiterbewegung durch offene Verfechter des Profitsystems und die Umwandlung der Labour Party und der Gewerkschaften in Anhängsel der Wirtschaft ist so vollkommen, dass sie nicht länger auf die Treue breiter Arbeiterschichten zählen können.

Wo immer es um soziale und demokratische Rechte geht, steht die Arbeiterklasse heute in direktem Gegensatz zu ihren alten Organisationen. Seinen deutlichsten Ausdruck fand dies in den Massendemonstrationen gegen den Irakkrieg, in denen die verbreitete Ablehnung von Blairs unternehmerfreundlicher Agenda mit offener Opposition gegen den völkerrechtswidrigen Angriff auf ein wehrloses Land zusammenfloss.

Der Klassenkampf ist noch lange nicht vorbei. Vielmehr kündigt die Antikriegsbewegung an, dass er in der kommenden Periode nicht auf die alten Strukturen begrenzt bleiben und den Charakter einer politischen Rebellion gegen die Gewerkschafts- und Labourbürokratie annehmen wird. Die Beschäftigung mit den Lehren aus dem Bergarbeiterstreik ist von vitalem Interesse, um die Grundlage für eine solche Bewegung zu legen.

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